Erstkontakt
herüberkam.
»Ich weiß es nicht«, erwiderte er. »Aber irgendwo muß es etwas geben. Genau in der Mitte dieses Durcheinanders.« Und nach diesen Worten stieß er einen Ruf der Befriedigung aus und zeigte auf eine Stelle unter einem verrußten Träger. Harry und einige Sicherheitsbeamte halfen dabei, ihn zur Seite zu wuchten.
In dem Geröll war ein Klumpen geschmolzenen Metalls zu erkennen.
»Das ist die Stelle, wo wir die Leiche gefunden haben«, sagte Addison.
»Pete«, fragte Harry, »wissen Sie etwa, was hier geschehen ist?«
»An einem Ende das flammende Inferno«, sagte Wheeler. »Und am anderen herrscht Suprakälte. Ich kann Ihnen sagen, woran mich das erinnert: an Maxwells Dämon.«
»Was ist Maxwells Dämon?« fragte Leslie.
Er zuckte die Achseln. »Hat was mit statistischer Manipulation von Gasen in magnetischen Behältern zu tun. Lassen Sie mich erst nach Beweisstücken suchen.«
Harry begleitete Leslie zu ihrem Quartier. Sie war schweigsam und wütend. »Wir brauchen mehr Kontrolle«, sagte sie schließlich. »Baines hat ebenfalls auf eigene Faust gearbeitet. Sie oder Gambini oder irgendein anderer sollten dafür sorgen, daß dieses freie und unkontrollierte Arbeiten aufhört. Haben Sie diesen Metallbrocken gesehen, den Pete aus den Trümmern gefischt hat? Wie soll jemand dafür eine Erklärung finden? Das bedeutet doch nur, daß bald schon der nächste bei seinen Untersuchungen in die Luft fliegen wird.« Sie sah ihn aus großen, traurigen Augen an. »Besteht vielleicht die Möglichkeit, daß es …«
»… nicht Cord war? Unwahrscheinlich.«
»Wann erfahren wir das?«
»Sie rufen an, sobald die Leiche identifiziert ist. Anhand der Unterlagen, die wir hier haben, wird das sicher schnell gehen.« Er hatte Majeski nie besonders gemocht und nahm an, daß es bei Leslie nicht anders gewesen war. Aber das schien nun keine Bedeutung mehr zu haben.
»Es tut mir leid«, sagte er.
Schweigend gingen sie weiter und erreichten schließlich Leslies Unterkunft. Sie schloß auf, trat ein und hielt Harry die Tür auf.
»Harry«, sagte sie, »Cord ist nicht das einzige Opfer. Jeder, der mit dem Herkules-Projekt befaßt ist – Ed, Pete Wheeler, Baines, Sie und vielleicht sogar ich sollte eigentlich auf dem Höhepunkt seiner beruflichen Karriere stehen, aber irgendwie gibt es bei diesem Unternehmen nur noch Katastrophen.« Sie streifte die Schuhe ab und hängte den Mantel an einen Haken. Harry ließ den Blick über ihr Nachthemd schweifen und wußte nicht, was er auf ihre Bemerkung erwidern sollte; alles, was ihm dazu einfiel, hätte irgendwie frivol geklungen, daher betrachtete er sie nur schweigend. Leslie entschuldigte sich, verließ den Raum und kehrte kurz darauf in einem Bademantel wieder zurück. »Wie wär’s mit Kaffee«, fragte sie.
»Gern.«
Sie verschwand in der Küche. Die Kühlschranktür wurde geöffnet und zugeschlagen, Wasser lief in eine Kanne, und dann erschien sie wieder in der Türöffnung.
»Vielleicht hat Pete tatsächlich recht«, sagte Harry. »Vielleicht sollten wir den kompletten Herkules-Text vernichten.«
»Das klingt gar nicht nach dem Harry Carmichael, den ich kenne.«
»Baines hat es die Manhattan-Chance genannt. Sich davon befreien, solange noch Zeit dazu ist.«
»Harry«, sagte sie in mißbilligendem Tonfall, »sollen wir alles fallenlassen und weglaufen?«
»Ich bin nicht sicher, ob ich dagegen bin.«
Sie stand im dunklen Eßzimmer, und ihr Umriß hob sich deutlich vom Licht ab, das aus der Küche drang. Ihr langer, schlanker Hals verschwand in den dicken Falten ihres Bademantels, ein schlichtes, formloses Kleidungsstück, das den Körper darunter vollkommen verhüllte. Und doch stand sie in einer Weise da, als wolle sie Harry auf ihren Körper aufmerksam machen.
»Manchmal glaube ich«, sagte Harry, »daß er sich um die Kirche sorgt, glaubt, sie sei durch unsere Arbeit bedroht.«
Sie trat aus der Türschwelle, ging zu einem Sessel und ließ sich auf der Lehne nieder.
»Nein. Es ist viel komplizierter. Wheeler ist ein seltsamer Mann.«
»Er behält einiges für sich«, sagte Harry.
»So könnte man es ausdrücken.«
»Und Sie?« fragte Harry impulsiv. »Ich würde wirklich gerne wissen, welche Geheimnisse Sie verbergen.«
Sie nickte nachdenklich. »Ich glaube, der Kaffee ist fertig.« Sie stand auf und ging in die Küche.
»Pete ist jener Typ von Mann«, meinte sie später, »der nicht aufhört, sich zu verändern. Er könnte nicht ein Leben lang an
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