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Erwachen

Erwachen

Titel: Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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um und entdeckte sie in der Nähe des Tisches, an dem Tank vorher gesessen hatte. Ich konnte mich nicht erinnern, dass er gezahlt hatte, aber er war jedenfalls weg, Gott sei Dank.
    Gracie fing meinen Blick auf, und ich hielt die letzte Zitrone hoch und deutete auf die Küche. Sie nickte, und ich überließ den Laden ihr, denn Egan war vor fünfzehn Minuten im Lager verschwunden und noch nicht wieder aufgetaucht.
    »Zitronen«, sagte ich, als ich die Küche betrat.
    Caleb schüttelte den Kopf. »Unten. Ich habe die letzten heute Morgen verbraucht und hatte keine Zeit, Nachschub zu holen.«
    »Caleb, verdammt!«
    Der riesige Mann grunzte nur und warf mir den Schlüssel zu dem Kühlhaus zu. »Bring mir doch gleich noch einen Berg Krautsalat mit.«
    »Nur, wenn du ganz lieb zu mir bist.«
    Meine schwarzen Turnschuhe machten so gut wie kein Geräusch auf der Steintreppe, die in den Keller hinunterführte. Ich muss zugeben: Schon nach ein paar Tagen in meinem neuen Job war es mir zur zweiten Natur geworden, mich unbemerkt anzuschleichen. Als ich die Stimmen von unten heraufdringen hörte, war ich für diese Angewohnheit richtig dankbar.
    Ich zwängte mich in eine Nische und holte ganz tief Luft, als ob ich dadurch besser mit dem Stein und der Dunkelheit verschmelzen könnte. Zögernd schob ich mich eine Stufe nach oben, doch dann blieb ich stehen. Mein Gewissen machte mir zu schaffen, aber nur ein bisschen. Und das änderte sich sofort, als sich die Worte in meinem Kopf zu Sätzen formten und ich die Stimme erkannte. Tank. Und er sprach mit Egan.
    »… hast keine Wahl, Egan. Das Spiel, du weißt schon.«
    »Das Spiel habe ich bereits gespielt.«
    »Die Ware ist aber nicht in Ordnung. Du hast dein Geld gekriegt. Das ist doch nicht fair, oder?«
    Stirnrunzelnd versuchte ich, dem Gespräch zu folgen. Welche Ware? Vielleicht Drogen? Ich hatte selbst oft genug gedealt, um zu wissen, dass Drogen nur selten unverschnitten auf den Markt kamen. Und hatte Rachel nicht die finanziellen Probleme der Kneipe erwähnt? Wenn Egan mit Dealen angefangen hatte, um die Einnahmen der Kneipe zu erhöhen …
    »Du hast von mir genau das bekommen, was du wolltest«, sagte er gerade. »Es ist doch nicht meine Schuld, wenn es nicht funktioniert. Ich habe getan, was die …«
    »Du widersprichst mir?«
    »Natürlich nicht. Aber …«
    »Du wirst das Geld zurückgeben?«
    »Ich habe kein …«
    »Aber du kannst es auftreiben?«
    »Ja, ja. Ich weiß, wo ich welches bekomme.«
    »Freitag, bei Sonnenaufgang. Du lieferst oder du zahlst.« Tank stürmte davon, und obwohl ich wusste, dass ich ein sicheres Versteck hatte, schlug mir das Herz bis zum Hals.
    Freitag.
    Morgen.
    Ich hatte keine Ahnung, was dann passieren würde, aber ich würde auf jeden Fall dabei sein, um es herauszufinden.

34
     
    Ich schwankte. Sollte ich etwas unternehmen oder es lieber bleiben lassen? Schließlich rang ich mich dann doch dazu durch, das knallharte Mädchen zu sein, das ich sein sollte. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und fragte Egan, ob irgendetwas nicht in Ordnung sei. Er blickte von dem Tequila auf, den er gerade einschenkte, und runzelte misstrauisch die Stirn.
    »Wieso? Was soll denn nicht in Ordnung sein? Abgesehen davon, dass Gracie aufhört und mir das erst an ihrem letzten Tag erzählt. Hast du davon gewusst?«
    Ich schüttelte den Kopf und versuchte, möglichst überrascht auszusehen. »Dann macht dir also bloß das zu schaffen?«
    »Reicht das nicht?«
    Ich kämpfte einen Moment lang mit mir, beschloss dann aber doch, in den sauren Apfel zu beißen. »Ich habe vorhin dein Gespräch mit Tank gehört. Er klang ganz schön sauer. Und … nun ja, es klang, als würde er dich in irgendetwas Illegales mit reinziehen wollen.« Egan wirkte zwar nicht wie jemand, der hinter dem Tresen Drogen verhökerte, aber mich überraschte so schnell nichts mehr. Nicht, dass ich Alice’ Onkel etwas unterstellen wollte. Besser war es, auf der Schiene zu bleiben, ob er in irgendetwas reingezogen wurde, dann würde er vielleicht wenigstens einen Teil der Wahrheit ausspucken. »Ich dachte, du brauchst vielleicht Hilfe.«
    Erst sah er mich erschrocken an, dann verwirrt. Und dann fing er zu meiner Überraschung laut zu lachen an. »Ach du Scheiße, Mädchen! Das klang vermutlich so, als würden wir Heroin unter
    die Leute bringen. Und Tank würde man so etwas auch wirklich zutrauen, nicht wahr?«
    Ich blinzelte, schockiert über seine Freimütigkeit.
    »Kann gut sein, dass das

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