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Erwachen

Erwachen

Titel: Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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drehte den Fußballen in dem Fleck hin und her und sah dann wieder zu mir. Seinem Gesichtsausdruck konnte ich schon entnehmen, was er mir gleich sagen würde.
    »Du bist hier, um Dämonen zu beseitigen. Das ist deine Aufgabe. Wenn du das nicht tust, bist du für uns wertlos.« Er kam wieder zu mir herüber. »Und das wäre doch ein Jammer.« Er schaute mir direkt in die Augen. Sein Blick war leidenschaftlich, aber tief im Innern lag etwas, das mich erschaudern ließ. Meine Reaktion wurde noch verstärkt, als er diesen straffen neuen Körper, der mich nun beherbergte, von oben bis unten musterte. »Das wäre wirklich verdammt jammerschade«, fügte er hinzu, während ich instinktiv zu meinem Messer griff.
    Meine Finger umschlossen fest den Griff, obwohl ich gleichzeitig gegen den Drang ankämpfen musste, mich ihm zu nähern, meinen Körper an seinen zu drücken, jedes Verantwortungsgefühl abzustreifen und mich in einem Anfall trunkener Sinneslust in seinen Armen zu verlieren. Allerdings war dieses Gefühl, diese Sehnsucht, nicht echt. Das wusste ich, und ich wehrte mich dagegen. Zane hatte mich infiziert wie ein Virus, doch anstatt mich dem Fieber einfach zu ergeben, zog ich mich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Alles, damit ich nicht so verletzlich war. Nicht so entblößt.
    Nicht so geil, verdammt noch mal.
    Wenn ich überleben wollte, musste ich mich auf das Wesentliche konzentrieren. Und ganz wichtig: Ich musste lernen, nach welchen Regeln meine neue Welt funktionierte.
    Und zwar schnell!, dachte ich mit einem Blick auf den kaum noch wahrnehmbaren öligen schwarzen Fleck

15
     
    Ich trainierte noch eine Stunde länger und tötete in jener Nacht drei weitere Dämonen, die in Käfigen angeliefert und dann im Ring ausgesetzt wurden. Wie wilde Tiere gingen sie auf mich los, einige mit Schwertern, andere mit bloßen Händen. Manche konnten mich mit reiner Willenskraft quer durch den Raum schleudern, andere sprangen mich mit aufgerissenem Maul an und versuchten, mir die Seele zu stehlen. Zane brachte mir bei, wie man sie bekämpfte und wie man sich schützen konnte, vor allem aber, wie ich mein Messer am besten einsetzte. Ich kann nicht behaupten, dass ich sonderlich elegant oder raffiniert kämpfte; die meiste Zeit schlug ich einfach zu. Aber aus jedem Mord ging ich ein bisschen geschickter und stärker hervor.
    Und worauf es vor allem ankam: Ich überlebte.
    Zwischen den Kämpfen erholte ich mich an den Seitenlinien, während Clarence mir eine Einführungsvorlesung zum Thema »Dämonen« hielt. Er zeigte mir Fotos verschiedener Gattungen, erklärte mir, für welche Art von Schandtaten sie jeweils berühmt waren, und gab mir ein paar Einblicke in die Geschichte. Berge von Informationen, und eindeutig mehr, als mein sowieso schon überfrachtetes Gehirn verarbeiten konnte.
    Ehrlich gesagt: Es war leichter, sich einfach in den Kampf zu stürzen. Und genau das tat ich meistens auch, während Zane mir von der Seitenlinie aus Ratschläge erteilte - oder meine Fähigkeiten aburteilte, ganz wie man will.
    Und ich? Ich stieß zu, wich aus, trat zu und griff an, wobei ich vor allem eins versuchte: am Leben zu bleiben und die Dämonen in schmierige Erinnerungen zu verwandeln.
    Wenn man das als das Hauptziel definiert, dann war ich gar nicht mal schlecht.
    Weshalb sich die Frage stellte, warum ich so trübseliger Stimmung war, als Zane das nächtliche Training für beendet erklärte. Tatsache war, dass ich nicht aufhören wollte. Ich wollte auf etwas einprügeln. Ich wollte auf alles losgehen, aufheulen und zuschlagen und schreien, bis die Welt wieder so war, wie ich sie haben wollte. Alles sollte nach meiner Pfeife tanzen, und alles andere war mir herzlich egal. Ich wollte jeden aus dem Weg räumen, der sich mir entgegenstellte. Und gleichzeitig wollte ich mich am liebsten zusammenrollen und mich von der Dunkelheit umfangen und trösten lassen.
    Dieser Gefühlsmischmasch gefiel mir ganz und gar nicht. Und, zur Hölle, ich verstand ihn nicht. Ich wollte dieses Leben doch! Und verdammt - es gefiel mir, dass man ausgerechnet mich ausgewählt hatte. Und noch besser gefiel mir, dass ich den Test bestanden hatte.
    Aber da war sie, diese zutiefst finstere Stimmung. Wie eine dieser dunklen Wolken in den Comics, die einem direkt über dem Kopf hängen. Und so sehr ich mich auch bemühte: Ich konnte sie einfach nicht abschütteln.
    Und das machte mich gleich noch unausstehlicher.
    »Komm schon, Kleine!«, sagte Clarence,

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