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Erwachen

Erwachen

Titel: Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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quetschte. Um zwei Uhr in der Früh lag die Straße seltsam verlassen da, und die Nacht schien mich niederdrücken zu wollen. Ich konnte kaum glauben, was sich alles in weniger als vierundzwanzig Stunden ereignet hatte. Ich war buchstäblich ein anderer Mensch, und auch wenn ich wusste, dass ich das alles erst mal in Ruhe verdauen sollte, konnte ich es nicht einfach so abschütteln. Ich fühlte mich, als läge eine schlaflose Nacht vor mir.
    Ich stieg ab und ging die Stufen zur Haustür hinauf. Kaum hatte ich sie aufgesperrt, zerriss ein durchdringender Schrei die Stille der Nacht. Ich drehte mich in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war. Mein Herz raste bei dem Gedanken, dass jemandem Schmerz zugefügt wurde. Plötzlich schämte ich mich, und ich befahl meinen Beinen, sich in Bewegung zu setzen.
    Um den Menschen zu retten.
    Und ich rannte los, rannte auf das Geräusch zu. Und hoffte, dass meine Entscheidung, den Hintern hochzukriegen, nur eines bedeuten konnte: dass die Finsternis, die in meinem Inneren sprudelte, nicht ganz so abscheulich war, wie sie sich anfühlte. Vielleicht diente sie ja wirklich zu etwas: Dämonen umbringen. Die Welt retten.
    Während mir tausend Gedanken durch den Kopf schössen, raste ich über die Straße und genoss die Kraft, die meinen Körper durchflutete.
    Ich konnte nicht genau sagen, woher der Schrei gekommen war, aber viele Möglichkeiten gab es nicht. Zwischen den grauen Gebäuden auf der gegenüberliegenden Straßenseite verliefen schmale Wege. Die Gebäude waren früher geräumige Einfamilienhäuser gewesen, die man in Apartments umgewandelt hatte. Die Rasenflächen zwischen den Häusern hatte man asphaltiert, und die dadurch entstandenen schmalen Gassen führten zu Parkplätzen, die früher Gärten gewesen waren, in denen Kinder spielten.
    Als ich in die nächstgelegene Gasse einbog, konnte ich nichts entdecken, aber in der Ferne hörte ich das gedämpfte Stöhnen einer Frau, der vermutlich gerade ein Mann die Hand auf den Mund presste. Ich lief auf das Geräusch zu, versuchte, die Dunkelheit zu durchdringen, und machte mich auf das Schlimmste gefasst.
    Verdammt - ich freute mich darauf.
    Mit dem, worauf ich schließlich stieß, hatte ich allerdings nicht gerechnet: Ein dunkles Wesen mit blutrot unterlaufenen Augen hielt einer kleinen Blonden die Hand auf den Mund gepresst. Aus einem Loch in ihrem Hals floss Blut direkt in seinen weit offen stehenden Mund.
    Ich jagte schon auf ihn zu, bevor mein Verstand die Situation voll erfasst hatte. Er hob den Kopf und bleckte die blutverschmierten Zähne, die er gerade noch in lebendiges Fleisch geschlagen hatte.
    Er schien weder Eile noch Angst zu haben. Im Gegenteil, es war fast, als würde er mich zu der Party willkommen heißen.
    Genau das war es - mehr noch als die ausgeflippte Tatsache, in einer dunklen Gasse auf eine Bestie zu stoßen -, was dafür sorgte, dass sich die feinen Härchen in meinem Nacken furchtsam aufstellten.

16
     
    Während mein Gehirn die Szene in sich aufnahm, sie verarbeitete und all das Bizarre beiseiteschob, preschte ich weiter auf die Bestie zu. Die blutunterlaufenen Augen des Monsters weiteten sich, als ich ausholte. Und als ich ihm mit dem Handballen - whamm! - eins auf die Nase gab, blickte es mich überrascht an. Welch ein Genuss! Wie eine Erlösung. Der ganze Trübsinn, der mich würgte wie ein zu straff gespanntes Gummiband, brach aus mir heraus und verbündete sich mit der Macht meiner Kraft.
    Oh Mann! Das musste man einfach lieben. Ich jedenfalls liebte es. Auch noch als wir aufeinander losgingen - als der Dämon sich aufrichtete. Und dann ging es richtig zur Sache.
    Unsere Körper knallten aufeinander. Ich wurde nach hinten geschleudert und landete auf dem Hintern, dann sprang das Biest mich an, die blutigen Zähne gebleckt. »Du arroganter Dummkopf!«, zischte es. Doch gleich darauf ließ es mich erstaunlicherweise los und sah mich mit einem seltsamen Blick an - fast so, als wäre ich eine Verwandte.
    Angewidert packte ich den Griff des Messers, das noch immer an meinem Oberschenkel befestigt war. Dann sprang ich auf, holte aus und rammte der Bestie mit all meiner neuen Kraft das Messer in den Hals. Es glitt durch Haut, Sehnen und sogar durch Knochen. Nicht so leicht, wie das jetzt klingt, aber doch fast so einfach, als hätte ich es durch Butter gleiten lassen. »Wer ist jetzt hier der Dummkopf, du Arschloch?«
    Der Kopf löste sich vom Körper und rollte auf die Seite. In den toten Augen

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