Erwachende Leidenschaft
ihrer Bemühungen, daß sie sofort zwei weitere Einlagen bestellte, damit ihr Mann ein Paar bequeme Laufschuhe und ein passendes Paar zum Abendanzug besitzen würde.
Nach außen hin schien Colin ein Mann zu sein, den nichts auf Erden belastete. Stets trug er sein Was-kostet-die-Welt-Lächeln zur Schau und war einer der beliebtesten Männer Londons. Wenn er einen Raum betrat, wurde er sofort von Freunden umringt, und die Damen standen dabei nicht abseits. Den meisten Ladies schien es überhaupt nichts auszumachen, daß Colin nun verheiratet war. Immer noch hingen sie an seiner Seite. Colin war ein Charmeur, ja, alter er war nicht zu haben. Gewöhnlich hielt er Alesandra die ganze Zeit an der Hand, wenn sie abends ausgingen, um Geschäft mit Vergnügen zu verbinden. Colin war nicht nur intelligent – er war auch schlau. Die meisten Geschäfte wurden in den Ballsälen geschlossen. Und als sie das erkannte, störte es sie nicht mehr, daß es immer so spät wurde.
Dennoch brauchte sie eine Menge Schlaf. Sie und Colin gingen fast zwei ganze Monate hindurch auf Parties, und sie war schließlich so erschöpft, daß sie mit Anfällen von Übelkeit geplagt wurde.
Auf den heutigen Abend jedoch freute sie sich, denn Colins Familie würde ebenfalls am Ball, den der Earl of Allenborough gab, teilnehmen. Der Duke und die Duchess begleiteten ihre Tochter Catherine, und Colins Bruder Caine und seine Frau Jade würden ihn sich auch nicht entgehen lassen.
Der Earl hatte Harrison House für seinen Ball angemietet. Das traumhafte Anwesen aus Marmor und Stein war fast so gigantisch wie der Palast des Prinzregenten.
Alesandra trug ihr elfenbeinfarbenes Kleid. Der Ausschnitt zeigte wirklich nicht besonders viel, aber Colin fühlte sich trotzdem bemüßigt, darüber zu brummeln. Als Schmuck hatte sie nur ihr wundervolles Collier angelegt, das sich eng an ihren Hals schmiegte. Ein einziger großer Saphir von mindestens zwei Karat hing an einer verschlungenen Goldkette und schien absolut makellos zu sein. Colin wußte, daß es ein Vermögen wert sein mußte, und es gefiel ihm gar nicht, es an ihrem Hals zu wissen.
»Ich hänge besonders an diesem Stück«, bemerkte sie, als sie bereits in der Kutsche saßen. »Aber ich sehe schon, daß dir irgendwas daran nicht paßt. Warum?«
»Warum hängst du dran?«
Ihre Finger fuhren über das Collier. »Weil es meiner Mutter gehörte. Immer wenn ich es trage, werde ich an sie erinnert. Das Collier war ein Geschenk meines Vaters.«
Colins Einstellung veränderte sich sofort. »Dann solltest du es auch tragen.«
»Aber warum gefällt es dir denn nicht? Ich habe deine Miene gesehen, als du es bemerkt hast.«
Er zuckte die Schultern. »Nun, es gefiel mir nicht, weil ich es dir nicht gekauft habe.«
Sie wußte nicht, was sie davon halten sollte. Dann griff sie in ihren Nacken und begann, den Verschluß zu öffnen. Colin hinderte sie daran. »Ich war dumm. Laß es an. Die Farbe paßt gut zu deinen Augen.«
Seinem Blick nach zu schließen, hatte er ihr gerade ein Kompliment gemacht, also faltete sie die Hände im Schoß, lächelte und wechselte das Thema. »Müßte dein Partner jetzt nicht jeden Tag eintreffen?«
»Ja.«
»Ob ich ihn mag?«
»Möglich.«
»Und werde ich seine Frau mögen?«
»Ja.«
Sie machte sich nichts aus seinen einsilbigen Antworten. Aus seinem Gesichtsausdruck schloß sie, daß sein Bein heute besonders stark schmerzte. Als er schließlich den Fuß auf das Polster legte, wußte sie, daß ihre Vermutung richtig gewesen war.
Es kostete sie alle Beherrschung, die sie aufbringen konnte, sein Bein nicht anzufassen. »Wir müssen nicht unbedingt zu diesem Ball, Colin«, sagte sie. »Ich finde, du siehst müde aus.«
»Mir geht’s gut«, sagte er mit gepreßter Stimme. Sie beschloß, nicht mit ihm zu streiten, sondern wechselte erneut das Thema. »Wir sollten Nathan und Sara ein Geschenk für das Baby machen, was meinst du?«
Colin hatte sich in seinem Sitz zurückgelehnt und die Augen geschlossen. Sie wußte nicht genau, ob er ihr zugehört hatte. Sie senkte den Blick in ihren Schoß und begann die Falten ihres Kleides zu glätten. »Ich habe gedacht, du wolltest mit solchen Dingen nicht belastet werden, also habe ich mich schon darum gekümmert. Da du und Nathan doch mit Schiffen zu tun habt, dachte ich, es wäre nett, ein Modell eines eurer Schiffe machen zu lassen. Was hältst du von der Idee? Wenn sie ein eigenes Haus haben, kann Sara es auf den Kaminsims
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