Erwachende Leidenschaft
zum Ritter geschlagen. Das reicht.«
Er lachte auf. »Du hast den wichtigsten Faktor vergessen, nicht wahr? Er muß natürlich vermögend sein.«
Sie warf ihm einen finsteren Blick zu. »Ich hoffe, du hast mich nicht absichtlich beleidigt«, bemerkte sie. »Aber da du mich nicht kennst, verzeihe ich dir deinen Zynismus noch einmal.«
»Alesandra, fast alle Frauen, die nach einem Mann suchen, wünschen sich ein bequemes, sorgenfreies Leben«, erwiderte er.
»Reichtum zählt für mich nicht«, gab sie zurück. »Du bist arm wie eine Kirchenmaus, und ich hätte dich trotzdem genommen, nicht wahr?«
Ihre Ehrlichkeit mußte erst einmal verdaut werden. »Woher willst du wissen, ob ich arm oder reich bin?«
»Dein Vater hat es mir gesagt. Weißt du, Colin, wenn du mich so finster ansiehst, erinnerst du mich an einen Drachen. Ich habe die Mutter Oberin immer einen Drachen genannt, obwohl ich mich nie getraut habe, es ihr ins Gesicht zu sagen. Dein Stirnrunzeln sieht genauso gefährlich aus, und der Spitzname paßt ausgesprochen gut zu dir.«
Colin dachte nicht daran, sich provozieren zu lassen. Und Ablenken gab es schon gar nicht. »Welchen Anforderungen muß dein Ehemann noch entsprechen?«
»Er muß mich in Ruhe lassen«, sagte sie nach einem Augenblick Nachdenken. »Ich will keinen Mann, der … der um mich herumwieselt und sich einmischt.«
Das Lachen brach aus ihm heraus, doch er bereute es augenblicklich. Sie schien verletzt. Und in ihren Augen sammelten sich Tränen.
»Ich wünsche mir auch nicht gerade eine Frau, die um mich herum wieselt«, sagte er, weil er glaubte, seine Zustimmung würde sie beruhigen.
Sie sah ihn nicht an. »Würde dich eine reiche Frau reizen?« fragte sie.
»Nein«, gab er zurück. »Ich bin seit langer Zeit entschlossen, selbst ein Vermögen ohne fremde Hilfe zu machen, und ich werde mein Ziel erreichen. Mein Bruder hat mir angeboten, mir und meinem Partner Mittel zu leihen, und natürlich hat sich auch Vater erboten, mir zu helfen.«
»Aber du hast abgelehnt«, entgegnete sie. »Dein Vater hält dich für viel zu unabhängig und eigensinnig.«
Jetzt wollte Colin doch das Thema wechseln. »Darf dein Mann dein Bett teilen?«
Sie gab ihm keine Antwort. Statt dessen zückte sie die Feder »Bitte fang mit der Liste an.«
»Nein.«
»Aber du wolltest mir doch helfen!«
»Ja, bevor ich begriffen habe, daß du verrückt bist.«
Sie legte die Feder auf den Tisch und stand auf. »Bitte entschuldige mich.«
»Wohin gehst du?«
»Packen.«
Er machte ein paar schnelle Schritte, packte sie am Arm und drehte sie zu sich um. Verdammt, jetzt hatte er sie wirklich verletzt. Er haßte die Tränen in ihren Augen, zumal er wußte, daß er daran schuld war.
»Du wirst bei mir bleiben, bis ich entschieden habe, was wir mit dir machen«, sagte er rauher als beabsichtigt.
»Ich entscheide allein über meine Zukunft, Colin. Laß mich los. Ich bleibe nicht in einem Haus, wo ich nicht erwünscht bin.«
»Du bleibst!«
Obwohl er sie mit funkelnden Augen ansah, erzielte er nicht die gewünschte Wirkung. Sie ließ sich nicht einschüchtern, sondern funkelte ihn ebenfalls an. »Du willst mich nicht, weißt du noch?« sagte sie herausfordernd.
Er lächelte. »Oh, ich will dich schon. Ich will dich bloß nicht heiraten. Ich rede ganz offen mit dir, und du verstehst es, wie ich aus deinem geröteten Gesicht ersehe. Du bist so verdammt jung und viel zu unschuldig für dieses lächerliche Spiel, das du betreiben willst. Laß meinen Vater …«
»Dein Vater ist zu krank, um mir zu helfen«, unterbrach sie ihn. Dann riß sie ihren Arm los. »Aber es gibt gewiß andere, die es tun können. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«
Er konnte sich selbst nicht erklären, warum er sich beleidigt fühlte. »Da mein Vater zu krank ist, um seine Pflicht als dein Vormund zu erfüllen, fällt die Aufgabe mir zu.«
»Nein, tut sie nicht«, argumentierte sie. »Dein Bruder Caine ist der nächste in der Reihe. Er ist momentan mein Vormund.«
»Aber Caine ist glücklicherweise ebenfalls krank, nicht wahr?«
»Ich finde nicht, daß an seiner Krankheit irgend etwas glücklich ist, Colin!«
Er tat lieber so, als hätte er die letzten Worte nicht gehört. »Und als dein Vormund in dieser Zeit der Familienkrankheiten habe ich zu entscheiden, wohin du gehst und wann du gehst. Sieh mich nicht so trotzig an, junge Lady«, befahl er. »Ich bekomme immer meinen Willen. Und bis heute abend werde ich wissen, warum du
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