Erwachende Leidenschaft
einigen ihrer Vermögenswerte. Ihr Agent Dreyson kümmert sich um ihre Investitionen, aber ich glaube auch nicht, daß er etwas von den Wechseln weiß.«
»Wärest du in der Lage, alles zurückzuzahlen, wenn die Wechsel plus Zinsen heute wieder auftauchen?« fragte Caine.
»Nicht alles«, erwiderte der Duke. »Aber ich befinde mich inzwischen in einer starken finanziellen Position. Wenn jemand Anspruch auf das Geld erhebt, könnte ich mir leihen, was mir fehlt. Ich möchte übrigens nicht, daß einer von euch beiden den Eindruck hat, ich würde mir Sorgen machen. Nathaniel war ein methodischer, sorgfältiger Mann. Er hat die Schuldscheine an einem sicheren Platz versteckt. Ich würde nur gern wissen, wo sie sein könnten.«
»Das würde mich auch interessieren«, meinte Caine.
»Die Gründe, warum ich euch das Geständnis gemacht habe, sind folgende«, fuhr ihr Vater fort. »Erstens wollte ich, daß ihr wißt, was für ein Mensch Alesandras Vater war und was ich ihm schulde. Zweitens sollt ihr verstehen, was ich für seine Tochter empfinde. Sie steht nun ganz allein auf der Welt, und es ist meine Pflicht, sie vor allem Übel zu schützen.«
»Und auch unsere Pflicht«, warf Caine ein.
Colin nickte zustimmend. Die drei Männer versanken wieder in Schweigen, und jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.
Colin versuchte, sich alle möglichen Konsequenzen aus der Beichte seines Vaters vorzustellen.
Er hatte ihr nichts zu bieten. Er wollte sich etwas aufbauen, verdammt, und in seinen Plänen war einfach kein Platz für eine Frau.
Sie würde ihn bloß ablenken.
Aber da war eine Schuld, die es zurückzuzahlen galt, und sie alle drei waren durch ihre Ehre daran gebunden, sich um Prinzessin Alesandra zu kümmern.
Ihr Vater war zu alt, um ihr wirkliche Sicherheit bieten zu können. Er hatte auch keine Erfahrung darin, mit Bastarden fertig zu werden.
Und da war noch Caine. Sein älterer Bruder hatte genug damit zu tun, sein eigenes Vermögen zu verwalten. Zudem war er verheiratet und mußte sich um seine eigene Familie kümmern.
Also blieb nur noch ein Sohn übrig.
Colin schaute auf und bemerkte, daß sein Bruder und sein Vater ihn anstarrten. Er stieß einen lauten Seufzer aus. Natürlich hatten sie dieselben Gedankengänge gehabt, und sie warteten nur darauf, daß er zu derselben Schlußfolgerung kam.
»Teufel, ich werde sie heiraten müssen, nicht wahr?«
7
Colins Vater wollte unbedingt derjenige sein, der Alesandra die Neuigkeiten überbrachte, während Colin fand, daß es durchaus seine Aufgabe war, ihr seinen Entschluß mitzuteilen.
»Dürfte ich dir einen Rat geben, Bruderherz?« fragte Caine. Als Colin nickte, sagt er: »Ich glaube nicht, daß du ihr irgendwas sagen solltest …«
Sein Vater ließ ihn nicht ausreden. »Sie muß es erfahren, Caine!«
Caine lächelte. »Ja, natürlich muß sie es erfahren«, stimmte er zu. »Dennoch. Trotz meiner recht beschränkten Erfahrung mit Frauen weiß ich, daß sie es nicht mögen, wenn man sie vor vollendete Tatsachen stellt. Colin sollte sie bitten, ihn zu heiraten.«
»Dann mach’ es beim Dinner«, schlug sein Vater vor.
Colin lächelte. »Ich entscheide lieber selbst, wann und wo ich es tue.«
»Versprichst du mir, daß du es noch heute tust?« fragte sein Vater. »Ich kann doch nicht darüber sprechen, bevor du sie gefragt hast. Und Gweneth wird sobald wie möglich mit den ganzen Arrangements anfangen wollen.«
»Mutter hat doch schon alles erledigt«, antwortete Colin.
Sein Vater stand auf und rieb sich zufrieden die Hände. »Ich kann euch gar nicht sagen, wie froh mich das macht. Alesandra wird zweifellos vor Glück aus dem Häuschen geraten.«
Da der Duke so stolz auf sich zu sein schien, verzichteten sowohl Colin als auch Caine darauf, ihn daran zu erinnern, daß er vor knapp einer Stunde noch behauptet hatte, sein Mündel und sein Sohn würden überhaupt nicht zusammen passen.
Caine hätte gern noch unter vier Augen mit seinem Bruder gesprochen, aber ihre Mutter kam in den Salon und forderte jedermanns Aufmerksamkeit.
Die Duchess of Williamshire war eine feingliedrige Frau mit blonden Locken und haselnußbraunen Augen. Ihr Mann und ihre Söhne überragten sie einiges. Die Jahre waren sehr gut zu der reizenden Frau gewesen: Nur wenige Fältchen umspielten ihre Augen, und ihr Haar wies nur ein paar grauen Strähnchen auf.
Gweneth war eigentlich Caines Stiefmutter, aber niemand kümmerte sich um diesen feinen Unterschied. Sie behandelte
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