Erwachende Leidenschaft
nickte und trat dann in das Schlafzimmer. Flannaghan stellte fest, daß es kalt war, und eilte zum Ofen hinüber, um ein Feuer anzuzünden. Valena wieselte um ihre Herrin herum, um die Kerzen anzuzünden.
Colins Schlafzimmer wirkte genauso maskulin wie das Arbeitszimmer. Das große Bett stand der Tür gegenüber, darüber war eine schokoladenbraune Überdecke gebreitet. Die Wände waren in einem satten Beige gestrichen und bildeten einen geeigneten Hintergrund für die schönen Mahagonimöbel.
Zwei Fenster gingen zur Straße hinaus. Valena band die beigen Satinvorhänge los und zog sie vor die Scheiben, so daß der Raum von draußen nicht mehr einsehbar war.
Links befand sich eine Tür, die zum Arbeitszimmer führte, rechts, neben einem großen Sekretär, war eine zweite. Alesandra durchquerte den Raum und öffnete sie weit. Hinter der Tür fand sie ein weiteres Schlafzimmer vor, das in denselben Farben gehalten, dessen Bett jedoch viel kleiner war.
»Ein wunderschönes Haus«, bemerkte sie. »Colin hat gut gewählt.«
»Es gehört ihm nicht«, erklärte Flannaghan. »Sein Agent hat ihm einen guten Mietpreis ausgehandelt. Wir werden am Ende des Sommers umziehen müssen, wenn die Besitzer aus Amerika zurückkehren.«
Alesandra versuchte, sich das Lächeln zu verbeißen. Sie bezweifelte, daß Colin entzückt darüber wäre, daß sein Butler all seine finanziellen Geheimnisse ausplauderte. Flannaghan war wirklich der engagierteste Diener, der ihr je begegnet war. Er gab sich so erfrischend ehrlich, und Alesandra mochte ihn auf Anhieb.
»Ich bringe Ihre Sachen morgen früh in das Nebenzimmer«, rief er, als er bemerkte, daß sie in den zweiten Raum blickte. Dann wandte er sich wieder dem Kamin zu, warf ein weiteres Scheit in das knisternde Feuer und richtete sich dann auf. Er wischte sich die Hände an den Seiten seiner Hose ab und sagte: »Dies hier sind die größeren Zimmer. Die anderen beiden sind ziemlich klein. Der Raum hier hat ein Schloß an der Tür.«
Raymond klopfte an die offene Tür. Alesandra ging zu ihm rüber und lauschte seinen geflüsterten Erklärungen.
»Raymond hat mir eben gesagt, daß der Riegel an einem der Fenster unten im Salon kaputt ist. Er bittet um die Erlaubnis, ihn reparieren zu dürfen.«
»Sie meinen … jetzt?«
»Ja«, antwortete sie. »Raymond ist ein echter Krieger. Er würde keine Ruhe geben, bis das Haus nicht sicher ist.«
Sie wartete nicht auf Flannaghans Erlaubnis, sondern nickte der Wache als Zustimmung zu. Inzwischen hatte Valena das Nachthemd und den Morgenmantel ihrer Herrin ausgepackt. Als Alesandra sich umwandte, um ihr zu helfen, gähnte sie gerade herzhaft.
»Valena, sieh zu, daß du schlafen gehst. Wir können die Sachen auch morgen noch auspacken.«
Die Zofe verbeugte sich, und Flannaghan schlug eilig vor, das Mädchen im letzten Zimmer im Flur unterzubringen. Es wäre der kleinste Raum, wie er erklärte, das Bett jedoch wäre bequem und die Ausstattung sehr gemütlich. Bestimmt würde Valena sich dort wohl fühlen. Und so sagte er der Prinzessin gute Nacht und begleitete Valena hinaus.
Alesandra war kurze Zeit später eingeschlafen. Wie immer schlief sie einige Stunden sehr tief, wachte dann jedoch prompt gegen zwei Uhr morgens wieder auf. Seit sie nach England zurückgekehrt war, hatte sie keine Nacht durchgeschlafen und war bereits daran gewöhnt. Sie zog den Morgenmantel über, warf ein weiteres Scheit ins Feuer und stieg dann mit der Tasche voller Papiere wieder ins Bett. Sie würde zuerst die neuesten Finanzberichte ihres Börsenmaklers über Lloyd’s of London lesen, und wenn sie das nicht müde machte, würde sie sich die Aufstellung ihrer eigenen Besitztümer vornehmen.
Laute Stimmen, die von unten heraufdrangen, störten ihre Konzentration. Sie erkannte Flannaghan und schloß aus seinem aufgeregten Tonfall, daß dieser versuchte, seinen eben heimgekehrten Herrn zu besänftigen.
Sie konnte ihre Neugier nicht bezähmen. Sie stand auf, schlang einen Gürtel um den Mantel und trat leise auf den Flur hinaus. Im Schatten des Treppenabsatzes blieb sie stehen und blickte hinunter ins Foyer, das in hellem Kerzenlicht erstrahlte. Als sie Raymond und Stefan dort unten sah, die Colin den Weg versperrten, seufzte sie leise. Colin konnte sie nicht sehen, aber Raymond drehte sich zufällig um und entdeckte sie. Alesandra machte ihm augenblicklich ein Zeichen, sich zurückzuziehen. Also stieß Raymond Stefan leicht an, verbeugte sich vor Colin, und die
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