Erwählte der Ewigkeit (German Edition)
ihr eine lose Haarsträhne aus dem geröteten Gesicht. Der Drang, sie zu küssen, war fast übermächtig, aber er hielt sich zurück, wollte ihre Not und Verwirrung nicht ausnutzen. Zu dumm, dass er dieselbe Beherrschung nicht schon früher an den Tag gelegt hatte. Sosehr ihn die Erinnerung an das Gefühl beschämte, wie gut ihr starker, schlanker, geschmeidiger Körper sich an seinem angefühlt hatte, wusste er auch, wenn sie sich jetzt von ihm küssen ließ, würden sie wieder im Bett landen. Und jetzt, wo er daran dachte, Tavia auszuziehen, reagierte sein eigener Körper mit offensichtlichem Interesse.
Er streichelte ihre samtige Wange. Durch seine ausgefahrenen Fänge sagte er: »Himmel … du bist das Unglaublichste, was ich je gesehen habe. Wahrscheinlich die Einzige deiner Art.«
Sie schüttelte vage den Kopf, entzog sich aber seiner Berührung nicht. »Ich bin nicht die Einzige. Es gibt noch mehr von meiner Sorte.«
Chases Hand auf ihrem schönen Gesicht hielt inne. »Was? Bist du sicher?«
»Ich hörte es Dr. Lewis sagen. Als Tante Sarah ihm gesagt hat, dass ich seit ein paar Tagen meine Tabletten nicht genommen hatte, wirkte er beunruhigt. Er sagte, die anderen hätten es nie so lange ohne Tabletten ausgehalten, ohne dass es schwere Reaktionen gab.«
Verdammt und zugenäht. Chase gefror das Blut in den Adern. »Was hat er sonst noch gesagt? Hat er erwähnt, wie viele es sind? Wo sie sind?«
Tavia schüttelte den Kopf. »Er hat es abgestritten, als ich ihn gefragt habe.«
»Weißt du, wo seine Praxis ist?«
»Natürlich. Er hat eine Privatklinik auf einem ausgebauten alten Bauernhof in Sherborn, südwestlich von Boston. Ich war dort Patientin, seit ich klein war.«
»Dort hat er seine Patientenakten?«
»Soweit ich weiß, wird alles in der Klinik aufbewahrt.«
Während Chase im Kopf überschlug, wie schnell er zu dieser Klinik draußen auf dem Land kam, ertönte ein Klopfen an der Eingangstür des Dunklen Hafens. »Ist okay«, sagte Chase zu ihr. »Ich erwarte jemanden.«
Er ging ins Foyer und öffnete die Tür für Mathias Rowan. »Tut mir leid, dass ich dich habe warten lassen, Chase. In der Agentur ist die Hölle los. Ich habe mit den Verrätern innerhalb der Agentur und einem Massenmord an Menschen in unserem Stripclub in Chinatown alle Hände voll zu tun. Ich bin gekommen, so schnell ich konnte.« Als sie durch die Eingangshalle zum Arbeitszimmer gingen, sah Rowan sich in dem leer stehenden Dunklen Hafen um und stieß einen leisen Seufzer aus. »Ich hätte nie gedacht, dass du je hierher zurückkommst. Besonders nachdem das mit Camden passiert ist.«
»Ich auch nicht.« Chase blieb vor seinem alten Agenturkollegen stehen. »Und du musst wissen, dass ich dich nicht angerufen und um Hilfe gebeten hätte, wenn ich eine andere Wahl gehabt hätte. Ich hasse es, dich in diese Scheiße mit hineinzuziehen – «
Rowan legte Chase die Hand auf die Schulter. »Falls du’s noch nicht bemerkt hast, ich stecke schon mit drin. Du bist in Schwierigkeiten, das weiß ich. Hölle noch mal, jeder in einem Umkreis von hundert Meilen weiß das, Menschen und Stamm. Man kann den Fernseher nicht einschalten, ohne dein Gesicht auf jedem Nachrichtenkanal des Landes zu sehen. Boston ist gerade der allerletzte Ort, wo du sein solltest, mein Freund.«
Chase nickte. »Aber ich brauche deine Hilfe bei etwas, Mathias. Es ist dringend, und es ist wichtig.«
»Ich hatte mir schon gedacht, dass es was Großes sein muss, wenn du mich deswegen anrufst. Was kann ich tun?«
Chase trat mit Rowan ins Arbeitszimmer, wo Tavia stand. Sofort sah sie den Stammesvampir an, ihre Pupillen waren schmale Schlitze in ihren glühenden Augen, und die Glyphen auf ihren nackten Unterarmen pulsierten immer noch farbig.
Mathias Rowan, bekannt für seine immer perfekten Manieren, starrte sie mit offenem Mund an. »Was zum … «
»Tavia Fairchild«, sagte Chase. »Darf ich dir meinen alten Freund Mathias Rowan vorstellen?«
»Hallo«, sagte sie, und die Spitzen ihrer Fänge glitzerten in ihrem Mund wie Diamanten.
»Ist sie – «, setzte Rowan an und verstummte wieder. Er betrachtete sie ungläubig, dann sah er sich fragend zu Chase um. »Sie kann doch keine … «
»Doch, ist sie«, sagte Chase. »Und du musst dich für mich um sie kümmern. Bring sie so schnell wie möglich zum Orden. Sie muss vor Dragos in Sicherheit gebracht werden.«
»Mein Gott«, keuchte Rowan. Vorsichtig ging er auf sie zu, musterte sie wie das achte Weltwunder.
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