Erwarte mich in Paris (German Edition)
waren. Ein stotternder, alter Film in einem kaputten Wiedergabegerät. Doch als sie meinen schlaffen Penis in die Hand nahm, kamen die abgehackten Bilder in Fahrt. Ich stürzte in einen Strudel aus Farben, Bildern und Empfindungen. Das Zimmer begann zu schaukeln, hin und her, als ob der Wind es bewegte. Mein Unterleib zog sich in der Erwartung eines eindringenden Gegenstandes zusammen. Schwärze verschluckte alles um mich, als hätte man mir Stoff über die Augen gelegt … Ich hing an einem Baum, schaukelnd, kraftlos, gedehmütigt, gepeinigt, über und über mit meinen Körperausscheidungen besudelt.
„ … Mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa“, hörte ich jemand ein Schuldbekenntnis betete. Die Stimme war monoton, fast roboterartig. „… Confiteor Deo omnipotenti et vobis, fratres, quia peccavi nimis …“
Gequält schluchzte ich auf. „ … cogitatione, verbo, opere et omissione, mea culpa.“
„NIKOLA!“ Eine heftige Ohrfeige ließ meinen Kopf zur Seite schnellen. „Was ist los? Nikola!“
Eine weitere Ohrfeige brachte mich wieder in die Wirklichkeit zurück. Meine Augenlider flatterten und zeigten mir Christins ängstliches Gesicht. Leuchtend rote Flecke flammten auf ihrer leichenblassen Haut.
„Oh Gott, jag mir nicht noch einmal so einen Schreck ein.“ Sie pflückte sich rasch ihre Bluse vom Fernseher und zog sie über. „Was war das denn, Nikola? Ich dachte, du wirst verrückt.“
Ich stützte mich hoch und sah mich verwundert um. „War jemand hier? Ich habe jemanden reden gehört.“
„Mach mir bitte keine Angst, Nikola. Das warst doch du!“ Wie ein kleines Mädchen saß Christin da und knetete ihre weißen Hände.
„Wirklich? Ich hatte wohl einen Blackout.“
„Es war sicher meine Schuld. Ich … ich habe dich überrumpelt. Es wird nicht mehr vorkommen. Ich hätte deinen Einwand ernst nehmen sollen. Irgendwie dachte ich nur … ach ich weiß auch nicht … Mist!“ Christin war aufgesprungen und lief hin und her. „Ich war so glücklich, und ich dachte mir, dir geht es genauso. Woher sollte ich denn wissen … ihr Kerle steht doch sonst auf derart Dinge … oder etwa nicht?“ Kurz sah sie mich an. „Nein, du bist anders. Und dein Ausraster war eindeutig meine Schuld. Oh Gott, ich bin so blöd!“
„Hör auf, Christin. Ich habe einfach eine schwere Zeit hinter mir“, versuchte ich sie halbherzig zu trösten. Noch immer drehte sich alles um mich und mir war übel.
Ungläubig sah sie mich an. „Schwere Zeit, he?“
„Ja, ich habe dir doch von meinem Freund erzählt …“
„Piero“, fiel sie mir ins Wort.
„Genau. Da liefen ein paar Dinge schief …“
„Das glaube ich dir gern, wenn’s nur halb so lief wie gerade eben … Scheiße, die tollsten Typen sind immer schwul. Ich hätte es wissen müssen.“
Ich widersprach ihr nicht. Was hätte ich ihr auch sagen sollen? Dass ich asexuell geworden war? Dass ich Sex nicht mehr ertrug?
Meine heftige Reaktion auf Toms Annäherung stand mir noch immer vor Augen.
„Lass uns einfach nur Freunde sein, ja?“, sagte ich leise.
„Ach, Nikola.“ Christin seufzte. Scheinbar hatte sie meinen ängstlichen Unterton gehört. „Als wenn das ein Grund wäre, dich rauszuwerfen.“
Christin setzte sich neben mich und legte ihre Hand in einer mütterlichen Geste auf mein Knie. „Ich würde zu gern in deinen Kopf schauen. Mea culpa …“ Sie schüttelte den Kopf. „Wie du nur darauf kommst?“
Alain
„So wie heute Morgen, könnte jeder Tag beginnen.“ Christin strahlte übers ganze Gesicht, als sie am nächsten Tag von der Arbeit heim kam. „Und jeder Tag könnte auch genauso enden.“
„Hast wohl heute einen Heiratsantrag bekommen?“, fragte ich neckisch.
„Wieso, hast du etwa versucht, mich anzurufen?“, konterte sie. Mit schräg gelegtem Kopf sah sie mich an. „Nein! Alain hat Lust, weiter mit dir zu arbeiten.“ Sie wartete auf eine Reaktion.
„Wann?“, fragte ich, um wenigstens schwaches Interesse zu heucheln. Christin schien so was zu erwarten. Ich jedoch verspürte kein allzu großes Verlangen, Alain wieder zu begegnen. Die Erinnerung an seine eiskalten Augen und diesen Blick voller Geringschätzung, wollte ich nicht wieder auffrischen.
„Du fragst, wann? Nicht wo, warum oder wie viel?“ Bei dem letzten Wort zog sie die Augenbrauen hoch. „Er will mit dir eine Fotostrecke machen. Und das hier wäre dein Honorar.“ Sie
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