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Erzaehlungen

Erzaehlungen

Titel: Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schnitzler
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ein kleines Bild ... Am Kamin ... Er und sie ... Sie spielen Bésigue; über die Karten weg lächeln sie sich an ... Ein anderes, das halbvollendet in der Ecke stand ... aus dem Mittelalter ... Landsknechte, die Würfel spielen ... Es wollte nicht geraten, es war nicht modern genug ... Der Alte hörte zu, und dabei begann die Nacht hereinzudämmern. Und auch der junge Maler stellte sich zum Fenster, das er weit öffnete, um die Abendluft hereinströmen zu lassen.
    Es war ein Sommerabend, schwül und traurig. Verhallend drang der Lärm der Straße herauf; gleichmäßig rollte das dumme Leben weiter. Stets dasselbe eintönige Geräusch. Was immer sie da unten treiben, immer dasselbe schwerfällige Summen dringt herauf ... Und die letzten Sonnenstrahlen glitten sachte die Dachzinnen hinauf, um da oben allmählich zu verglänzen, Schatten breiteten sich aus, zerflatterte Wolken erschienen am Himmel, lässig hingeworfen; weiße Streifen zeichneten sich ab ... Lange währte die Dämmerung. Der alte Weldein blickte zum Himmel, wo wieder einer seiner öden Tage zur Neige ging.
    Öfter als früher kam ihm jetzt der Gedanke: wird es bald vorbei sein? Und er fühlte manche Zeichen des Alters, das ihm vor der Zeit genaht war.
    Sie hatten nun eine Weile in den Abend hinausgestarrt, der Vater unterbrach das Schweigen.
    »Hast du eine neue Idee?«
    »Eine neue?«
    »Ja, für ein großes Bild, mein' ich.«
    »In den Umrissen – ja.«
    »So? Und was soll's denn werden?«
    »Ich will den Klub malen.«
    »Den Klub?«
    »Ja, den Spielsaal des adeligen Klubs.«
    Der alte Weldein stand plötzlich auf. »Das wolltest du? ...«
    »Hältst du es für zu schwer? ...«
    »O nein! Aber woher nimmst du die Gestalten?«
    »Nun, ganz einfach aus dem Klub –«
    »Du warst doch niemals dort?«
    »O ja, schon zweimal.«
    »Dort? ... Im Spielsaal? ... Wie war dies möglich?«
    »Ein Mitglied führte mich ein. Es ist derselbe Herr, der mein letztes Bild gekauft hat ...«
    »Die schwarze Kugel?«
    »Ja ... Er kam neulich in der Ausstellung selbst auf mich zu und sagte, er interessiere sich für mein Talent ... dann war er hier oben und betrachtete sich meine Skizzen. Bei dieser Gelegenheit bat ich ihn um die Gefälligkeit, mir Eintritt in den Klub zu verschaffen, um dort für mein neues großes Gemälde Beobachtungen sammeln zu können.«
    »– So ... Wie wurde er denn auf dich aufmerksam?«
    »Nun, offenbar durch mein Bild in der Ausstellung ...«
    »Wie heißt der Mann?«
    »Graf Spaun.« –
    Weldein zuckte zusammen und ließ sich wieder auf den Sessel fallen. Da es volle Nacht geworden, entging dem Sohne die Bewegung im Antlitz des Vaters.
    »Spaun ... sagst du ...«
    »Ja, ein Mann nah den Fünfzigen, sehr kunstverständig und nicht ohne Phantasie.«
    »Phantasie ... jedenfalls ... hat er nach mir gefragt? ...«
    »Nach dir, Vater?« wiederholte der Sohn lächelnd.
    »Nun, ich meine, nach deiner Familie.«
    »Ja, so beiläufig. Ob die Eltern noch leben, ob ich aus reichem Hause sei ...«
    »Und du hast geantwortet?«
    »Wie merkwürdig du mich fragst! Ich habe die Wahrheit gesagt.«
    »Er war wohl sehr erstaunt, der Graf.«
    »Erstaunt? – Warum?«
    »Nun, daß es ein junger Mensch aus so armem Hause so weit gebracht hat.«
    »So weit! Glaubst du das wirklich, Vater?«
    »Nun ja! Man kennt doch deinen Namen. Man sagt doch: der Maler Weldein.«
    Der junge Mann lächelte wieder. Mit gelinder Wehmut erfüllte ihn, was er für väterliche Eitelkeit hielt ... Er trat vom Fenster weg, und das Gespräch kurz abbrechend, sagte er: »Ich will nun Licht machen.«
    »So? Du bleibst daheim?«
    »Ich warte noch ein wenig.«
    »Auf wen?«
    »Nun, auf den Grafen.«
    Der alte Weldein erhob sich. »Er kommt? Graf Spaun?« Es klang wie ein Angstruf.
    »Was hast du, Vater?«
    »Nichts ... Aber ich ... kann mit solchen Herren doch nicht umgehen ... Nein, nein, laß mich ... Ich freue mich sehr ... er wird dir viel nützen. Leb wohl, Franz.«
    »Was ist dir?« Und er schaute den Alten, auf den von dem Kerzenlicht ein schwacher Schein fiel, befremdet an.
    »Aber nichts ... Franz ... Du bist komisch, was soll denn sein? Ich gehe, wie immer am Abend, bin ich denn je so lange geblieben? – Meine Freunde im Wirtshaus warten schon! Du gehst wohl ...«
    »Ich gehe mit dem Grafen in den Klub.« Und lachend setzte er hinzu: »Es ist da auch das Gute, daß ich nicht mitspielen kann ... Da geht's hoch, Vater ... das anzusehen ... Aber du hast ja nie gespielt?«
    »Nein, nie

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