Erzählungen
Matrosen abwechselnd gezogen wurde. Johann Cornbutte lenkte den Marsch auf den bereits zurückgelegten Wegen, und wenn die Ruhezeit kam, wurde das Lager mit großer Schnelligkeit organisirt. Der alte Seemann hoffte zuversichtlich, daß er seine Proviant-Depots wieder antreffen würde, denn diese waren bei einem Zuwachs der Gesellschaft von vier Personen unumgänglich nöthig geworden.
Wirklich zeigte sich ihnen das Glück günstig genug, um sie wieder in Besitz ihres Schlittens zu bringen, auf dem sich noch Lebensmittel in reicher Menge befanden. Die Hunde hatten zur Stillung ihres Hungers die Riemen gefressen und sich dann an die Vorräthe auf dem Schlitten gemacht, die sie bis jetzt zurückgehalten.
Die Truppe nahm nun ihren Weg nach der Ueberwinterungsbai wieder auf, die Hunde wurden vor den Schlitten gespannt, und so kam die Expedition ohne weiteren Unfall an ihr Ziel.
Zum geheimen Schrecken Ludwig Cornbutte’s und Penellan’s schien es jedoch, als sei ein Keim der Zwietracht in die kleine Gesellschaft gefallen; Anpic, André Basling und die beiden Norweger hielten sich fast immer allein, wurden jedoch ohne ihr Wissen genau beobachtet und überwacht.
Endlich, am 7. December, zwanzig Tage nach ihrer Wiedervereinigung, bemerkten sie die Bai, in der die Jeune-Hardie überwinterte; wie groß war aber ihr Erstaunen, als sie fanden, daß die Brigg vier Meter hoch in der Luft auf Eisblöcken schwebte.
In lebhafter Sorge um die zurückgebliebenen Gefährten eilten sie herzu und wurden von Gervique, Turquiette und Gradlin mit lautem Freudengeschrei empfangen. Sie Alle befanden sich bei guter Gesundheit, hatten jedoch gleichfalls schwere Gefahren bestanden.
Der furchtbare Sturm mußte das ganze Polarmeer durchwüthet und aufgewühlt haben; die Eisschollen waren zertrümmert, verschoben und, indem sie unter einander glitten, hatten sie das Eisbett, in dem die Jeune-Hardie ruhte, erfaßt; da nun ihr specifisches Gewicht sie über die Oberfläche des Wassers hinaustrieb, hatten sie eine unberechenbare Gewalt erlangt, und so fand man die Brigg plötzlich so hoch über das Meer hinausgehoben.
Mit welcher Freude begrüßten die Rückkehrenden das Schiff, die Kameraden und die in gutem Zustande befindliche Einrichtung auf der Brigg; sie konnten jetzt einem, wenn auch rauhen, so doch erträglichen Winter entgegensehen. Durch die Erhöhung hatte das Schiff nicht gelitten, es war vollkommen fest und solide und brauchte nur, wenn die Jahreszeit des Thanens gekommen war, auf einer geneigten Ebene in’s Wasser hinabzugleiten.
Aber eine böse Nachricht trübte die sonst so frohe Stunde des Wiedersehens und erfüllte Johann Cornbutte und seine Gefährten mit Schrecken. Der furchtbare Orkan hatte das Schneemagazin gänzlich zerschmettert und die darin enthaltenen Lebensmittel nach allen Seiten verstreut und mit fortgerissen, so daß auch nicht der kleinste Theil davon gerettet worden war. Sobald Johann Cornbutte diese schlimme Kunde erfuhr, durchforschte er mit Hilfe seines Sohnes die Kombüse der Brigg, um sich zu vergewissern, wie viel Vorräthe noch vorhanden, und wie sie einzutheilen seien.
Das Thauen konnte erst mit dem Monat Mai eintreten, und bis dahin mußte das Schiff in der Ueberwinterungsbai verbleiben; man hatte jetzt also noch fünf Wintermonate inmitten der Eisfelder zuzubringen und während dieser Zeit vierzehn Personen zu ernähren. Nach genau angestellter Berechnung kam der alte Seemann zu dem Resultat, daß er allerhöchstens mit dem Proviant bis zum Augenblick der Abfahrt reichen konnte, und dies auch nur, wenn die Mannschaft von jetzt an auf halbe Ration gesetzt würde. Die Jagd mußte also zu Hilfe genommen werden, um reichlichere Nahrung herbeizuschaffen.
Aus Furcht, daß ein ähnliches Unglück sich wiederholen könnte, beschloß man, keine Vorräthe wieder am Lande zu deponiren, und Alles blieb an Bord der Brigg. Für die neuen Ankömmlinge wurden Betten in dem gemeinsamen Matrosenlogis aufgeschlagen. Die zurückgebliebenen Seeleute hatten ‘die Zeit der Abwesenheit ihrer Gefährten dazu benutzt, um eine Treppe in’s Eis zu hauen, auf der man bequem bis zum Schiffsverdeck hinauf gelangen konnte.
Dreizehntes Capitel.
Die beiden Nebenbuhler.
André Vasling hatte mit den beiden norwegischen Matrosen Freundschaft geschlossen, und auch Aupic nahm an ihrem Bunde Theil, hielt sich mit ihnen von der übrigen Mannschaft entfernt und tadelte wie sie laut alle neuerdings getroffenen Maßregeln; aber Ludwig
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