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Es begann in einer Winternacht

Es begann in einer Winternacht

Titel: Es begann in einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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der Typ, der sich für jemand anderen opfern würde.“
    „Er ist nicht vollkommen selbstsüchtig“, murmelte Evie und spülte den Toast mit einem Schluck heißen Tees hinunter.
    „Westcliff denkt, dass St. Vincent dich liebt.“
    Evie verschluckte sich beinahe und wagte nicht, von ihrem Tee hochzusehen. „W-Warum denkt er das?“
    „Er kennt St. Vincent, seit sie Kinder waren, und kann ihn ganz gut einschätzen. Und Westcliff findet es auf seltsame Art logisch, dass ausgerechnet du diejenige bist, die St. Vincents Herz gewonnen hat. Er hat gemeint, dass eine Frau wie du seiner … hmmm, was genau hat er noch gesagt? … Ich kann mich nicht mehr an die genauen Worte erinnern, aber es war etwas wie … du würdest St. Vincents tiefsten, geheimsten Traum erfüllen.“
    Evie fühlte, wie sich ihre Wangen röteten, während in ihrer Brust ein Kampf zwischen Schmerz und Hoffnung tobte. Sie versuchte, ihre Antwort ironisch klingen zu lassen. „Ich würde denken, sein Traum ist es, mit so vielen Frauen wie möglich Umgang zu pflegen.“
    Ein Grinsen huschte über Lillians Lippen. „Liebes, das ist nicht St. Vincents Traum, das ist seine Realität. Und du bist vermutlich das erste liebe, ehrbare Mädchen, mit dem er je in Kontakt gekommen ist.“
    „Er hat in Hampshire recht viel Zeit mit dir und Daisy verbracht“, widersprach Evie.
    Das schien Lillian nur noch mehr zu amüsieren. „Ich bin ganz sicher nicht lieb, Evie. Und meine Schwester auch nicht. Sag mir nicht, dass du die ganze Zeit diesem Irrtum aufgesessen bist.“
    Gerade als Evie ihren Teller mit Eiern und Toast leer gegessen hatte, kamen Lord Westcliff und Cam voll beladen mit Töpfen, Flaschen, Tränken und verschiedenen seltsamen Gegenständen ins Zimmer. Zwei Hausmädchen begleiteten sie mit Kannen kochend heißen Wassers und Stapeln zusammengefalteter Handtücher. Evie wollte helfen, aber sie baten sie, sich nicht zu bemühen, während sie die Dinge am Bett arrangierten und Handtücher über Sebastians Seiten, Beine und Hüften legten, sodass nur die Wunde unbedeckt blieb.
    „Es wäre am besten, wenn er etwas Morphium schlucken könnte“, sagte Westcliff. Er benutzte eine Schnur, um ein Bündel Leinen fest an einen hölzernen Stab zu binden und so daraus einen langstieligen Tupfer zu machen. „Diese Behandlung wird vermutlich deutlich schmerzhafter sein als die Schusswunde selbst.“
    „Man kann ihn zwingen zu schlucken“, sagte Lillian entschlossen. „Soll ich, Evie?“
    „Nein, ich werde es tun.“ Evie trat ans Bett und maß eine Dosis Morphiumsirup in ein Glas ab. Cam trat an ihre Seite und gab ihr ein Päckchen aus gefaltetem Papier, das etwas enthielt, was wie dunkelgrüne Asche aussah.
    „Wunderblume“, sagte er. „Ich habe sie bei der ersten Apotheke gefunden, die ich versucht habe. Das Torfmoos war etwas schwieriger aufzutreiben … aber ich habe auch davon etwas bekommen.“
    Evie lehnte ihre Schulter in wortlosem Dank an ihn. „Wie viel von dem Pulver soll ich ihm geben?“
    „Für einen Mann von St. Vincents Größe mindestens zwei Teelöffel voll, würde ich denken.“
    Evie rührte zwei Teelöffel des Pulvers in das Glas mit der bernsteinfarbenen Medizin, die sich daraufhin schwarz färbte. Es würde ohne Zweifel noch schlimmer schmecken, als es aussah. Sie hoffte nur, dass es Sebastian gelingen würde, die ekelhafte Mixtur irgendwie bei sich zu behalten, wenn er sie überhaupt schlucken würde. Sie kletterte zu ihm aufs Bett, streichelte über die matten Locken seines Haars und die trockene, brennende Haut seines Gesichts.
    „Sebastian“, flüsterte sie, „wach auf. Du musst Medizin nehmen …“ Er rührte sich nicht, selbst nicht, als sie einen Arm hinter seinen Nacken schob und seinen Kopf anheben wollte.
    „Nein, nein, nein“, kam Lillians Stimme hinter ihr, „du bist viel zu sanft, Evie. Ich musste ihn ziemlich fest schütteln, bis er genug aufgewacht war, um die Brühe zu trinken. Hier, ich zeige es dir.“ Sie kletterte neben Evie aufs Bett und rüttelte den halb bewusstlosen Mann einige Male, bis er stöhnte, seine Augen einen Spaltbreit öffnete und die beiden, ohne sie zu erkennen, anstarrte.
    „Sebastian“, sagte Evie zärtlich, „ich habe Medizin für dich.“
    Er versuchte, sich wegzudrehen, aber die Bewegung brachte Druck auf seine verwundete Seite, und der Schmerz rief eine heftige und gewalttätige Reaktion hervor. Evie und Lillian wurden unvermittelt vom Schwung seines kräftigen Arms

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