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Es begann in einer Winternacht

Es begann in einer Winternacht

Titel: Es begann in einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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es nur, weil St. Vincent jetzt in meiner Schuld steht. Er wird mich nie wieder ansehen können, ohne die schmachvolle Erinnerung, dass ich ihn nackt und bewusstlos auf seinem Krankenbett gesehen habe.“
    „Du hast ihn nackt gesehen?“, fragte Evie, die das Gefühl hatte, dass ihre Augenbrauen schier bis zu ihrem Haaransatz hochwanderten.
    „Oh“, sagte Lillian leichthin, als sie zur Tür ging. „Ich habe den einen oder anderen Blick erhascht. Bei der Stelle, wo die Wunde ist, war es unmöglich, das nicht zu tun.“ Sie blieb auf der Schwelle stehen und warf Evie einen verschwörerischen Blick zu. „Ich muss zugeben, was die Gerüchte angeht, die man ab und zu über ihn hört … sie werden ihm in keinster Weise gerecht.“
    „Welche Gerüchte?“, fragte Evie naiv. Lillian verließ das Zimmer mit einem leisen Lachen.

20. KAPITEL
    Bevor noch eine Woche vergangen war, hatte Sebastian sich zum schwierigsten Patienten entwickelt, den man sich nur denken konnte. Er erholte sich erstaunlich schnell, aber nicht schnell genug, um seinen eigenen Ansprüchen zu genügen. Mit seiner Unzufriedenheit trieb er sich und alle anderen an den Rand der Verzweiflung: Er wollte wieder seine normale Kleidung tragen, er wollte wieder richtiges Essen zu sich nehmen … und er bestand darauf, aufzustehen, Evies entnervten Widerspruch zu ignorieren und durch die Zimmer und die obere Galerie zu humpeln.
    Er wusste, dass er seine Kraft nicht zurückzwingen konnte, dass es Zeit und Geduld brauchen würde, aber er konnte sich nicht helfen.
    Noch nie war er auf andere angewiesen gewesen … und nun schuldete er sein Leben Westcliff, Lillian, Cam und vor allem Evie … Er war überwältigt von ungewohnten Gefühlen, von Dankbarkeit und Scham. Keinem von ihnen konnte er in die Augen sehen, und so war seine einzige Möglichkeit, in hochmütiger Arroganz Zuflucht zu suchen.
    Am schlimmsten war es, wenn er mit Evie allein war. Jedes Mal, wenn sie den Raum betrat, fühlte er eine erschreckende Verbindung, ein Aufflackern von unbekannten Gefühlen, und er wehrte sich dagegen, bis der innere Kampf ihn erschöpft zurückließ. Es hätte vielleicht geholfen, wenn er einen Streit vom Zaun hätte brechen können, irgendetwas, um die nötige Distanz herzustellen. Doch das war unmöglich, da sie jeder seiner Forderungen mit Geduld und unendlicher Umsicht begegnete. Er konnte ihr nicht vorwerfen, dass sie Dankbarkeit erwartete, wenn sie kein einziges Mal auch nur angedeutet hatte, er sei ihr etwas schuldig. Er konnte ihr nicht vorwerfen, dass sie ihn bedrängte, wenn sie ihn sanft und umsichtig versorgte und ihn dann taktvoll allein ließ, bis er nach ihr klingelte.
    Er, der sich nie vor irgendetwas gefürchtet hatte, hatte panische Angst vor der Macht, die sie über ihn hatte. Und er hatte Angst vor seinem eigenen Verlangen, sie jede Minute des Tages um sich zu haben, sie anzusehen, ihre Stimme zu hören. Er sehnte sich nach ihrer Berührung. Seine Haut schien jede Liebkosung ihrer Finger aufzusaugen, als könnte das Gefühl ihrer Berührung in seinen Körper hineingewebt werden. Es war anders als rein körperliches Begehren … es war eine Art elende, unausweichliche Sucht, für die es keine Heilung zu geben schien.
    Sebastian wurde außerdem von der Tatsache gequält, dass Joss Bullard versucht hatte, Evie zu töten. Dieses Wissen nährte eine primitive Wut, die nicht von Vernunft bezähmt werden konnte. Er wollte Bullards Blut. Er wollte den Bastard in Stücke reißen. Die Tatsache, dass er hilflos auf seinem Krankenbett lag, während Bullard frei durch London streifen konnte, war genug, um ihn an den Rand des Wahnsinns zu treiben. Die Beteuerungen des offiziellen Ermittlers, dass alles Menschenmögliche getan würde, um Bullard zu finden, beruhigten ihn überhaupt nicht. Deshalb hatte Sebastian Cam zu sich rufen lassen und ihn angewiesen, mehr Privatdetektive, darunter einen ehemaligen Bow Street Runner, zu engagieren, um eine intensive Suche durchzuführen. In der Zwischenzeit gab es nichts, was er tun konnte, und die erzwungene Untätigkeit setzte ihm schwer zu.
    Fünf Tage, nachdem sein Fieber gebrochen war, sandte Evie nach einer Badewanne, die in sein Zimmer gebracht werden sollte. Sebastian genoss das Wannenbad und entspannte sich im dampfenden Wasser, während Evie ihn rasierte und ihm half, sein Haar zu waschen. Sobald er sauber und trocken war, kehrte er in sein frisch gemachtes Bett zurück und erlaubte Evie, seine Wunde zu

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