Es begann in einer Winternacht
keine Sekunde daran, wie vernichtend das für eine Frau, die ihn liebte, sein würde. Sie würde es jedoch niemals zulassen, dass sie wegen des gemeinen Bisses der Eifersucht oder der Angst vor Betrug leiden würde.
Sebastian kam zu ihr hinüber, hielt ihr den Stuhl, damit sie sich setzen konnte, und reichte ihr das Frühstück. Das Porridge war mit Butter und Salz angerichtet, da die Schotten es für ein Sakrileg hielten, es mit Sirup zu süßen. Es gab auch Hefebrötchen, von denen Evie wusste, dass sie Bannock genannt wurden, außerdem Scheiben von kaltem gekochtem Schinken, geräucherten Schellfisch, eine große Schüssel mit geräucherten Austern und dicke Scheiben gerösteten Brots mit viel Marmelade. Evie aß hungrig und trank dazu starken Tee. Das Mahl war einfach, kaum zu vergleichen mit dem spektakulären englischen Frühstück auf Lord Westcliffs Landgut in Hampshire, aber es war warm und reichlich, und Evie war viel zu hungrig, um sich über irgendetwas zu beschweren.
Sie ließ sich mit dem Essen Zeit, während Sebastian sich rasierte und fertig ankleidete. Er ließ die Lederrolle mit dem Rasierzeug in seine Reisetruhe fallen, schloss den Deckel und sagte zu Evie: „Pack deine Sachen, mein Schatz. Ich gehe nach unten und sorge dafür, dass die Kutsche fertig gemacht wird.“
„Die Heiratsurkunde von Mr. MacPhee …“
„Darum kümmere ich mich auch. Verriegele die Tür hinter mir.“
Etwa eine Stunde später kam er zurück, um Evie abzuholen. Ein kräftiger Bursche trug die Truhe und die Reisetasche zu der wartenden Kutsche. Ein leichtes Lächeln erschien auf Sebastians Lippen, als er sah, dass Evie eine seiner Krawatten benutzt hatte, um ihr Haar im Nacken zusammenzubinden. Evie hatte die meisten ihrer Haarnadeln auf der Reise verloren, und sie hatte nicht die Voraussicht gehabt, eine weitere Packung in ihre Reisetasche zu stecken. „Wenn du dein Haar so wie jetzt trägst, siehst du viel zu jung aus, um zu heiraten“, murmelte er. „Das verleiht der ganzen Sache eine pikante Note von Verderbtheit. Das gefällt mir.“
Evie, die dabei war, sich an seine ungehörigen Bemerkungen zu gewöhnen, warf ihm einen Blick nachsichtiger Resignation zu und folgte ihm aus dem Zimmer. Sie stiegen hinab ins Erdgeschoss und verabschiedeten sich von Mr. Findley, dem Gasthofbesitzer. Als Evie Sebastian zum Ausgang begleitete, rief Findley fröhlich: „Ich wünsche Ihnen eine gute Reise, Lady St. Vincent.“
Evie war so überrascht, festzustellen, dass sie nun eine Viscountess war, sie konnte ihren Dank nur herausstottern.
Sebastian half ihr in die wartende Kutsche, während die Pferde stampften, auf der Stelle traten und weißen Dampf aus ihren geblähten Nüstern bliesen. „Ja“, bemerkte er sarkastisch, „so beschmutzt er auch ist, der Titel gehört jetzt auch zu dir.“ Er half ihr die ausklappbare Stufe hinauf und in die Kutsche. „Außerdem“, fuhr er fort, als er sich neben sie in das Gefährt schwang, „werden wir eines Täges sogar noch höhere Höhen erklimmen, denn ich bin der direkte Erbe des Dukes. Aber ich würde an deiner Stelle nicht mit angehaltenem Atem darauf warten. Die Männer in meiner Familie sind leider sehr langlebig, was bedeutet, dass du und ich vermutlich nicht erben, bis wir zu gebrechlich sind, um es noch genießen zu können.“
„Wenn du …“, begann Evie und hielt dann überrascht inne, als sie ein klobiges Ding auf dem Boden entdeckte. Es war eine Art großes getöpfertes Behältnis, mit einer verschlossenen Öffnung auf einer Seite. Zwar war es ganz rund, aber auf einer Seite abgeflacht, um einen sicheren Stand zu ermöglichen. Sie warf Sebastian einen verwunderten Blick zu, berührte das Objekt vorsichtig mit der Sohle ihres Schuhs und wurde mit einem Schwall warmer Luft belohnt, der ihr unter die Röcke stieg. „Ein Fußwärmer“, rief sie. Die Hitze des kochenden Wassers, das sich in dem Keramikgefäß befand, würde viel länger vorhalten als der heiße Stein, den sie auf der Hinfahrt benutzt hatten. „Wo hast du das nur wieder aufgetrieben?“
„Ich habe ihn von Mr. MacPhee gekauft, als ich ihn in seinem Cottage sah!“, antwortete Sebastian, offensichtlich amüsiert von ihrer aufgeregten Begeisterung. „Natürlich war er entzückt von der Aussicht, mir noch mehr Geld abknöpfen zu können.“
Impulsiv erhob sich Evie halb von ihrem Sitz, um ihm einen Kuss auf die Wange zu geben, die sich glatt und kühl unter ihren Lippen anfühlten. „Danke.
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