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Es begann in einer Winternacht

Es begann in einer Winternacht

Titel: Es begann in einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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verstehe. Tu einfach, was du kannst.“ Sie zog ihre Finger durch einen Haufen aussortierter Chips und fügte verdrossen hinzu: „Es ist ohnehin egal, denn ich werde schon bald nicht mehr hier sein. St. Vincent will, dass ich nächste Woche gehe. Er denkt, ich sollte nicht im Club leben, nun, da mein Vater …“ Der Satz verlor sich in trostloser Stille.
    „Vielleicht hat er recht“, meinte Cam und hielt seinen Ton bewusst bar jeden Mitgefühls. „Dies ist nicht der sicherste Ort für dich.“
    „Meine Sicherheit ist nicht sein Hauptbeweggrund.“ Ihre Finger schlossen sich um einen schwarzen Chip und ließen ihn wie einen Kreisel auf dem Hazardtisch tanzen. „Er macht es, um Abstand zwischen uns zu schaffen.“
    Das kleine Lächeln, das um seine Lippen spielte, kam ihr sowohl frustrierend als auch ermutigend vor.
    „Geduld“, riet ihr Cam mit leiser Stimme und verließ sie. Sie starrte weiter auf den kreiselnden Chip, bis sein Schwung sich in Stille verwandelt hatte und er wieder ruhig auf dem Tisch vor ihr lag.

14. KAPITEL
    In den nächsten zwei Wochen war Evie froh über die ständige Aktivität im Club, weil sie half, sie von ihrer Trauer abzulenken. Nachdem sie Sebastian gesagt hatte, dass sie gerne helfen wollte, wurde sie prompt im Büro eingesetzt, wo sich liegen gebliebene Korrespondenz und Rechnungsbücher in großen unordentlichen Haufen stapelten. Sie wurde ebenfalls hinzugezogen, um die Maler, Zimmerleute und Maurer bei ihren unterschiedlichen Aufgaben anzuweisen, eine Verantwortung, die sie noch vor kurzer Zeit in Angst und Schrecken versetzt hätte. Mit so vielen Fremden zu sprechen war anfangs eine nervenaufreibende Anstrengung für sie, und in den ersten Tagen kämpfte sie mit ihrem Stottern. Doch je häufiger sie es tun musste, desto einfacher wurde es. Es half, dass die Arbeiter ihr alle mit einer Mischung aus Geduld und Respekt zuhörten, die ihr noch nie zuvor entgegengebracht worden war.
    Sofort nach der Beerdigung Ivo Jenners hatte Sebastian ein Treffen mit dem Polizeichef anberaumt, wegen der kürzlich stattgefundenen Verschärfung der Spielgesetze. Mit unwiderstehlichem Charme überzeugte Sebastian den Gesetzeshüter davon, dass Jenner’s ein Gesellschaftsclub und nicht ein bloßer Spielsalon war. Deshalb müssten hier auch keine Polizeirazzien stattfinden, da alle Mitglieder, wie Sebastian mit großer Ernsthaftigkeit versicherte, „Männer von höchsten moralischen Grundsätzen“ seien. Von Sebastians meisterhafter Argumentation überzeugt, versprach der Polizeichef, dass es keine Razzien bei Jenner’s geben würde, solange die Fassade der Respektabilität aufrechterhalten würde.
    Als er von Sebastians Erfolg mit dem Polizeichef erfuhr, bemerkte Cam Rohan bewundernd: „Das war ein gut gelungenes Stück Arbeit, Mylord. Ich fange an zu glauben, dass Sie jeden davon überzeugen können, fast alles zu tun.“
    Sebastian grinste und warf einen schnellen Blick zu Evie hinüber, die in der Nähe saß. „Ich denke, Lady St. Vincent ist Beweis genug dafür“, sagte er.
    Es schien, dass Sebastian und Cam beschlossen hatten, eine vorsichtige Allianz einzugehen, um den Club wieder auf die Beine zu bringen. Ihr Umgang miteinander war nicht wirklich freundlich zu nennen, aber andererseits war er auch nicht gerade feindselig. Cam hatte auf jeden Fall Sebastians Führungsqualitäten bemerkt, die in den Tagen nach Ivo Jenners Tod dringend benötigt wurden. Sein Gebaren von aristokratischer Trägheit hatte Sebastian gänzlich abgelegt und das Management des Clubs mit viel Entschlusskraft und Autorität übernommen.
    Wie wohl nicht anders zu erwarten, war Sebastian die Art Mann, für den die Angestellten des Clubs nichts als Verachtung übrig hatten. Anfangs betrachteten sie ihn als nichts weiter als eines der zu rupfenden „Vögelchen“
    oder einen der „piekfeinen Herren“, die in den Club kamen. Ein verwöhnter, selbstgefälliger Aristokrat, der keine Vorstellung davon hatte, was es bedeutete, ein arbeitender Mann zu sein. Wahrscheinlich glaubten sie – genau wie Evie es getan hatte –, Sebastian würde all der Pflichten, die der Club mit sich brachte, schnell müde werden. Aber niemand wagte es, seine Stellung infrage zu stellen, sobald deutlich wurde, dass er nur allzu bereit war, jeden zu entlassen, der seinen Anweisungen nicht Folge leistete. Es hätte keinen deutlicheren Beweis seiner Autorität geben können, als die knappe Art, in der er Clive Egan vor die Tür gesetzt

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