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ES: Eine Villa wird zur Leichenhalle (German Edition)

ES: Eine Villa wird zur Leichenhalle (German Edition)

Titel: ES: Eine Villa wird zur Leichenhalle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Spilker
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tut oder jemandem schadet, sah er darin kein Problem. Er zählte alles Mögliche. Seine Finger bewegten sich dann wie ferngesteuert zur Handinnenfläche, als ob er eine Rechenaufgabe zu lösen hätte. Es geschah unbewusst. Und selbst Gegenstände, deren Anzahl unverändert blieben, zählte er. Die Anzahl der Waschbetonplatten auf dem Weg, der zum Nebeneingang führt, kannte er. Es waren genau achtundsechzig Stück. Wenn Gregory z. B. ins Esszimmer kam, zählte er unterbewusst die zwölf Stühle. Es war keine Kontrolle, es ging ums reine Zählen.
Als er noch mit Sophie zusammen in ihrer gemeinsamen Wohnung war, stand ein großer Gummibaum im Wohnzimmer. Gregory wusste, dass er zweiunddreißig Blätter besaß. Deutete sich ein Weiteres an, schaute er ständig zum Gummibaum, um seine Zahl zu aktualisieren, wenn das Blatt ‚geschlüpft’ war. Auch kannte Gregory sämtliche Zahlen mit den dazugehörigen Gegenständen auswendig. Natürlich wusste er, dass es sich dabei um eine ausgewachsene Macke handeln musste, aber es schadete niemandem und tat nicht weh.
Gregory fiel die Waschküche wieder ein und die Tatsache, sich dort nicht ausgiebig umgeschaut zu haben. Vielleicht ist ihm irgendetwas entgangen? Er hätte auch gar keine Zeit gehabt, sich dort in Ruhe umzusehen. Aber jetzt hatte er Zeit. Jetzt konnte er sich dort in Ruhe umsehen. Er entschloss sich keine Schuhe anzuziehen, um jegliches Geräusch zu verhindern. Hose ja, Chemisett nein, wozu auch. Dann öffnete er seine Türe wieder einen Spalt, um die Lage zu checken und huschte den Gang entlang zur Waschküche. Zuerst probte er den Rückzug, den er vollführen müsste, sobald er ein verdächtiges Geräusch vernommen hätte. Also Licht aus, durch den Flur wieder in sein Zimmer, Hose ausziehen und aufs Bett lümmeln und Unschuld heucheln. „Klappt prima“, dachte Gregory, aber er war außer Atem und das wäre sehr verräterisch. „Duschen und Haare waschen?“ ging es ihm durch den Kopf. Aber davon gerät man nicht außer Atem. Er müsste ein Alibi für sein Schnaufen besitzen, dann erst wäre die ‚Nummer’ perfekt. „Liegestützen!“ ereilte ihn ein Geistesblitz. „Das ist es“, dachte er bei sich. Sobald er in sein Zimmer gehuscht wäre, würde er sofort in den Liegestütz fallen und besäße für seine Atmung ein überzeugendes Alibi. „Perfekt“, sagte er zu sich und ging wieder zur Türe, um nochmals die Lage zu checken. Die Luft war rein, wie es heißt und Gregory konnte erneut zur Inspektion der Waschküche schreiten. Dort angekommen schaltete er das Licht ein und begann sich systematisch umzuschauen. Der Wandschrank im Esszimmer sollte für ihn eine Lehre sein, dass nicht immer alles so ist, wie es im ersten Moment scheinen will. Seine Augen suchten also akribisch nach irgendwelchen Fugen in der Wand, die auf Türen oder Sonstiges hinweisen würden. Nichts. Keine Fugen jedenfalls. Vielleicht sollte man die Wände nach Hohlräumen abklopfen. Das macht Geräusche. Das ist zwar ein guter Gedanke, aber die aktive Umsetzung ist keineswegs ratsam. Gregory sah sich schon vor seinem geistigen Auge als ‚Stehlampe’ und beschloss das Abklopfen der Wände zu unterlassen. Aber er legte seinen Kopf an die Wand und kontrollierte nur mit dem, der Oberfläche zugewandten Auge, nach Unebenheiten im Putz. Immerhin wäre es möglich gewesen, einen Geheimgang im Nachhinein zuzumauern und zu verputzen. Gregory wusste nicht so recht, wonach er eigentlich sucht und kam sich vor wie Sherlock Holmes. Womöglich befand sich unter dem Wäschestapel eine Leiche und in jeder Wand ein zugemauerter Geheimgang. Bevor er ging ließ er seinen Blick über die Decke streifen und stellte nichts Außergewöhnliches fest. Er kam sich selbst ein wenig albern vor, löschte das Licht in der Waschküche und bewegte sich hängenden Kopfes in sein Zimmer. Dort zog er die Hose wieder aus, hängte sie ordentlich über einen Bügel und begab sich aus Frust und Langeweile in den Liegestütz. Er wollte sich eigentlich nur müde machen und nur sein Unterbewusstsein zählte mit. Am nächsten Tag lief alles wie immer ab. Aufstehen, duschen, Jan durch den Nebeneingang reinlassen, frühstücken, immer lächeln und den Fröhlichen mimen und den Überblick nicht verlieren. Gregory begrüßte seine Herrschaften gebührend, schaute Ihnen mehr oder weniger beim frühstücken zu, stand dann wie so oft schon mit dem Geschirr vor der Durchreiche. Jan nahm die Teller, Tassen und Besteckteile entgegen,

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