ES: Eine Villa wird zur Leichenhalle (German Edition)
abzustrampeln. Bequemer und sicherer erschien ihm daher eine Laufbahn als examinierter Jurist im Staatsdienst. Die dortigen Karriereleitern können sehr kurz sein, wenn der richtige Steigbügelhalter einen passenden Protegé gefunden hat.
Ebenso rosig gestaltete sich Di Lauros Zukunftsperspektive. Banken und Versicherungen nehmen diplomierte VWL’ler mit Kusshand. Außer den üblichen Ritualen, welche die Studentenvereinigung abforderte, gaben sich Klaus-Jürgen und Moris einen persönlichen Treueeid, der lebenslange Gültigkeit besitzen soll. Diesem Treueeid folgend, besaß jeder vom anderen stets die aktuelle Telefonnummer.
Niemals rief einer der beiden den anderen an, um ‚Guten Tag’ zu sagen oder zu fragen, wie es geht. Die Erreichbarkeit des anderen war wie ein Reservefallschirm und wurde nur in absolut dringenden Angelegenheiten benutzt.
10 Jahre später.
Di Lauros Handy klingelt. Da ihm die Nummer auf dem Display völlig unbekannt war, nahm er das Gespräch aus reiner Neugierde an und meldete sich mit „Hallo?!“
„Ich bins“, sagte Klaus-Jürgen und glaubte erkannt zu werden.
„Aha“, sagte Di Lauro. „Und wer ist das?“
„Fauler! Klaus-Jürgen Fauler spricht hier. Ist dort nicht der Apparat von Moris Di Lauro?“
„Ja klar! Hallo altes Haus. Wie geht’s, wie steht’s? Ich hab’ dich neulich im Fernsehen gesehen. Schicker Anzug, flott, flott…“
„Wir müssen uns treffen!“
„Aha. Um was geht’s?“
„Nicht am Telefon“, wimmelte Klaus-Jürgen ab. „Darum schlage ich ja ein Treffen vor!“
„Ok, wann und wo?“
„Kennst du noch den Griechen an der alten Gießerei?“
„Klar. Der hatte das beste Gyros der Stadt. Wie sollte ich den vergessen?“
„Dann sehen wir uns am Freitag um 6 dort! Alles klar?“
„Alles klar“, bestätigte Di Lauro und hörte nichts mehr in der Leitung. KayJay hatte wohl schon aufgelegt. Di Lauro ging es in jeder Hinsicht gut. Nicht sehr gut, aber gut. Er hatte einen Job in einer Bank ergattert, befand sich als Leitender Angestellter in einer krisensicheren Position und bekam pünktlich sein Gehalt. Einen kräftigen Rutsch nach oben machte Fauler. Er schaffte es tatsächlich bis zum Staatssekretär des Bundesinnenministeriums (BMI), machte seinen ‚Dr. jur.’ und hatte alles, was er wollte. Fast alles jedenfalls. Für manche Angelegenheiten stand kein Personal zur Verfügung, also musste er ‚kreativ’ werden und es beschaffen.
Freitags um 18 Uhr beim Griechen.
Beide warteten unabhängig voneinander vor der Türe gemäß des Mottos: Mal sehen wer da kommt. Und als man den anderen sah , tat jeder so, als wäre er gerade erst gekommen. Sie begrüßten sich per Handschlag, begutachteten sich auf die Schnelle, betraten das Lokal und setzten sich an einen Ecktisch, von dem aus sich das gesamte Lokal überblicken ließ. Essen wollten sie – wenn überhaupt – erst später.
„Einen Samos und einen weißen Imiglykos bitte.“
„Glas oder Karraffe?“ wollte die Bedienung wissen.
„Karraffe bitte.“ Die Bedienung nahm die Wünsche entgegen und servierte einige Augenblicke später die Getränke.
„Lass dich anschauen“; schmeichelte Di Lauro. „Gut siehst du aus. Das macht wohl die klimatisierte Luft im Ministerium“ lachte er.
„Jamas“, sagte Fauler „und auf die guten alten Zeiten“. Dann stieß er mit Di Lauro an. „Ich will dir einen Deal anbieten.“ Fauler vergeudete keine Zeit und kam ohne Anlauf zum Geschäftlichen. „Bist du verheiratet?“
„Noch nicht ganz, aber dieses Jahr wird’s wohl noch werden.“
„Kinder?“ Fauler verstand es mit nur einem Wort ganze Fragen zu stellen. Di Lauro verneinte wortlos. „Hast du schon mal jemanden umgebracht?“ fragte er dann völlig emotionslos.
„Machst du Witze?“
„Momentan nicht“, entgegnete Fauler. „Ich will dir einen Deal anbieten und dazu muss ich verschiedene Sachen wissen.“ Fauler war es offensichtlich ernst. Di Lauro nahm die Frage jedoch keinesfalls ernst und meinte:
„In Gedanken schon oft.“
„Prima“, meinte Fauler todernst. „Dann sitzt deine Hemmschwelle schon tiefer, wunderbar. Könntest du dir vorstellen einen dir völlig fremden Menschen umzubringen?“
„Einen mir völlig Fremden? Ja – schon, wenn ich ihm dabei nicht in die Augen gucken muss, dann schon.“ Di Lauro nickte vor sich hin.
„Kennst du dich mit Waffen aus? Mit Handfeuerwaffen, um genau zu sein.“
„Nein“, sagte Di Lauro. „Hab’ nichts damit
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