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Es geht uns gut: Roman

Es geht uns gut: Roman

Titel: Es geht uns gut: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Geiger
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konzentriert sich ganz auf das, was draußen passiert, und hört, da das Fenster offensteht, das Rufen der Kinder. Die klaren Stimmen sind der Höhepunkt des Tages. Philipp denkt daran, daß ihm sein Vater den Rat gegeben hat, sich bei eventuellen Raufereien an die Schultaschen der Kontrahenten zu hängen und ihnen, wenn sie am Boden liegen, sofort eine reinzuhauen. Als er sich wieder Johanna zuwendet, ist ihm fast, als kehre er von einer solchen Rauferei zurück. Johanna rückt ihren BH zurecht, zieht die Bluse glatt und kündigt an, daß sie jetzt gehen werde (woran er keinen Zweifel hat). Er verabschiedet sich von ihr, ohne Späße zu machen. Die gemeinsamen Späße sind das allerschlimmste, seit einiger Zeit besitzen sie etwas Verlogenes oder führen wenigstens zur Verlogenheit, wenn er abschließend etwas sagt:
    – Ciao, Bella.
    Er sagt nichts weiter, obwohl er bestimmt nicht alles für gesagt hält, was es zwischen ihnen zu sagen gibt. Er konzentriert sich ganz darauf, die sekundenlangen Blicke, die sie wechseln, in Tage umzurechnen, die sie einander nicht sehen werden.
    One, two, three, four, five, six, seven, all the children go to heaven –.
    Er denkt, daß alles immer ist, als versuche man denselben Satz, aber diesmal noch schöner, in sein Heft zu schreiben. Vielleicht ist es das, was uns zu armen Teufeln macht.
    Und weg ist sie.
    Am Nachmittag klebt die Müdigkeit an Philipp wie Dreck, und es ist ihm egal, daß er die Zeit verludert, denn Pläne hat er keine und deshalb auch nichts zu verschieben. Steinwald und Atamanov kreuzen erst gegen zwei, halb drei auf. Das Geschäft mit dem Inventar der Großeltern hat sich als einträglicher und weniger schweißtreibend erwiesen als das Herunterreissen von Tapeten. In Anzügen, die aussehen, als wären sie bei der Caritas am Mittersteig gekauft, steigen sie aus dem roten Mercedes, den sie vor der Garage geparkt haben, schlagen die Türen zu und kommen zu Philipp herüber. Philipp sitzt wie üblich zwischen Papier und Büchern auf der Vortreppe, allerdings ohne zu arbeiten, da er von der Wärme und infolge der vergangenen Nacht ständig halb am Einnicken ist. Steinwald und Atamanov bleiben vor Philipp stehen, sie wollen ihm von dem Erlös, den sie aus dem großmütterlichen Nachlaß lukrieren, einen Anteil ausbezahlen oder gegen ihre Stundenlöhne verrechnen. Philipp wird nicht ganz schlau aus dem, was sie sagen, denn weil er von dem Geld nichts will, hört er nur mit halbem Ohr hin. Er betrachtet weiterhin die Anzüge, die sehr überzeugend sind, speziell in der Art, in der sie von Steinwald und Atamanov getragen werden. In neuen Kleidern könnte er sich die beiden ohnehin nicht vorstellen. Er denkt: Wenn ich trüge, was Steinwald und Atamanov tragen, sähe ich aus wie ein Clown. Sie aber sehen aus wie Männer, die zu tun haben und sich von Kleinigkeiten nicht irritieren und schon gar nicht aufhalten lassen. Er beneidet seine Gehilfen und sagt nochmals, mit der freundlichen Unbeteiligtheit, die ihn momentan charakterisiert, daß er von dem Geld, das sie mit dem Weggeworfenen verdienen, nichts will, unter keinen Umständen. Sie heben die Schultern, nicht hilflos, nein, eher um ihr fehlendes Verständnis für Philipps Holzbockigkeit zu signalisieren. Atamanov kratzt sich hinter seinen großen Ohren. Dann wenden sich beide ab, beinahe gleichzeitig, wie an Fäden gezogen. Sie treten zum Abfallcontainer und stöbern darin, gespannt, was Philipp mittlerweile weggeworfen hat.
    In dem Moment, in dem sich Philipp links liegengelassen auf der Vortreppe (sitzend) wiederfindet, ist ihm das auch nicht recht. Er schielt zum Container und bereut, daß er es ausgeschlagen hat, mit Steinwald und Atamanov gemeinsame Sache zu machen. Nicht um des Geldes, sondern um der Sache willen. Er steht von der Vortreppe auf, reibt sich den Hintern und drückt sich unbeholfen um den Mercedes herum, dessen Kofferraum offensteht. Erst jetzt fällt ihm auf, daß in dem Wagen die Vordersitze nicht zu den Hintersitzen passen und daß jede Menge Dufttannenbäume im Wageninneren hängen, sogar an der Decke. Als Steinwald in Philipps Nähe kommt, um den Plattenspieler und die letzten Sonntagsschuhe des Großvaters im Kofferraum zu verstauen, erkundigt sich Philipp, weshalb die Dufttannenbäume im Wagen hängen. Er findet, die Frage drängt sich auf. Trotzdem kommt er schlecht damit an. Steinwald kratzt verlegen am eingewachsenen Dreck in den Schwielen seiner linken Hand und antwortet, bei aller

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