Es gibt kein nächstes Mal
widerstrebte.
»Wir werden es uns überlegen«, hatte Gemma
gesagt, und der Neffe hatte daraufhin niedergeschlagen gewirkt, ganz so, als hätte
er diese Worte schon öfter gehört und dann nie wieder etwas.
Sie hatte Kathy trotz ihrer schwachen Proteste
die Straße hinauf und in den nächsten Pub geschleift.
»Das ist einfach nicht machbar, Gem.«
»Das ist nicht wahr. Es ist eine rein
kosmetische Frage. Gib mir ein paar Wochenenden mit einer großen Dose Ajax und
einem Eimer weißer Farbe, und schon sieht das Haus prima aus.«
»Aber die Einrichtung...«, sagte Kathy und trank
in ihrer Verzweiflung einen großen Schluck Lager.
»Richtig. Die Möbel müssen raus. Aber ich
glaube, wir könnten ihn dazu überreden, daß er uns das Notwendigste kauft, wenn
wir ihm sagen, daß wir das Haus herrichten werden. Offenbar hat er es dringend
nötig, Einnahmen aus dem Haus rauszuholen. Komm schon, ich verspreche dir auch,
daß ich die echte Dreckarbeit übernehme, und Anstreichen macht Spaß. Es wird
dir gefallen.«
Kathy war skeptisch gewesen, doch sie hatte sich
bereit erklärt, das Risiko einzugehen. Sie hatte sogar einen Overall erstanden,
um ihre Kleider nicht zu ruinieren, und es hatte sich gelohnt.
Estella hatte sich als eine unerwartete
Verbündete erwiesen; sie hatte sich ganz in ihrer Nähe im Auktionslokal
herumgetrieben und interessante Einzelstücke aufgegabelt, die sie dann in einem
gemieteten Kleintransporter nach Oxford raufgefahren hatte. Sie brachte Palmen
in Terracottatöpfen von ihrer eigenen Veranda mit, und sie hatte sogar einen
Vorschlag gemacht, wie sich die abscheulichen Kacheln im Badezimmer verbergen
ließen — durch Fischernetze, die sie an den Wänden drapierten und von oben bis
unten mit Muscheln und Plastikseesternen vollhängten. Sie fabrizierte einen
Vorhang aus dunkelgrünem Plastik und schnitt ihn in Fransen, die gespenstische
Ähnlichkeit mit nassem Seetang aufwiesen.
»Es hat zwar etwas von einer typischen auf
tropisch gemachten Cocktailbar«, bemerkte sie, als sie einen Schritt
zurücktrat, um ihr Werk zu begutachten, »aber es sieht schon viel besser aus,
meint ihr nicht auch?«
Kathy brauchte eine Weile, um sich daran zu
gewöhnen, doch Gemma war wirklich stolz auf ihre Mutter. Das Badezimmer sah aus
wie eine Abbildung in einer Zeitschrift für Inneneinrichtung, und Gemma lud
Leute eigens zu dem Zweck ein, ihnen das Bad vorzuführen.
Der Makler riet ihr, sich im Londoner Norden
oder Westen umzusehen, denn dort lebten »Leute wie Sie«. Gemma hätte sich zu
gern erkundigt, was für ein Menschentypus das war, doch sie nahm Abstand davon.
Der Mann schien seinen Job sehr ernst zu nehmen.
Der Norden von London bot gewisse Vorteile. Dort
lebte Kathy, und Gemma hätte einen kürzeren Weg zum Büro. Außerdem gab es dort
auch noch Daisy. Gemma war sich nicht sicher, ob sie in Daisys Nähe wohnen
wollte. Das Problem Daisy ließ sich nicht umgehen, doch sie war noch nicht
soweit, es in Angriff zu nehmen. Eine Woge von Säure, ein Cocktail aus Wut,
Erbitterung und Verlust, wallte immer noch jedesmal in ihr auf, wenn sie an
ihre Schwester dachte.
Sie hatte Daisys Namen bereits auf dem
Titelblatt einer Hochglanzillustrierten am Zeitungsstand auf dem Flughafen
prangen sehen. Es war, als hätte ihre Schwester sie schon erwartet und wollte
sie gleich dort begrüßen.
Was passiert, wenn deine beste Freundin dir den
Mann ausspannt? plärrten die
neongelben Buchstaben. Daisy Rush geht der Frage auf den Grund. Hatte
sie es tatsächlich herausgefunden? Hatte sie auch nur die leiseste Ahnung,
hatte sich Gemma gefragt, oder sahnte sie nur die intimsten Erfahrungen der
Menschen um sie herum ab und eignete sie sich als ihre eigenen an, wie sie es
schon immer getan hatte?
Es erschien ihr seltsam, daß Daisys Berufswahl
ausgerechnet auf den Journalismus gefallen war, und erst recht, daß sie sich
diesem sexuell beziehungsweise emotional orientierten Typus von Journalismus
zugewandt hatte, durch den sich Frauenzeitschriften auszeichneten. Wenn es
darum ging, ihre eigenen Gefühle zu vermitteln oder Mitgefühl für andere
Menschen aufzubringen, war Daisy schon immer ein hoffnungsloser Fall gewesen.
Liebe Biskuit,
das mit Boy hat mir schrecklich leid getan. Ich
weiß, daß Du ihn wirklich sehr gemocht hast. Ich glaube kaum, daß ich etwas für
Dich tun kann, aber falls es doch etwas gibt...
Liebe Grüße von Lol.
Alles Liebe
Donut
Es war der Brief eines Kindes, unter Verwendung
der
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