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Es gibt kein nächstes Mal

Es gibt kein nächstes Mal

Titel: Es gibt kein nächstes Mal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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ist
schlimmer, als nichts zu wissen, Bisk.«
    Sie putzte sich lautstark die Nase.
    »Hat Oliver dir denn nichts davon erzählt?« fragte
Gemma.
    »Nein, ich hatte keine Ahnung«, erwiderte Daisy,
und ihr schwirrte der Kopf.
    Warum hatte Oliver nichts gesagt? Vielleicht war
ihm nicht klargewesen, wie stark Gemmas Gefühle für ihn waren. Aber er mußte es
gewußt haben. Schließlich hatte er ein ganzes Jahr lang mit Gemma unter einem
Dach gelebt. Erst jetzt fiel ihr wieder ein, wie Gemma sich benommen hatte, als
sie über Weihnachten von Frankreich aus nach Hause gekommen war. Die ganze
Familie hatte in Whitton House am Küchentisch gesessen. Es war das letzte Mal
gewesen, daß sie alle zusammengesessen hatten. Gemma hatte sich, was ganz und
gar untypisch für sie war, endlos über irgendeinen Typen ausgelassen, mit dem
sie sich ein Haus teilte. Daisy erinnerte sich noch daran, daß sie sich darüber
geärgert hatte. Sie konnte es kaum erwarten, Bertie und Estella alles über
Frankreich zu erzählen.
    Oliver mußte es gemerkt haben, sagte sie sich.
Wie typisch für ihn, daß er nicht in der Lage gewesen war, seinen Teil der
Verantwortung für die Vorfälle auf sich zu nehmen. Statt dessen hatte er sich
vorgemacht, das alles hätte nichts mit ihm zu tun.
     
    Seite an Seite liefen sie stumm nebeneinander
her. Zwei Jugendliche auf Rollschuhen sausten an ihnen vorbei und bahnten sich
blitzschnell einen Weg zwischen den Spaziergängern hindurch. Ein dicker
Labrador stürzte sich mit einem halbherzigen Satz auf einen der Jungen.
    Jedes weitere Blumenbeet, an dem sie
vorbeikamen, loderte in einem anderen Farbton. Violette Stiefmütterchen,
Petunien, umgeben von rosa und weiß gestreiftem Günsel, der sich der Sonne
entgegenreckte, blaue Lobelien, die aus verzierten Gefäßen rankten. Die Farben
tanzten. Alles um sie herum schien vor überschäumender Lebenslust zu sprühen,
und sie liefen stumm weiter, unter einer Glasglocke aus Traurigkeit.
    Gemma wußte nicht, ob ihr jetzt wohler zumute
war oder ob sie sich elender fühlte. Sie zitterte immer noch. Sie nahm an, es
müsse wohltuend sein, sich von der Last eines Geheimnisses befreit zu haben,
das sie bisher noch keinem Menschen anvertraut hatte, doch sie verspürte keine
Erleichterung, sondern fühlte sich lediglich verwirrt. War sie verrückt? fragte
sie sich. Wie hatte sie nur glauben können, Daisy hätte es die ganze Zeit über
gewußt?
    »Tja«, sagte Daisy schließlich mit einem
schmerzlichen Lachen, »Lol hat offensichtlich etwas an sich, was alle Frauen in
unserer Familie anzieht.«
    »Was soll das heißen?« fragte Gemma.
    »Weißt du, daß Mum versucht hat, sich an ihn
ranzumachen?« enthüllte Daisy.
    »Was? Wann?«
    »Nach Daddys Tod. Als wir alle in Whitton waren.
Ich muß es dir damals erzählt haben...«
    »Wir haben damals nicht wirklich miteinander
geredet...«, sagte Gemma.
    »Also, du kennst doch die Veranda?«
    Gemma nickte. Sie war begierig darauf, diese
Geschichte zu hören.
    In Wirklichkeit handelte es sich dabei um ein
heruntergekommenes Gewächshaus, das an die Rückfront von Whitton Flouse
angebaut war. Estella hatte darauf beharrt, es die »Veranda« zu nennen, und in
ihren anmaßenderen Momenten hatte sie es sogar als »Wintergarten« bezeichnet.
Das Glashaus enthielt Regale mit Pflanzschalen, und es standen auch ein paar
alte Terracottatöpfe darin herum. Estella war eine schlechte Gärtnerin. Sie
begeisterte sich zwar für die Vorstellung, in einem hölzernen Korb
Schnittblumen zu sammeln, doch für die Gartenarbeit war sie zu ungeduldig.
Manchmal, wenn er einen unerwarteten Tantiemenscheck bekam, engagierte Bertie
für eine Woche einen Gärtner aus der Ortschaft, und dann spielte sich Estella
als die Gutsherrin auf und befahl dem armen Mann ungewöhnlich geformte Beete zu
graben, weil sie dort die Pflanzen einsetzen wollte, die sie gekauft hatte. In
den ersten Tagen sahen sie prachtvoll aus, wie die farbenfrohen abstrakten
Ölbilder, die sie manchmal malte, doch dann begann sich Estella zu langweilen,
und sie vergaß, die Blumen zu gießen, und schon bald darauf gewann das Unkraut
wieder die Oberhand.
    »Lol hat sich für den Geruch der Veranda
begeistert«, fuhr Daisy fort, »du weißt schon, dieser Geraniengeruch, den sie
ausgeströmt hat.«
    Gemma konnte sich ganz genau daran erinnern. Es
war ein beißender Kompostgeruch.
    »Und da stand dieser Pflanzstuhl...«
    Ein arg in Mitleidenschaft gezogenes Relikt aus
den Kolonien, das Estella in

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