Es ist nicht alles Gold was glänzt
hoffe ich?«
»Etwa so zufrieden, wie ich mit deinem amerikanischen Akzent bin, Adrian. Immerhin will ich annehmen, daß Harvey Metcalfe nicht mehr in der Lage sein wird, uns richtig zu taxieren, wenn wir vor ihm stehen.«
»Keine Sorge. Glaub mir, er würde es noch nicht einmal registrieren, wenn du dich als Herr Drosser vorstelltest mit einem van Gogh unter jedem Arm.«
Adrian verteilte den Stundenplan für die letzten Proben in der Harley Street und im St. Thomas Hospital und konsultierte noch einmal das grüne Dossier.
»Ich habe im Hôtel de Paris vier Einzelzimmer auf verschiedenen Stockwerken reservieren lassen und alle Abmachungen mit dem Centre Hospitalier Princesse Grace bestätigt. Das Hotel steht in dem Ruf, eines der besten der Welt zu sein – auf jeden Fall ist es teuer genug –, aber dafür liegt es auch in nächster Nähe des Casinos. Am Montag fliegen wir nach Nizza. Plangemäß müßte Harvey einen Tag später mit seiner Jacht ankommen.«
»Und was tun wir die übrige Woche?« fragte James unschuldig.
Stephen übernahm wieder die Leitung. »Wir lernen das grüne Dossier auswendig – von vorn nach hinten und von hinten nach vorn –, bis wir es für die Generalprobe am Freitag beherrschen. Das Wichtigste für dich, James, ist, daß du dich zusammenreißt und uns endlich wissen läßt, was du zu tun gedenkst.«
James versank wieder in trübsinniges Schweigen.
Stephen klappte energisch seine Akte zu. »Das scheint mir alles zu sein, was wir heute abend tun können.«
»Augenblick noch, Stephen«, sagte Adrian. »Laß uns dich noch mal ausziehen – ich möchte sehen, ob wir es in 90 Sekunden schaffen.«
Stephen legte sich etwas widerstrebend in der Mitte des Zimmers nieder, und James und Jean-Pierre entkleideten ihn behend und vorsichtig.
»87 Sekunden. Ausgezeichnet!« sagte Adrian und blickte hinunter auf Stephen, der nur noch seine Uhr an hatte. »Verdammt, es ist schon spät. Ich muß zurück nach Newbury, sonst denkt meine Frau noch, ich hätte eine Geliebte, und von euch ist wahrhaftig keiner nach meinem Geschmack.«
Stephen zog sich rasch wieder an, während die anderen sich auf den Weg machten. Ein paar Minuten später stand James an der Haustür und verabschiedete einen nach dem anderen. Sobald Stephen außer Sicht war, raste er hinunter in die Küche.
»Hast du zugehört?«
»Ja, Liebling. Sie sind wirklich nett, und ich kann es ihnen nicht verdenken, daß sie böse auf dich sind. Sie gehen das ganze Unternehmen ausgesprochen fachmännisch an. Offen gestanden hast du wie der einzige Amateur gewirkt. Wir müssen uns unbedingt etwas Brauchbares ausdenken, damit du mit ihnen konkurrieren kannst. Wir haben ja noch über eine Woche, bevor Harvey Metcalfe nach Monte Carlo geht.«
James seufzte: »Dann laß uns wenigstens diesen Abend genießen. Die Sache heute morgen war doch ein regelrechter Triumph!«
»Ja, aber nicht deiner. Morgen machen wir uns an die Arbeit.«
12
»Passagiere für Flug Nr. 017 nach Nizza bitte zur Abfertigung Flugsteig 7«, dröhnte es aus dem Lautsprecher im Heathrow Airport.
»Das sind wir«, sagte Stephen.
Die vier ließen sich von der Rolltreppe in den ersten Stock befördern und liefen dann den langen Korridor entlang. Nachdem sie nach Waffen, Bomben oder was man bei Terroristen sonst noch vermutet, durchsucht worden waren, gingen sie an Bord des Flugzeugs.
Sie saßen getrennt, und keiner sah den anderen an oder sprach mit ihm. Stephen hatte sie darauf aufmerksam gemacht, daß Bekannte von Harvey sehr wohl das gleiche Flugzeug nehmen könnten, und infolgedessen bildete sich jeder ein, womöglich neben Harveys bestem Freund zu sitzen.
James starrte düster in den blauen Himmel und grübelte. Anne und er hatten jedes Buch, dessen sie habhaft werden konnten und das auch nur im entferntesten von gestohlenem Geld oder erfolgreichem Betrug handelte, gelesen; aber sie hatten nichts gefunden, was sich zur Nachahmung geeignet hätte. Sogar Stephen fühlte sich in den wenigen Atempausen, in denen er nicht gerade im St. Thomas Hospital ausgezogen wurde und sich als Übungsperson zur Verfügung stellen mußte, angesichts der schier unlösbaren Aufgabe, einen erfolgversprechenden Plan für James auszuhecken, allmählich entmutigt.
Die Trident landete in Nizza um 13.40 Uhr; die Bahnfahrt von Nizza nach Monte Carlo dauerte weitere zwanzig Minuten. Die Mitglieder des Teams schlugen getrennte Wege zu dem eleganten Hôtel de Paris an der Place du Casino ein.
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