Es ist nicht alles Gold was glänzt
Belvedere Arms zusammen, nicht ganz eine Meile von der Rennbahn entfernt.
Stephen telefonierte sogleich mit Jean-Pierre, um ihm zu bestätigen, daß sie alle drei angekommen seien, und ihn zu bitten, ihm das Telegramm vorzulesen.
»In Ordnung, Jean-Pierre. Jetzt fährst du nach Heathrow und schickst es Punkt 13 Uhr ab.«
»Viel Glück, Stephen. Gib dem Halunken Saures.«
Stephen ging zurück zu den anderen und berichtete, daß Jean-Pierre dabei sei, die Londoner Sache zu erledigen.
»Jetzt ab mit dir, James. Sobald Harvey kommt, gibst du uns sofort Bescheid.«
James stürzte eine Flasche Carlsberg hinunter und machte sich auf den Weg. Das Dumme war, daß er fortwährend auf Freunde stieß, denen er doch kaum erklären konnte, was er vorhatte.
Harvey fuhr kurz nach Mittag auf dem Mitgliederparkplatz in seinem weißer als weiß strahlenden Rolls-Royce vor, der von der Menge – wie Harvey glaubte, bewundernd, in Wirklichkeit aber mit britischer Verachtung strafend – angestarrt wurde. Er führte seine kleine Gesellschaft zu seiner Loge. Sein neugeschneiderter Anzug hatte die Geschicklichkeit Bernard Weatherhills bis aufs äußerste strapaziert. Mit der roten Nelke im Knopfloch und dem Hut, der seinen kahlen Schädel bedeckte, war er für James kaum wiederzuerkennen; dieser folgte der kleinen Gruppe aus sicherer Entfernung, bis er Harvey durch eine Tür mit der Aufschrift ›Mr. Harvey Metcalfe und Gäste‹ hindurchgehen sah.
»Er ist in seiner Privatloge«, meldete James.
»Und wo bist du?« fragte Adrian.
»Direkt darunter, zu ebener Erde, bei einem Rennbahn-Buchmacher namens Sam O'Flaherty.«
»Mach jetzt aber bloß keine ungezogenen Bemerkungen über die Iren, James«, sagte Adrian. »Wir sind in ein paar Minuten bei dir.«
James starrte hinauf zu der großen weißen Tribüne, die 10.000 Zuschauer bequem aufnehmen konnte und ihnen einen ausgezeichneten Überblick über die Rennbahn verschaffte. Er konnte sich nur schwer auf seine Aufgabe konzentrieren, da er auch hier wieder ständig Verwandten und Freunden aus dem Weg gehen mußte: zuerst dem Earl of Halifax und dann jenem schrecklichen Mädchen, das zum Queen Charlotte's Ball zu begleiten er sich im Frühling sehr unklugerweise bereit erklärt hatte. Wie war doch noch der Name dieses Geschöpfes gewesen? Ach ja: The Honourable Selina Wallop … Sie trug einen Minirock, der seit gut vier Jahren aus der Mode war, und einen Hut, der nicht danach aussah, als ob er jemals in Mode käme. James zog energisch seinen Filzhut tiefer ins Gesicht, schaute in die entgegengesetzte Richtung und vertrieb sich die Zeit, indem er mit Sam O'Flaherty über die um 15.20 Uhr stattfindenden King George VI and Queen Elizabeth Stakes plauderte. O'Flaherty unterrichtete ihn über den neuesten Stand der Wetten auf den Favoriten.
»Rosalie jetzt bei 6:4 … Besitzer dieser Amerikaner, Harvey Metcalfe. Wird geritten von Pat Eddery.«
Eddery war auf dem besten Weg, der jüngste Jockeychampion zu werden, den die Welt je gesehen hatte, und Harvey besaß eine Vorliebe für Sieger.
Stephen und Adrian traten zu James und Sam O'Flaherty, dessen Buchmachergehilfe auf einer umgedrehten Orangenkiste neben ihm stand und seine Arme schwenkte wie ein signalisierender Matrose auf einem sinkenden Schiff.
»Auf wen wollen Sie setzen, Gentlemen?« fragte Sam die drei.
James übersah Stephens mißbilligendes Stirnrunzeln.
»Fünf Pfund Sieg und Platz auf Rosalie«, sagte er, reichte eine knisternde Zehn-Pfund-Note herüber und erhielt dafür eine kleine grüne Karte mit der Seriennummer darauf und ›Sam O'Flaherty‹ quer über die ganze Karte gestempelt.
»Ich nehme an, James, daß dies ein wesentlicher Bestandteil deines bisher noch unenthülten Projekts ist«, sagte Stephen. »Es würde mich interessieren, zu erfahren, wieviel es uns einbringen wird, falls es funktioniert.«
»9,10 Pfund nach Abzug der Steuer, wenn Rosalie siegt«, fiel O'Flaherty ein, und während er sprach, wippte die dicke Zigarre in seinem Mund auf und ab.
»Ungeheurer Beitrag zu einer Million Dollar, James. Wir gehen nun zur Members' Enclosure. Benachrichtige uns sofort, wenn Harvey seine Loge verläßt. Ich vermute, das dürfte so um 13.45 Uhr sein – dann wird er sich die Pferde und Reiter für das 14-Uhr-Rennen ansehen wollen –, so daß wir also noch eine gute Stunde Zeit haben.«
Der Kellner öffnete eine weitere Flasche Champagner Krug 1964 und begann, Harveys Gästen einzuschenken: drei Bankiers,
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