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Es ist niemals vorbei

Es ist niemals vorbei

Titel: Es ist niemals vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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lange nicht «verschwunden», sondern lediglich fortgeblieben sei, und das meist aus gutem Grund, selbst wenn man den noch nicht kannte.
    Ich entdeckte Billy im zweiten Stock des Ermittlungsbüros. Er hatte die Füße auf den Tisch gelegt und tippte mit dem Daumen etwas in sein iPhone. Auf einem zerknitterten Stück Wachspapier lag die Hälfte eines fettigen Bagels mit Ei.
    «Wie alt ist dieser Bagel?», erkundigte ich mich, zog einen Stuhl vom Nachbartisch heran und ließ mich neben Billy nieder.
    «Karin!»
    Mit einem Ruck setzte Billy sich auf und sah plötzlich aus wie ein Kind, das man bei etwas Verbotenem ertappt hatte. Ringsum war es ganz still. Die ganze Arbeit, der ganze Rummel hatten in der Nacht stattgefunden, und weil es Samstag war, würden sie erst am Abend wieder einsetzen, sodass im Moment noch die Ruhe vor dem Sturm herrschte. Nur eine einsame Gestalt hockte apathisch in der Aufbewahrungszelle am anderen Ende des Raums; alle anderen waren vermutlich abgefertigt und zur Sicherheitsverwahrung in die Justizanstalt von Brooklyn überstellt worden, die allgemein nur «das Haus» genannt wurde.
    «Hast du noch immer nichts von ihm gehört?»
    Ich schüttelte den Kopf. «Wenn du wüsstest, was für Sorgen ich mir mache.»
    Billy legte sein iPhone im Papierchaos seines Schreibtischs ab. Ich sah, dass er eine Runde Sudoku gespielt hatte. «Logisch», sagte er. «Mir gefällt das auch nicht.»
    Irgendwie war ich enttäuscht, dass Billy sich nicht auf seine Erfahrung berief und erklärte, dass es keinen Grund dafür gäbe, gleich den Teufel an die Wand zu malen. Aber natürlich konnte er sich die Mühe sparen, schließlich wusste ich noch von früher, dass das nur eine Floskel war. Und er wusste ebenso gut wie ich, dass Mac kein Mensch war, der sang- und klanglos verschwand.
    «Ich habe seine Schwester und seine Freunde angerufen», sagte ich. «Seit gestern Morgen hat niemand etwas von Mac gehört. Keinem hatte er erzählt, dass er noch irgendwohin wollte. Wenn überhaupt, hat er gesagt, dass er nach der Arbeit sofort nach Hause gehen würde.»
    «Hast du es bei Val versucht? Immerhin waren die beiden ziemlich lange verheiratet.» Dabei bewahrte Billy eine neutrale Miene, so wie man es tut, wenn man etwas andeutet, an dem der andere Anstoß nehmen könnte. «Man weiß ja nie.»
    «Ich habe Vals Nummer nicht gespeichert.»
    Billy wandte sich seinem Computer zu und suchte Vals Telefonnummer heraus. «Möchtest du sie anrufen, oder soll ich es tun?»
    Ich las die Ziffern von seinem Bildschirm ab und wählte sie auf meinem Handy. Nach fünfmaligem Läuten meldete sie sich. Sie klang schaftrunken.
    «Val, ich bin’s, Karin Schaeffer. Tut mir leid, wenn ich dich aufgeweckt habe.» Am anderen Ende wurde geraschelt, und dann fiel etwas zu Boden. «Soll ich später noch einmal anrufen?»
    «Ach was, mir ist nur die Brille heruntergefallen. Warte mal.» Der Hörer wurde klappernd abgelegt. Dann meldete sie sich wieder. «Also, was gibt’s?»
    «Entschuldige, dass ich dich so früh am Samstagmorgen behellige –»
    «Kein Thema. Um was geht es denn?»
    «Um Mac – ist er bei dir?»
    «Nein. Wieso?»
    «Hast du gestern etwas von ihm gehört?»
    «Ich habe seit der Beerdigung nicht mehr mit ihm gesprochen.» Val machte eine Pause. «Er leidet an Depressionen, oder?»
    «Ich glaube schon. Hast du das gemeint, als du von dem ‹schwarzen Loch› gesprochen hast?»
    «Ja. Es gibt Zeiten, da verschlingt es ihn förmlich, aber das dauert höchstens ein paar Tage. Dann hat er seinen Kummer verarbeitet und krabbelt wieder aus dem Loch heraus. Ich weiß, wie schrecklich sein Absinken ist, aber irgendwann hat er diese Stimmung überwunden, und alles ist wieder im Lot.»
    «Und warum hat mir nie jemand etwas davon erzählt?»
    «Das tut mir leid. Ich habe es auch erst nach fünf Ehejahren entdeckt.»
    «Kein Problem», sagte ich betont gelassen, aber in Wahrheit passte es mir überhaupt nicht, von der Exfrau meines Mannes über dessen Stimmungsschwankungen aufgeklärt zu werden. Ich kam mir vor wie eine Idiotin.
    «Hast du Macs Freund Stan schon angerufen? Eine Zeitlang haben die beiden sich sehr nahegestanden.»
    «Den Bildhauer mit dem Schuppen –»
    «– hinter dem Haus. Ja, genau den meine ich. Hast du seine Telefonnummer?»
    Ich notierte mir Stans Nummer. Ein Funken Hoffnung glomm in mir auf.
    «Vielen Dank, Val. Für alles, meine ich.»
    «Keine Ursache. Sag mal, hast du das mit Danny gehört?»
    «Ja, gestern Morgen

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