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Es ist niemals vorbei

Es ist niemals vorbei

Titel: Es ist niemals vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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hatte
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    Trotz der Kälte aus der Klimaanlage lief ihm der Schweiß in Rinnsalen von der Stirn. Und auch ich spürte, dass ich in Schweiß gebadet war.
    «Was wollen Sie?» Ich sprach jetzt bemüht ruhig. Das hatte ich in der Polizeischule gelernt: Wenn man in einer brenzligen Situation mit einem Kriminellen spricht, muss man versuchen zu verhandeln. Vor allem aber muss man reden, möglichst von Mensch zu Mensch. Eine tolle Regel, wenn es funktionierte. Sonst war es eine Katastrophe.
    Das Hemd des Mannes stand offen. Da war sie, die tätowierte Dahlie unter seinem Schlüsselbein. Ehe ich etwas sagen oder ihn anflehen und um mein Leben bitten konnte, hob er den Arm und zeigte mir seine Waffe.
    Mein Herzschlag setzte aus.
    Er beugte sich vor und drückte mir die kalte Mündung an die Stirn.
    Mein Gehirn stellte seine Arbeit ein.
    Ich sah nur noch seinen Finger am Abzug und die kleinen Fettpolster, die links und rechts des stählernen Flügels hervorquollen.
    Ich schloss die Augen. Und wartete.

Neun
    Jäh schreckte ich aus meinem Schlaf auf. Die Haut meines Gesichts juckte und fühlte sich gleichzeitig taub an.
    Aber als ich mir die Wange kratzen wollte, ging es nicht.
    Meine Augen ließen sich nicht öffnen.
    Mein Mund war wie zugeklebt.
    Ich bekam Platzangst, aus der schlagartig Panik wurde. Offenbar hatte man mich geknebelt, mir die Augen verbunden und Hände und Füße auf dem Rücken zusammengebunden. Ich lag auf der Seite auf der bloßen Erde, allein, irgendwo in einer Höhle, denn es roch hier feucht und modrig. Mein Magen hob sich bedrohlich. Ich bezwang den Drang, mich zu übergeben, denn ich wollte nicht ersticken. So viel war mir wenigstens noch klar, und daran hielt ich mich fest. Ich musste unbedingt durch die Nase atmen, das war das Einzige, was ich tun konnte. Wenn ich das schaffte, würde ich vielleicht überleben.
    Wo ich war, wusste ich nicht. Es musste in Mexiko sein, wahrscheinlich irgendwo in der Umgebung von Cancún. Wie ich in diesem Loch gelandet war, konnte ich mir nicht erklären. Aber ich lebte, und das war mehr, als ich beim Anblick der Waffe im Auto erwartet hatte. An diesen Moment erinnerte ich mich noch in aller Deutlichkeit, ebenso wie an die reine Todesangst, die ich hatte.
    Tatsache war, dass jener Fremde mich nicht erschossen hatte. Daraus schloss ich, dass das auch nicht sein Auftrag gewesen war. Der Drahtzieher dieser seltsamen Sache war er also wohl nicht. Aber er hatte die tätowierte Dahlie auf der Brust. Ebenso wie Mac. Arbeiteten die beiden für denselben Menschen? Der mich lebend wollte?
    Ich musste von hier weg!
    Ich zerrte an meinen Fesseln und wälzte mich verzweifelt hin und her. Die Luft war stickig und heiß. Es dauerte nicht lange, bis sich auf meiner Haut eine klebrige Schweißschicht bildete. Ich versuchte, die Fesseln abzustreifen, aber sie saßen fest und gaben nicht nach. Nach ein paar Minuten vergeblicher Mühe legte ich mich, so gut es ging, zurück und versuchte, ruhig zu atmen.
    Wo war ich?
    Mit jedem Atemzug sog ich Schimmelsporen ein, die sich auf meine Lunge legten. Unterdessen rasten meine Gedanken.
    War es Tag oder Nacht?
    Seit wann lag ich hier schon?
    Worüber war ich bei meinen Nachforschungen im Collins gestolpert?
    War Ethan umgebracht worden, weil er mit mir gesprochen hatte?
    Irgendjemand wollte verhindern, dass ich etwas erfuhr. Aber was?
    Was konnte derart geheim sein, dass ich es nicht entdecken durfte?
    Und wie passte Mac in die ganze Geschichte? Wenn er überhaupt dazugehörte.
    Aber da waren immer noch die tätowierten Dahlien. Die hatten der Fahrer und Mac.
    Also gehörte Mac dazu. Irgendwie.
    Aber warum war Ethan ermordet worden?
    Warum hatte man mich entführt?
    Und warum hatte man mich am Leben gelassen?
    Wie eine beschädigte Festplatte produzierte mein Gehirn nur noch Fragmente, spuckte Sätze aus und raste in immer größer werdendem Tempo auf den Zusammenbruch zu. Einen Weg aus meiner Lage zu finden, dieser Gedanke war schlichtweg absurd.
    Ich hatte einen Fehler gemacht, einen
tragischen Fehler
. Das Schlimmste daran war, dass, falls mir die Flucht nicht gelang – was ziemlich wahrscheinlich war – und sie mich töteten …
    Dann würde Ben Vollwaise werden.
    Natürlich blieb ihm noch meine Mutter, aber sie war nicht mehr jung. Was, wenn sie nicht lange genug lebte, um ihn großzuziehen?
    Dann wären da noch Jon und Andrea. Sie konnten ihn aufziehen, zusammen mit ihren Kindern. Ben würde ihr neuer Bruder. Und er würde sich an

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