Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
Vom Netzwerk:
250 Metern ein einsames Waldgebiet zwischen Limoges und Clermont-Ferrand. Es beschrieb einen gewaltigen Bogen und überflog das Waldgebiet zum zweitenmal. Darauf flammten in der Tiefe zwei Feuer auf, dann drei rote Lichtpunkte und endlich ein weißes Taschenlampensignal.
    In der Kanzel des Flugzeuges mit den blau-weiß-roten RAF -Kreisen saßen zwei deutsche Luftwaffenpiloten und ein deutscher Luftwaffenfunker. Hinter ihnen stand ein Mann in erdbraunem Overall, made in England, einen Fallschirm englischen Fabrikats umgeschnallt.
    Der Mann besaß hervorragend gefälschte britische Personalpapiere auf den Namen Robert Almond Everett, ebenso einen Militärpaß, dem zufolge er den Rang eines Captains hatte. Er trug einen Walroßschnauzbart und lange, dichte Koteletten. Zudem hatte er bei sich: englische Zigaretten, englische Konserven und englische Medikamente.
    Der Flugzeugführer sah sich nach ihm um und nickte. Thomas Lieven zog seine altmodische goldene Repetieruhr aus der Kombination und ließ den Deckel aufspringen. 0.28 Uhr.
    Mit Hilfe des Funkers warf er ein umfangreiches Paket an einem Lastenfallschirm aus der offenen Sprungluke. Dann trat er selbst in die Luke. Der Funker gab ihm die Hand.
    Und dann, während er sich duckte, wie er es gelernt hatte, tat Thomas einen Schwur: Wenn ich davonkomme, wenn ich Dantes Villeforte noch einmal begegne auf dieser Welt, dann will ich dich rächen, Chantal, dann will ich dich rächen. Er sagte sinnlos vor sich hin: »Ich hab’ dich so lieb, Chantal.«
    Dann warf er die Arme auseinander und sprang, auf die linke Tragfläche zu, hinaus in die dunkle Nacht …
    In den ersten zehn Sekunden seines Sturzes dachte er folgendes: Junge, Junge, Junge! Also, wenn ich das jemals in meinem Londoner Club erzähle, bringen sie mich sofort in die Klapsmühle! Es ist nicht zu fassen. Beinahe vier Jahre lebe ich nun schon in dieser Welt des Wahnsinns. Den englischen, deutschen und französischen Geheimdienst habe ich übers Ohr gehauen – ich, ausgerechnet ich, ein Mann, der immer nur den Wunsch hatte, in Frieden zu leben, gut zu essen und schöne Frauen zu verehren! In Lissabon habe ich Pässe fälschen gelernt. In Marseille habe ich eine Universität für Ganoven gegründet. Der Not gehorchend, nicht der eigenen Tugend. Junge, Junge, Junge.
    Unter sich sah Thomas auf einer kleinen Lichtung zwei Feuer lodern und die roten Punkte von drei Taschenlampen.
    Während der zweiten zehn Sekunden seines Sturzes dachte er folgendes: In dem Dreieck zwischen den roten Punkten muß ich landen. Da ist die Lichtung frei von Bäumen. Wenn ich nicht in dem Dreieck lande, ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß ich einen Eichenast in den … Mein Gott, und ich werde in diesem Monat erst vierunddreißig! Bißchen mit den Armen rudern. Na prima. Wieder über dem Dreieck. Ordentliche französische Partisanen sind das, die da unten die roten Taschenlampen halten. Sie glauben, ich werde von Colonel Buckmaster aus London zu ihnen geschickt. Wenn sie eine Ahnung hätten, daß ich von Admiral Canaris aus Berlin zu ihnen geschickt werde …
    In den letzten zehn Sekunden seines Sturzes dachte er folgendes: So ein Walroßschnurrbart ist aber wohl das Widerlichste, was es gibt! Also wahrhaftig! Dauernd kommen einem die Haare in den Mund. Und dazu noch lange Koteletten. Die Brüder von der Abwehr haben mich gezwungen, mir beides wachsen zu lassen. Walroßbart und Koteletten. Typisch Geheimdienst! Damit ich englisch aussehe. Als ob ein echter englischer Captain, wenn er die Absicht hätte, in geheimer Mission über dem von den Deutschen besetzten Frankreich abzuspringen, sich nicht schleunigst Koteletten und Walroßbart abschneiden würde, um weniger englisch auszusehen. Trottel alle miteinander. Sollen sie mir doch …
    Schmerzhaft knallte Thomas Lieven, alias Captain Everett, auf der Erde auf. Er fiel aufs Gesicht, bekam eine ordentliche Portion Schnurrbarthaare in den Mund und besann sich im allerletzten Augenblick darauf, daß er englisch fluchen mußte, nicht deutsch.
     
    Dann richtete er sich langsam auf. Beleuchtet von den beiden flackernden Holzfeuern standen vier Menschen vor ihm, drei Männer und eine Frau. Sie trugen alle Windjacken.
    Eine hübsche junge Frau war das. Blondes Haar, streng nach hinten genommen. Hohe Backenknochen, schräge Augen. Schöner Mund. Von den drei Männern war einer klein und fett, einer groß und hager und einer behaart wie ein Steinzeitmensch.
    Der kleine Fette sprach Thomas

Weitere Kostenlose Bücher