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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Wehrmacht die – natürlich planmäßige – Räumung der Insel Sizilien bekannt. Außerdem hieß es, am mittleren Donez wären die Sowjets nach heftiger Artillerievorbereitung zum – natürlich lang erwarteten – Angriff angetreten.
    In einer Großkundgebung der Landesgruppe Frankreich der NSDAP sprach Gauleiter Sauckel am gleichen Tag in Paris. Er führte unter anderem aus, daß das deutsche Volk im Augenblick seine größte und strahlendste Epoche erlebe. Der Endsieg, erklärte Sauckel, sei gewiß. Deutschland stehe im vierten Kriegsjahr ganz anders da als seinerzeit im Ersten Weltkrieg. Eher stürze darum die Welt ein, als daß Deutschland diesen Krieg verlieren könne.
    Zur gleichen Zeit, da Gauleiter Sauckel dem Führer mit einem dreifachen Sieg-Heil dafür dankte, daß er das deutsche Volk zu solch einsamer Höhe und Größe geführt hatte, rief Oberst Werthe in seinem Büro im Hotel »Lutetia« den Hauptmann Brenner und den Sonderführer Lieven zu sich.
    »Meine Herren«, sprach der Oberst, »ich habe soeben aus Berlin die entsprechenden Weisungen erhalten. Hauptmann Brenner, für Ihre Verdienste um die Liquidierung des ›Maquis Crozant‹ werden Sie rückwirkend zum 1. August zum Major befördert. Im Namen des Führers und Obersten Befehlshabers verleihe ich Ihnen ferner das Kriegsverdienstkreuz Erster Klasse mit Schwertern.«
    Das war des kleinen Hauptmanns Brenner große Stunde! Seine Augen leuchteten hinter den blitzenden Brillengläsern wie die eines glücklichen Kindes am Heiligen Abend. Er stand stramm, Bauch hinein, Brust heraus!
    »Bravo!« sagte der Zivilist Lieven, der an diesem Tag einen hervorragend geschnittenen blauen Sommeranzug, ein weißes Hemd und eine matt grau-rosa gestreifte Krawatte trug. »Ich gratuliere, Herr Major!«
    Der neugebackene Major Brenner sagte beschämt: »Natürlich verdanke ich das alles nur Ihnen.«
    »Unsinn!«
    »Nein, kein Unsinn, Ihnen allein! Und ich gestehe, daß ich oft gegen Sie gewesen bin bei dieser Operation, daß ich die ganze Sache für verrückt hielt, daß ich kein Vertrauen zu Ihnen hatte …«
    »Wenn Sie von nun an Vertrauen zu mir haben, dann ist alles gut«, sagte Thomas versöhnlich. In der Tat: Von Stund an verfügte Thomas in Major Brenner über einen ergebenen Bewunderer, der vor den verrücktesten und gewagtesten Operationen seines seltsamen Sonderführers nicht mehr zurückschrecken sollte. Oberst Werthe hatte die Spange zum Eisernen Kreuz Erster Klasse erhalten. »Das Kreuz habe ich schon aus dem Ersten Weltkrieg«, erklärte er.
    »Sehen Sie«, sagte Thomas zu dem frischgebackenen Major Brenner, »wir haben zwei Weltkriege so knapp nacheinander begonnen, daß ein kräftiger, gesunder Mensch durchaus das Glück haben kann, sie beide in ihrer heroischen Größe zu erleben.«
    »Schnauze«, sagte der Oberst. »Was machen wir überhaupt mit Ihnen, Sie komischer Sonderführer? Sie sind Zivilist.«
    »Das möchte ich auch bleiben.«
    »Aber ich habe hier eine Anfrage aus Berlin. Sagen Sie mir, welche Auszeichnung Sie gerne hätten.«
    »Mich kann man mit Orden nicht glücklich machen, Herr Oberst«, antwortete unser Freund darauf. »Aber wenn ich eine Bitte äußern darf …«
    »Sprechen Sie!«
    »… dann wünsche ich mir ein anderes Betätigungsfeld. Ich will nicht mehr zur Partisanenbekämpfung eingesetzt werden, meine Herren. Ich bin ein Mensch, der gerne lacht und fröhlich ist. In den letzten Wochen verging mir das Lachen. Ich möchte, wenn ich schon für Sie arbeiten muß, eine Arbeit, die kurzweiliger ist und amüsanter.«
    »Ich glaube, da habe ich genau das Richtige für Sie, Sonderführer Lieven.«
    »Nämlich, Herr Oberst?«
    »Den französischen schwarzen Markt«, sagte Werthe. Und in der Tat waren von diesem Augenblick an – für eine Zeit wenigstens – alle dunklen Wolken von Thomas Lievens Lebenshorizont verschwunden, und kopfüber purzelte unser Freund hinein in einen Karneval grotesker neuer Abenteuer …
    »Niemals in der Geschichte der Menschheit hat es einen so großen, so verrückten und so gefährlichen schwarzen Markt gegeben wie heute hier in Paris«, sagte Oberst Werthe. Staunend erfuhr Thomas, was sich hinter der heiteren Fassade der Lichterstadt an der Seine begab: »Hier kauft einfach alles ein: die Organisation Todt, die Marine, die Luftwaffe, das Heer, der Wehrmachtkraftfahrzeugpark – und jetzt hat sich auch noch der SD eingeschaltet.«
    Reichsmarschall Göring, berichtete Werthe, hatte empfohlen,

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