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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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hinzu und lasse das Ganze etwa eine Stunde einkochen. Beim Anrichten wird das Gericht auf eine Schüssel gestürzt.
    »Certainly not …«
    »Mr. Murphy, ich bin ganz ehrlich. Hatte erst vorige Woche furchtbaren Ärger. Wäre fast bis zum Führer gegangen. Haben da doch ein paar Übereifrige bei Amiens zwei Herren von der schwedischen Militärmission festgenommen und durchsucht. Gräßlicher Krach! Mußte mich persönlich entschuldigen. War mir vielleicht eine Warnung. So was passiert mir nicht zum zweitenmal. Haben Sie schon gegessen, Mr. Murphy?«
    »N-Nein …«
    »Darf ich Sie vor Ihrer Abfahrt einladen? Schlichte Kriegerkost. Die Hotelküche funktioniert noch nicht. Und bei ›Prunier‹ wird heute wohl noch geschlossen sein, hahaha!«
    »Hahaha!«
    »Also dann – kleiner Schlag aus deutscher Gulaschkanone?«
    »Wenn ich nicht störe?«
    »Ist mir doch eine Freude! Kogge, noch ein Gedeck! Den Herrschaften drüben lassen Sie auch was bringen …«
    »Jawohl, Herr General!«
    Fünf Minuten später …
    »Bißchen eintönig, der Fraß, was, Mr. Murphy?«
    »Oh no, entsprechend die Umstände es schmecken delikat …«, sagte Thomas Lieven, der allmählich seine Fassung wiederfand.
    »Ich weiß nicht, was das ist; die Kerle können keinen Eintopf machen!« ärgerte sich der General.
    »General«, sagte Thomas Lieven sanft, »ich möchte mich gerne revanchieren für Ihre Freundlichkeit und Ihnen geben einen kleinen Tip …«
    »Donnerwetter, Mr. Murphy, Sie sprechen phantastisch Deutsch!«
    Das ist ein lebensgefährliches Kompliment, dachte Thomas und ließ rapide in seinen Sprachkenntnissen nach. »Thank you, General. Meine Kinderfräulein sein gewesen eine mecklenburgische Amme. Ihre speciality waren mecklenburgische Eintöpfe …«
    »Interessant, was, Kogge?« sagte der General zu seinem Adjutanten.
    »Jawohl, Herr General!«
    »Sehr zu Unrecht«, dozierte Thomas Lieven und gab sorgsam auf amerikanischen Akzent acht, »sein die Eintopf geraten in Verruf. Gerne will ich erklären, wie man herstellt eine original mecklenburgische Eintopf. Aber auch Kartoffelgulasch läßt sich machen als Delikatesse!« Thomas senkte die Stimme: »Zuvor eine Frage, die mich bewegt schon seit langer Zeit. Herr General, stimmt es, daß man beimengt der deutschen Soldatenkost – hm –
Soda

    »Das ist ein Gerücht, das sich hartnäckig behauptet. Ich kann dazu nichts sagen, ich weiß es nicht. Immerhin sind die Leute oft monatelang unterwegs, fern ihren Frauen, fern … Ich brauche nicht weiterzusprechen.«
    »Keinesfalls, Herr General! Wie dem auch immer sei: Auf jeden Fall werden helfen Zwiebeln.«
    »Zwiebeln?«
    »Das A und O beim Kartoffelgulasch, Herr General: Zwiebeln! In Frankreich, weiß Gott, es gibt genug davon! Der Trick ist ganz einfach: Man nehme ebensoviel Pfund Zwiebeln wie Rindfleisch, Majoran, kleingehackte, süß-saure Gurken und …«
    »Einen Moment bitte, Mr. Murphy! Kogge, schreiben Sie mit, ich will das dem Generalquartiermeister zukommen lassen!«
    »Jawohl, Herr General!«
    »Also«, sagte Thomas Lieven, »Man lasse glasig dünsten in Fett Zwiebeln, salze gut und würze mit Paprika …« Er diktierte, bis es klopfte und eine Ordonnanz erschien. Geflüster zwischen der Ordonnanz und dem General – dann verschwanden beide.
    Thomas diktierte sein Eintopfrezept weiter.
    Nach zwei Minuten kehrte der General zurück.
    Er sprach leise und eisig: »Ich habe den Oberleutnant Zumbusch vorhin angerüffelt. Das ließ ihm keine Ruhe. Er hat mit der amerikanischen Botschaft telefoniert. Ein gewisser Mr. Murphy ist dort völlig unbekannt. Haben Sie dafür eine Erklärung, Mr. Murphy?«
    2
    Vor dem Hotel rollten noch immer schwere Panzer und Militärfahrzeuge vorbei. Das Rasseln ihrer Ketten und das Brummen ihrer Motoren klangen überlaut in Thomas Lievens Ohren.
    Es geschah in einer Reflexbewegung, daß er seine Repetieruhr zog und das Schlagwerk tönen ließ: zwölf Schläge und zwei. Reglos verharrte der General. Thomas überlegte in wahnsinniger Schnelligkeit, während die silbernen Schläge tönten. Es hilft nichts, dachte er, ich muß das Äußerste riskieren …
    »Nun gut. Es bleibt mir nichts anders übrig. Obwohl ich damit gegen strengsten Befehl handle … Ich bitte Herrn General um eine Unterredung unter vier Augen.« Er sprach jetzt akzentfreies Deutsch.
    »Hören Sie mal, Mr. Murphy, oder wie Sie heißen, ich warne Sie! So ein Standgericht tritt schnell zusammen.«
    »Fünf Minuten unter

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