Es muß nicht immer Kaviar sein
gesagt, unsere achtundvierzig guten Sterne!«
Dumpf sagte der Oberst im Fond: »Fliehen wie ein Feigling. Hierbleiben und kämpfen müßte man!«
»Jules«, sagte Mimi freundlich, »der Krieg ist doch schon längst verloren. Wenn sie dich erwischen, stellen sie dich nur an die Wand.«
»Es wäre ehrenvoller«, sagte der Oberst.
»Und dümmer«, sagte Thomas. »Ich bin gespannt, wie dieser ganze Wahnsinn weitergeht. Ehrlich gespannt!«
»Wenn die Deutschen Sie erwischen, kommen Sie auch an die Mauer«, meinte der Oberst.
»Die Deutschen«, erklärte Thomas, während er in einen wenig befahrenen Seitenweg einbog und in einen kleinen Wald hineinfuhr, »haben den Ring um Paris zu drei Vierteln geschlossen. Das offene Viertel liegt etwa zwischen Versailles und Corbeil. Es ist das Viertel, in dem wir uns befinden.«
»Und wenn auch in diesem Viertel schon Deutsche sind?«
»Vertrauen Sie mir. Auf dieser unbedeutenden Seitenstraße und in diesem Viertel gibt es keine Deutschen. Nicht einen einzigen.« Der Wald trat zurück und gab den Blick ins flache Land hinein frei. Über die unbedeutende Seitenstraße bewegte sich eine lange Kolonne von deutschen Panzerspähwagen mit aufgemalten Balkenkreuzen auf sie zu.
Mimi schrie.
Oberst Siméon stöhnte.
Thomas Lieven sagte: »Was machen denn die hier? Die müssen sich verirrt haben …«
»Es ist alles verloren«, sagte der Oberst wachsbleich.
»Fangen Sie nicht schon wieder an, Sie machen mich ganz nervös!«
Jules Siméon erklärte erstickt: »In meiner Aktentasche befinden sich geheime Dossiers und Listen mit Namen und Adressen sämtlicher französischer Agenten.«
Thomas schnappte nach Luft. »Sie sind wohl verrückt geworden? Wozu schleppen Sie das Zeug mit sich?«
Der Oberst schrie los: »Ich habe Befehl von General Effel, diese Listen unbedingt nach Toulouse zu bringen und dort einer bestimmten Persönlichkeit zu übergeben, koste es, was es wolle!«
»Hätten Sie das nicht früher sagen können?« brüllte ihn Thomas an.
»Wenn ich es früher gesagt hätte, hätten Sie mich mitgenommen?«
Thomas mußte lachen. »Da haben Sie auch recht!«
Eine Minute später trafen sie mit der deutschen Kolonne zusammen.
»Ich habe eine Pistole«, flüsterte der Oberst, »solange ich lebe, kommt niemand an die Tasche heran.«
»Die paar Minuten werden die Herren gerne warten«, sagte Thomas und stellte den Motor ab.
Staubige deutsche Landser kamen neugierig näher. Aus einem Kübelwagen stieg ein schlanker, blonder Oberleutnant. Er trat an den Chrysler heran, hob eine Hand an die Mütze und sagte: »Guten Tag. Darf ich um Ihre Papiere bitten?«
Mimi saß da wie gelähmt. Sie brachte kein Wort hervor. Die Landser umringten den Chrysler nun von allen Seiten.
»It’s okay«, sagte Thomas Lieven hochmütig. »We are Americans, see?«
»I can see the flags«, sagte der blonde Oberleutnant in bestem Englisch. »And now I want to see your papers!«
»Here you are«, sagte Thomas Lieven und überreichte ein Dokument.
Oberleutnant Fritz Egmont Zumbusch zog den amerikanischen Diplomatenpaß wie eine Ziehharmonika auseinander, betrachtete stirnrunzelnd das Papier, dann den eleganten jungen Herrn, der unendlich blasiert und gelangweilt am Steuer des schweren schwarzen Wagens saß.
Der rotblonde Zumbusch sagte: »Your name is William S. Murphy?«
»Yes«, antwortete der junge Herr, gähnte, hob aber wohlerzogen eine Hand vor den Mund.
Wenn man nicht William S. Murphy, sondern Thomas Lieven heißt, wenn man als Agent des französischen Geheimdienstes auf der schwarzen Liste des deutschen Geheimdienstes steht und aparterweise gerade mitten in einer Panzerspähwagen-Kolonne der Deutschen Wehrmacht gelandet ist, wenn man zudem eine kleine französische Freundin und einen hohen Offizier des »Deuxième Bureau« in Zivil im Wagen hat und wenn man schließlich weiß, daß dieser Offizier in einer schwarzen Ledertasche geheime Dossiers und Listen mit Namen und Adressen sämtlicher französischer Agenten mit sich führt – tja, dann tut man auch gut daran, scheinbar unendlich blasiert und gelangweilt zu sein!
Mit gepreßter Höflichkeit reichte Oberleutnant Zumbusch den Diplomatenpaß zurück. Immerhin waren die Vereinigten Staaten an diesem glutheißen 13. Juni 1940 noch neutral. Immerhin wollte Zumbusch, einundzwanzig Kilometer vor Paris, keinen Ärger. Aber er war unglücklich verheiratet und darum gern Soldat. So sagte er pflichtbewußt: »Den Paß der Dame, bitte!«
Die
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