Es soll Liebe sein: Roman (German Edition)
blieb unwillkürlich der Atem stehen. Honor ebenfalls. Dies war früher eine vollkommen ansehnliche Wohnküche, mit einer Glastür, die in den hübschen, überwucherten Garten führte. Nun war es das Hauptquartier der Chaosgesellschaft. Der Boden, das Sofa und der Tisch waren mit mehreren Lagen Notenblättern übersät, die Ben mit seinem komplizierten System aus Pfeilen und Gekritzel versehen hatte. Auf den Notenblättern lagen Fritzens Gewichte, Hunderte schmutziger Becher (das einzige sichtbare Geschirr) und Teile eines Fahrrads. Um den übervollen Mülleimer lagen zerquetschte Bierdosen und zerdrückte Tetra Paks verstreut.
Und auf dem Sofa, mitten zwischen den Girlanden aus Notenblättern, lehnte Fritz – splitternackt.
»Gütiger Himmel«, sagte er. Er riss ein Kissen über sein Geschlecht und brach in Lachen aus. »Meine liebe Grimble – verzeih mir, wenn ich nicht aufstehe. Mum, bist du verrückt geworden?«
»Ich hole dir einen Bademantel«, sagte Phoebe, vor Lachen bebend. »Honor, es tut mir so Leid – ich hätte die Jungen vorwarnen sollen. Fritz, dies ist Cassies Freundin Honor Chappell.«
»Freut mich, Honor«, sagte Fritz. »Diese Situation tut mir Leid. Ich kenne Sie vermutlich, oder?«
»Ich war Cassies Mitbewohnerin in Oxford«, sagte Honor steif.
»O Gott, ja, natürlich. Tut mir Leid. Wie geht es Ihnen?«
»Gut.«
»Mum, um Himmels willen, such mir etwas, womit ich mich bedecken kann.«
Phoebe, vor Kichern hilflos, verschwand in Fritzens Schlafzimmer. Das Kichern brach abrupt ab und wurde von einem entsetzten Keuchen ersetzt.
»Es ist im Moment nicht allzu ordentlich«, erklärte Fritz und lächelte Honor freundlich zu. »Hören Sie, dies tut mir wirklich sehr Leid.« Er richtete das Kissen ein wenig aus. »Tat-sache ist, dass wir keine saubere Kleidung mehr hatten. Finden Sie so was nicht schrecklich?«
Honor, die offensichtlich peinlich berührt war, blickte ungehalten zu Boden.
Ich sah Fritz an. Wie konnte Honor Fritz nicht ansehen? Sein Körper war fest und muskulös, wie es jemandem gebührte, der jeden Tag mehrere Stunden im Heath seine Runden lief. Er hatte einen prachtvollen Waschbrettbauch und (wie gerade noch zu sehen war, bevor das Kissen zum Einsatz kam) einen großen Penis. Er war unglaublich, und natürlich fuhr ich auf ihn ab. Aber das bedeutete nichts, wie ich mir sagte – reine Chemie, weil Fritz direkt unter meiner Nase Pheromone ausströmte. Reiß dich zusammen.
»Fritz, also wirklich!«, sagte Phoebe, als sie mit einem schwarzen Frotteebademantel in den Raum zurückkam. »So ein Durcheinander habe ich noch nie erlebt. Du kannst nicht erwarten, dass Mrs. Wong hier sauber macht, wenn du nicht zuerst aufräumst.« Sie warf Fritz den Bademantel zu.
»Das ist meiner!«, beschwerte sich Ben.
»Es war das Einzige, was ich finden konnte.«
Fritz erhob sich rasch und verbarg seinen herrlichen Körper unter dem Bademantel. Er durchwühlte den Wäschekorb und warf unerwünschte Socken und Hemden ungeduldig beiseite.
»Wirf nicht einfach alles auf den Boden!«, protestierte Ben.
»Ich habe es schrecklich eilig, mein Lieber. Madeleine erwartet mich schon seit einer Stunde.«
»Nun, du solltest die Wäsche waschen, wenn du, verdammt nochmal, an der Reihe bist, oder? Du bist derjenige, der alles so lang liegen gelassen hat.«
»Jungs!«, protestierte Phoebe. »Hört, um Gottes willen, auf, euch zu streiten. Was soll Honor denken?«
Ein Blick genügte, um mir zu zeigen, was Honor dachte. Ihr blasser Mund war missbilligend zusammengekniffen.
»Phoebe«, sagte ich, »wir sollten wirklich gehen. Ich möchte Matthew nicht warten lassen.«
Phoebe hatte Honors jähe und drastische Kühle nicht bemerkt. Sie berührte Ben am Arm. »Kannst du deine Meinung wegen des Essens nicht ändern?«
»Ich esse im Moment nicht zu Abend«, erwiderte Ben ernst. »Ich entschlacke.«
Phoebe war leicht beunruhigt. Bens empfindlicher Magen war ein berühmter Grund zur Besorgnis. »Es ist nie gesund, das Abendessen zu versäumen, Liebling.«
»Vinnie sagt, ich müsste meinen Körper reinigen«, sagte er. »Ich muss zehn Tage lang rohes Gemüse essen, und es liegen noch sechs Tage vor mir.«
Ben war ein Hypochonder. Während Fritz seine tägliche Laufstrecke nach Highgate und zurück absolvierte, kämpfte Ben gegen eine ganze Laufstegparade mysteriöser Krankheiten an. Ich vermutete, dass Mrs. Appleton ihn durch ihren gemeinsamen Gesundheitswahn bezirzt hatte. Wir wussten alle, dass ihm
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