Es soll Liebe sein: Roman (German Edition)
Ich brauchte Liebe, bevor ich verloren ging.
Ich füllte mein Glas erneut (ich registrierte in meinem Selbstmitleid, dass niemand es für mich getan hatte) und wandte mich resolut dem anderen Ende des Tisches zu. Neil und Ben unterhielten Elspeth mit Geschichten über ihre Collegezeit – eher zahme Geschichten, dachte ich. Aber Elspeth fand sie anscheinend toll. Sie lächelte.
Neil servierte Nüsschen vom Lamm auf einem Bett aus Flageolett-Bohnen (der Mann war wirklich ein phantastischer Koch). Fritz goss Wein nach. Er konzentrierte den größten Teil seiner Aufmerksamkeit weiterhin auf Annabel. Er flirtete nicht mit ihr. Was Fritz tat, war zu intensiv und elektrifizierend, um es als Flirten zu bezeichnen.
Ich fühlte mich einen trostlosen Moment isoliert. Ich fühlte mich elend, weil Matthew mich nicht heiraten wollte, und auch, weil ich nicht wollte, dass Fritz auf Annabel scharf war. Ja, natürlich deshalb, weil ich auf Fritz abfuhr. Er war noch immer – im rein physischen Sinne – der attraktivste Mann, den ich je gesehen hatte. Ich sagte mir, dass die starke, ihn umgebende erotische Aura die Atmosphäre verzerrte. Ich rief mir in Erinnerung, dass ich jemand anderen liebte. Es oblag mir, den chemischen Tumult zu ignorieren. War dies nicht immerhin genau das, was ich gewollt hatte? Es fühlte sich vollkommen falsch an, auf Annabel eifersüchtig zu sein.
Ich merkte, dass Ben still war, und beobachtete gleichzeitig Fritz und Annabel. Wir Übrigen wurden zunehmend unsichtbar.
Draußen auf der Straße schlug eine Autotür zu. Wir hörten, wie sich über uns die Haustür öffnete und wieder schloss.
»Oh, ist das Phoebe?«, fragte Annabel. »Wie schön!«
Schließlich riss Fritz seinen Blick von Annabel los. Er schaute auf seine Uhr. »Halb elf – und ich habe den Cohens gesagt, sie sollten sie mindestens bis elf dabehalten.«
Er und Ben lachten leise. Ben sagte: »Ich gebe ihr zehn Minuten.«
»Sie wird nie so lange warten«, erwiderte Fritz. »Sie sucht nur noch nach einer Entschuldigung.«
Ich spürte zum ersten Mal an diesem Abend Optimismus aufkommen. Das Haus schien nur dann im Gleichgewicht zu sein, wenn Phoebe da war. Und trotz aller Belehrungen, die ich ihr hatte zuteil werden lassen, sehnte ich mich danach, sie zu sehen.
Leichte, zögernde Schritte wurden auf der Kellertreppe hörbar. Es klopfte leise, und Phoebes Kopf erschien um die Tür. Wie die Jungen vorhergesagt hatten, hätte keine Macht der Welt sie fern halten können. Ich empfand den üblichen, momentanen Schock darüber, dass sie insgesamt so dünn geworden war – sogar ihr Kopf schien geschrumpft zu sein –, freute mich aber und sah, dass ihre dunklen Augen energiegeladen glänzten. Neugier mochte vielleicht unfein sein, aber für Phoebe war sie der Lebenshauch.
»Ignoriert diese Frau«, sagte Fritz zu uns. »Sie ist nur ein altes Familienfaktotum. Sie spricht kein Wort Englisch.«
»Liebling, es tut mir Leid«, sagte Phoebe und lächelte uns nacheinander zu. »Ich weiß, ich habe versprochen, euch nicht zu stören, aber ich kann den Heißwasserhahn oben nicht zukriegen.«
Nun lachten wir. Was konnten wir dagegen ausrichten? Phoebe hatte ihr Ziel erreicht und nahm an dem Abend teil. Sie sah sich sanft triumphierend um.
Annabel sprang auf, um sie zu umarmen. Es war eine Weile her, seit sie sich gesehen hatten, und ich merkte, dass Phoebes verändertes Aussehen Annabel entsetzte. Aber durch die Art, wie sie es überspielte, wusste ich plötzlich wieder, warum ich sie so sehr mochte. Ohne dass es ihr jemand gesagt hätte, behandelte sie Phoebe wie wir alle und tat so, als sei alles in Ordnung.
»Nun, sieht das nicht hübsch aus?«, fragte Phoebe, als hätte sie den Tisch heute Nachmittag nicht eigenhändig gedeckt. »Sie müssen Elspeth sein. Wie schön, Sie kennen zu lernen. Ich bin die Mutter der beiden – ich wohne oben, damit wir uns nicht in die Suppe spucken. Gütiger Himmel, nein. Manchmal sehe ich sie sogar wochenlang nicht.«
»Genau«, sagte Fritz. »Das arme, alte Wesen erkennt uns heutzutage kaum noch.«
»Nun, jetzt wo ich hier bin, könnte ich ebenso gut Kaffee kochen. Warum kommt ihr nicht alle nach oben?«
Fritz erhob sich. »Du bist eine sehr schlimme und hartnäckige Frau«, sagte er ernst zu Phoebe. »Man kann dir nicht trauen. Dein Wort ist nichts wert.«
Sie wusste, dass sie gewonnen hatte. »Bringt alle eure Gläser mit. Und ich habe ein paar köstliche Mandelkekse, wenn jemand noch Hunger hat.«
Wir
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