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Es sterben immer drei

Es sterben immer drei

Titel: Es sterben immer drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosemarie Bus
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Nerven.

26
    »Hallo. Ist da jemand?« Die Stimme, die Stella aus ihrem Schock holte, klang bekannter, als ihr lieb war. Irma wollte sich persönlich vergewissern, ob ihre Nachkommenschaft anständig untergebracht war, und hatte dafür sogar den Fußmarsch von Ottos Haus zur Casa Pornello auf sich genommen. In der vollen Mittagshitze, wie sie sich beklagte. Neugierig inspizierte sie Stellas frugal möbliertes Gästezimmer und rückte dann mit dem wahren Grund ihres Besuches heraus. »Mir ist etwas aufgefallen, worüber selbst dein hübscher Polizist nicht nachgedacht hat«, verkündete sie stolz und setzte sich mangels anderer Möglichkeiten aufs Bett. »Ist es nicht merkwürdig, dass eine Frau, die mit Zwillingen schwanger ist, joggen geht? Noch dazu in so anstrengendem Gelände? Müsste sie sich da nicht eher schonen?«
    Stellas Starre wich mit einem Schlag wacher Aufmerksamkeit. Miss Holmes vom Schliersee hatte ein Zipfelchen erwischt, das vielleicht eine größere Wahrheit verbarg.
    »Die ersten drei Monate sind die gefährlichsten einer Schwangerschaft«, fuhr Irma in ihren Überlegungen fort. »MeinArzt hat mir damals bei dir empfohlen, mit dem Reiten aufzuhören und lieber schwimmen zu gehen. Heute haben sie sogar Angst vor den Keimen im Wasser. Kennst du Ernst, den Bruder meiner Freundin Irmgard?«
    »Der Gynäkologe?«
    »Genau. Ernst sagt, die schwangeren Frauen heutzutage seien so wahnsinnig unsicher, die würden auf allen möglichen Tests und Untersuchungen bestehen, obwohl die meisten völlig unnötig seien. Sie verzichten sogar strikt auf Zigaretten und Alkohol und gönnen sich nicht mal ab und zu ein Gläschen Prosecco.« Sie schüttelte verwundert den Kopf über diese unvorstellbare Selbstaufopferung moderner werdender Mütter. »Also dich haben wir damals produziert, als dein Vater ziemlich angeschwipst vom Stammtisch zurückkam, und mein Glas Sekt morgens hat mir auch niemand auszureden versucht. Und hat es dir geschadet? Nein.«
    »Warum war Valerie dann trotzdem in dem anstrengenden Gelände joggen?«
    »Da gibt es nur zwei Gründe. Entweder weil sie einen Abgang provozieren wollte …« Irma klang nicht sehr überzeugt von dieser These.
    Auch Stella fand diese stümperhafte Abtreibungsmethode sehr unwahrscheinlich für Valerie. Eine Frau wie sie, die in jeder Lebenslage ihre Beziehungen aktivieren konnte, hätte sich in einer piekfeinen Privatklinik einen sanften Eingriff gegönnt. »… oder?«, fragte sie.
    »Oder sie war gar nicht joggen«, sagte Irma. »Joggingklamotten sind doch so schön bequem und praktisch. Sie zwicken nicht in der Taille, engen nirgends ein. Die Schuhe sind auch gut, gegen Senkfüße zum Beispiel, wenn das zusätzliche Gewicht die Fußsohlen belastet und schmerzt. Das alles ist einer Schwangeren viel wichtiger als besonders chic auszusehen. Vielleicht wollte sie nur spazieren gehen? Bewegung muss ja trotz Schwangerschaft sein.«
    »Als es schon dunkel wurde? Mitten in der Pampa?«
    Beide schwiegen ratlos, bis Stella vorschlug, »Vielleicht hat sie jemanden treffen wollen.«
    »Im Dunkeln? Im Wald?« Das schien wiederum Irma nicht sehr plausibel.
    »Und wenn sie nicht wollte, dass jemand sie dabei sieht?«
    »Vielleicht hat der Mörder sie mit seinem Auto abgeholt oder sie ist ihm auf ihrem Spaziergang begegnet.«
    Stella trieb die nächste Eingebung ganz plötzlich auf die Beine. Sie trat dabei Derrida auf den Schwanz, der es sich unbemerkt auf dem Bettvorleger gemütlich gemacht hatte und an Irmas Kopftuch nagte. Er jaulte erschrocken auf. Stella ignorierte den Hund, ganz gegen ihr sonstiges Mitleid mit gequälten Kreaturen. »Mama«, sagte sie. »Marlene hat da eine merkwürdige Andeutung gemacht, die ich zwar die ganze Zeit nicht wirklich ernst genommen habe, aber ich muss unbedingt noch mal zu diesem Schießplatz.«
    Irma erwischte sie beim Hinausrennen am Rockbund. »Ich komme mit. Keine Widerrede.«
     
    Stella wäre ungeduldig genug gewesen, in Ermangelung eines Autos einfach loszumarschieren. Mit einer ungefähren Vorstellung, in welcher Richtung der Schießplatz liegen könnte und mit sturem Blick auf den Punkt in der Landschaft, zu dem sie hinwollte. Aber Irma weigerte sich, unvorbereitet ins Blaue zu laufen. Sie vertraute bei der Orientierung lieber einer guten Karte statt ihrer Intuition. »Die Berge haben es in sich«, informierte sie Stella, ohne näher zu erläutern, was sie damit meinte. Zielsicher zog sie im Kaminzimmer aus dem Bücherregal, in dem die

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