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Es sterben immer drei

Es sterben immer drei

Titel: Es sterben immer drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosemarie Bus
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stellte sie fest. Gescheitert an seinen Ambitionen. Er weiß es, vielleicht hat er sich sogar damit abgefunden. Er ist enttäuscht, aber er lässt sich nicht unterkriegen. Das macht ihn, trotz allem, sympathisch.
    Jochen war äußerlich in viel besserer Verfassung. Im Gegensatz zu Kleemann hatte er erreicht, wovon er träumte, und war planmäßig im Vorstand eines Medienunternehmens angekommen. Der Erfolg straffte ihn und verlieh ihm Konturen. Er sah nach regelmäßigem Work-out mit Personal Trainer aus, nach gesundem Essen mit vielen Proteinen und nach Antistresstagen in Wellnessfarmen. Schlank, gebräunt, dynamisch und getragen von der Überheblichkeit erfolgreicher Männer, die ihre Glückssträhne als selbst gemacht und absolut verdient ansehen, statt als Geschenk des Schicksals. Eingenäht in maßgeschneiderte Anzüge wie in eine Rüstung. Und natürlich war auch die Jägerkluft vom Feinsten. Zwei verschlungene Hs saßen auf der Brusttasche seiner grünen Fleecejacke und signalisierten unter Kennern wahrscheinlich Jäger-Haute-Couture. Auch Jochens Frisur hatte sich den Lebensumständen angepasst. Solange ein Alphatier noch um seinen Platz an der Spitze des Rudels kämpft, bevorzugt es die auf drei Millimeter abrasierte Variante, als Signal für militärische Energie und Disziplin. Ist es dann oben angekommen und fühlt sich einigermaßen sicher auf seinem Platz, dürfen die Haare wachsen, wenn sie noch können, bissie akkurat auf den Hemdkragen stoßen, denn jetzt muss nicht mehr Testosteron bewiesen werden, sondern die Weisheit eines Gurus, aufgepeppt mit der Jugendlichkeit eines Hippies. Jochen hatte mit seiner Erbmasse Glück gehabt. Außer gemäßigten Geheimratsecken deutete nichts auf verstärkten Haarausfall hin. Den Bart ließ er jetzt im Urlaub fotogen als Dreitagestoppeln stehen. Die einzige Gemeinsamkeit, rein äußerlich gesehen, die er mit seinem alten Kumpel Kleemann teilte.
    Andreas war dagegen von erfrischender Harmlosigkeit. Ein Arzt ohne übermäßige Ambitionen, wie die billige Brille, der schüttere, schon leicht aus der Fasson geratene Herrenschnitt mit Seitenscheitel, die ausgebeulten Cordhosen und die bequemen Sandalen verrieten. Kein Mann, der Frauen in Wallungen versetzte, aber sicher einer, der brav ihre Kinder fütterte. Ein zuverlässiger, lebenslanger Betamann, der den beiden anderen als Zeuge ihrer Lebensdramen wertvolle Dienste leistete.
    Stella fragte sich, wie Valerie in diese Konstellation gepasst, oder eher nicht gepasst hatte. Sie würde es herausfinden, das schwor sie sich. Nicht nur wegen der 5000 Euro Honorar und ihrer kindischen Rachegefühle Jochen gegenüber. Sie wollte die Wahrheit wissen. Warum Valerie sterben musste. Die Wühlmaus hatte Blut geleckt.
     
    Plötzlich knallten die Perlenschnüre und volles Tageslicht drang in den Raum wie ein Scheinwerfer. »Ah, here comes the sun«, begrüßte Kleemann die junge Frau, die in den Raum stürmte und mit einem fröhlichen »Guten Morgen allerseits« die gedämpfte Altmännerstimmung auf einen Schlag aufhellte. Sie war höchstens Mitte 20 und trug noch das leichte weiße Baumwollkleidchen ohne Ärmel, in dem sie offenbar auch geschlafen hatte. Es legte ihre langen, schlanken Beine frei und einen Großteil ihres ansehnlichen, für so eine zierliche Person erstaunlich üppigen Dekolletés. Sie beugte sich über Kleemann, um ihm einen Kuss auf die ungewaschenen Strähnen zu drücken, aber er packte sieam Nacken, mitten in ihren verwuschelten Haarknoten, zog sie zu sich herunter und küsste sie auf den Mund. Wie unabsichtlich rutschte seine linke Hand über ihren Oberschenkel hoch und schob dabei das Kleid nach oben, damit auch wirklich jeder der anwesenden Männer ihre perfekten Beine bewundern konnte. Lachend drehte sie sich von ihm los und schenkte sich einen Tee ein. »Noch jemand?«, fragte sie, aber niemand wollte.
    Die Männer verschlangen sie mit den Augen. Stella auch. Sie hatte das Phänomen schon öfter beobachtet. Es gab Menschen, Frauen häufiger als Männer, von denen konnte man einfach den Blick nicht abwenden. Denen musste man zugucken wie einem Filmstar im Kino. Alles an ihnen sah aus wie von einem großen Künstler liebevoll hingepinselt. Haarsträhnen, die nicht einfach herunterhingen, sondern dekorativ das Gesicht einrahmten. Augen, in denen Funken stoben. Das Mädchen, das sich nun ihr gegenüber setzte, gähnte zum Verlieben. Es fläzte sich über das Frühstücksgedeck, als sei es noch zu müde, um

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