Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es sterben immer drei

Es sterben immer drei

Titel: Es sterben immer drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosemarie Bus
Vom Netzwerk:
Entfernungen verheerend. Das Wild wird schwer verletzt, mit vielen inneren Blutungen, das mag der klassische europäische Jäger nicht, der das Fleisch in der Tiefkühltruhe aufbewahrt und zum Sonntagsbraten verarbeitet. Aber Trophäenjägern, wie in Afrika, die nur den Löwenkopf zuhause ausstellen wollen, ist ein zerfetzter Körper egal.«
    »Dass hierzulande einer mit Kaliber Schieß-mich-tot rumballert, ist also ungewöhnlich?«
    »Ja, sehr ungewöhnlich. Das war kein Italiener«, erklärte Luca wie aus der Pistole geschossen. »Vor allem nicht in so fett. 300 Grains.«
    »Fett?«
    »Grains ist die englische Mengenangabe für das Schwarzpulver, das in der Hülse steckt. Etwa 19 Gramm. Das reicht für einen Elefanten, aber Valerie wog nur etwas mehr als 50 Kilo, und er zielte auf ihren Kopf.«
    Verwundert stellte Stella fest, dass sich draußen vor den Fenstern nichts verändert hatte. Die Kinder lachten, die Frauen plauderten, der Bohrer lärmte. Sogar Maria Callas sang noch. Nur in ihrem Inneren war eine Kälte eingezogen, die vom ganzen Körper Besitz ergriff. »War Jochen mal in Afrika jagen?«
    »Nein, nie. Er besitzt auch kein Gewehr Kaliber .375. Das haben wir überprüft. Er sagt, er findet die …« Luca zögerte eine kleine Weile, um sich zu sammeln für eines der schwierigeren deutschen Wörter, »die Wildbretzerstörung mit so großem Kaliber widerlich.«
    Er schlug den Aktenordner zu. »Das Essen wird kalt.«
    Der Tisch in der Küche war schon gedeckt. Mit einer gewissen Sorgfalt, obwohl Stella mit dem gnadenlosen Blick einer geborenen, wenn auch nicht praktizierenden, Perfektionistin sofort erfasste, dass Messer und Gabeln schlampig ausgerichtet und in der falschen Reihenfolge auflagen und die Stoffservietten nicht gebügelt waren. Aber aufmerksam im Bett und nachlässig beim Tischdecken war besser als umgekehrt. »Du hast Valerie gekannt«, sagte sie in dem Moment, in dem er die Spaghetti in Zitronensoße auf die Teller gehäuft und sich gesetzt hatte. Der Satz hatte sich von selbst gebildet, war einfach hochgekocht aus ihrem Vorrat an ungeklärten Fragen. So unauffällig formuliert wie es ihr möglich war. Sie verriet auch gleich die harmlosere ihrer beiden Quellen, damit er nicht auf die Idee kam, ihr eine Lüge aufzutischen. »Marlene hat euch in Todi gesehen.«
    Er stützte beim Essen den Kopf in die linke Hand, der Armlag weit abgewinkelt auf dem Tisch, während er mit der Rechten routiniert die Pasta aufrollte. Nicht die Tischmanieren, die sie als Kind gelernt hatte.
    »Es weiß niemand«, sagte er schließlich, »auch meine Kollegen nicht.«
    »Bist du dir da sicher?« Stella kannte die Überwachungssysteme kleiner Städte, in denen jeder Nachbar sich zum Spion berufen fühlte, dachte an seine vielen Bekannten. Wenn sogar Marlene davon wusste, konnte diese Affäre kein großes Geheimnis sein.
    »Wir haben uns doch nur ein paarmal gesehen.« Er schaute sie so beunruhigt an, dass sie fast in Versuchung geriet, ihn beruhigend zu küssen und nicht weiter zu fragen. Aber nur fast. Liebevoll wischte sie ihm einen Spritzer Soße vom Kinn und überlegte, ob sie ihm empfehlen sollte, die verräterischen Fotos in seinem Computer zu löschen, aber so weit waren sie noch nicht, dass sie ihm als Polizisten raten musste, wie er seine Kollegen hinterging. Sie sorgte sich ernsthaft um ihn. Wie konnte er nur so leichtsinnig sein. Trotzdem hielt sie Kurs, wie ein Schiff in schwerer See. »Hast du mit ihr geschlafen?«
    Es verblüffte sie, dass sie seine Antwort mit so einem großen inneren Beben erwartete. Sie lebten doch in Zeiten, in denen jeder ein Vorleben hatte, über das man nicht nachforschen durfte, wenn man die Antwort fürchtete. Und warum überhaupt fürchten? Gab es in Lucas Fall einen Grund, eifersüchtig zu sein? Der Tod schloss auch die intensivste Liebesgeschichte ab. Der Tod schuf Fakten, die, mit Datum versehen, in Aktenordnern abgelegt wurden.
    Sie wartete, aber er reagierte nicht. Ohne dass sie es wollte, poppte die Frage schon wieder wie das böse Krokodil im Kasperletheater hoch. Sie versuchte ihr eines mit der Rute überzubraten, um sie zum Verschwinden zu bringen, aber es nutzte nichts. »Hast du nun mit Valerie geschlafen oder nicht?«, fragte sie lauter als nötig.
    Endlich begann er zu reden. Es hörte sich an, als ob er eine Beichte ablegte.
     
    Luca hatte Valerie während eines Bob-Dylan-Konzerts in Perugia kennengelernt. Sie saß neben ihm, beide waren allein da. Sie, weil

Weitere Kostenlose Bücher