Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es war einmal eine Familie

Es war einmal eine Familie

Titel: Es war einmal eine Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lizzie Doron
Vom Netzwerk:
Antwort nicht ab. »Erst in jenem Moment habe ich verstanden, daß Matti noch größeres Glück gehabt hatte: Er hat Gott nicht gebraucht, weil er eine Mutter hatte, die dafür sorgte, daß ihr Sohn am Leben blieb.« In ihrer Stimme lag Anerkennung. »Mit ihrem Reden hat meine Tante zwei Menschen gerettet, ihren Sohn vor dem Tod und mich vor dem Schweigen.«
    Als ich wieder in die Küche ging, um Kuchen zu schneiden und frischen Kaffee zu kochen, folgte mir Chajale. Nun ging es auch um die Gegenwart, wie es diesem und jener ergangen war, und ich erzählte von meinem Mann, von Dana, meiner dreijährigen Tochter, und Ariel, meinem einjährigen Sohn.
    »Und was ist mit dir?« fragte ich.
    »Ich bin Operationsschwester«, sagte Chajale. »Ich bin alleinerziehende Mutter, ich habe einen wunderbaren Sohn, er heißt Adam und ist sieben.« Auf ihrem Gesicht erschien einLächeln. »Ich bin eine genauso verrückte Mutter wie Zila. Wie sie werde ich meinem Sohn nie im Leben erlauben zu sterben.«
    Und dann, bei einer Tasse Kaffee, einem Stück Kuchen und einer Schachtel Zigaretten, erzählte Chajale, wie ihre Tante Zila Matti, ihren Sohn, im Krieg vor dem Tod errettet hatte. Als Matti sich ihr zum Trotz zu einer Elitekampfeinheit meldete, blieb Zila hartnäckig. »Deine Mutter erlaubt dir nicht zu sterben«, sagte sie ihm bei jedem Urlaub und bei jedem Telefongespräch.
    »Ich habe mit eigenen Augen gesehen«, sagte Chajale, »wie Matti sich die Ohren zugehalten hat. Ich höre dich nicht, schrie er sie an. Nervensäge! Laß mich in Ruhe! Und mir zischte er zu: Was für eine Last, eine Mutter aus der Shoah! Du wirst nicht gehen, wie mein Bruder gegangen ist, du wirst kein Held sein! antwortete ihm Zila und ließ ihn nicht in Ruhe. Ich werde es dir zeigen, bei Gott, ich werde ein Held sein! Einen Orden werde ich dir bringen! schrie Matti.«
    Am Abend des 4. Oktober 1973 kam ein berühmter Regimentskommandeur zur Einheit von Matti, geschmückt mit Orden aus dem Sechstagekrieg.
    »Stillgestanden!« rief der aufgeregte Kompanieführer.
    »Liebe Soldaten«, begann der Regimentskommandeur seine Rede, »ihr habt das Vorrecht, in einer Elitekampfeinheit zu dienen. Glücklich ist das Volk, dessen Soldaten ihr seid. Ich verlasse mich darauf, daß jeder einzelne von euch bereit ist, sein Leben für dieses Land zu geben, für die Golanhöhen, für den Sinai und das Land Judäa.«
    Der Regimentskommandeur erhob seine Stimme. »Wer nicht bereit ist, sein Leben für dieses Land und für dieses Volk zu geben, der hat hier keinen Platz! Jeder einzelne von uns trägt den Befehl Trumpeldors im Herzen, des Helden von Tel Chaj. Es ist gut, für unser Land zu sterben – das ist für uns nicht nureine Parole! Das ist der persönliche Schwur jedes einzelnen Soldaten dieser Einheit!«
    Dann rief der Kommandeur gerührt und begeistert: »Wer nicht bereit ist, sein Leben zum Schutz der Golanhöhen zu geben – der möge sich erheben! Wer nicht bereit ist, sein Leben für das Volk Israel zu geben – der möge sich erheben! Alle Soldaten dieser Einheit – « Der Kommandeur verstummte plötzlich verwirrt.
    Matti hatte sich erhoben.

    »Aber nur Matti allein erhob sich«, sagte Chajale traurig und schwieg.
    Stille breitete sich im Zimmer aus.
    Chajale drückte ihre Zigarette im Aschenbecher aus, atmete tief ein und fuhr fort zu erzählen. »Der Regimentskommandeur faßte sich schließlich. Sie verlassen die Einheit auf der Stelle. Ich kann in einer Elitetruppe keine Angsthasen brauchen, verkündete er.«
    Chajale, ein brennendes Streichholz in der einen Hand, eine noch nicht angezündete Zigarette in der anderen, sagte: »Der Schluß ist allgemein bekannt. Matti fuhr nach Hause und wartete auf seine Versetzung zu einer Etappeneinheit.« Sie unterbrach ihre Erzählung, um sich die Zigarette anzuzünden.
    »Am Tag darauf, als der Jom-Kippur-Krieg ausbrach, beeilte sich Matti natürlich, zu seiner Einheit zurückzukehren.« Chajale sog tief den Rauch ein und sagte trocken: »Doch er konnte nirgendwohin mehr zurückkehren, alle waren beim ersten Angriff umgekommen.«
    Chajale streckte die Hand mit der Zigarette nach dem Aschenbecher aus, ihr Blick traf meinen, und sie sagte: »In jenem Krieg hat aus meiner Sicht nur Zila gesiegt.«
    »Heute gegen zwei Uhr nachmittags«, hörte ich wieder die Stimme der Ministerpräsidentin, »haben die Armeen Ägyptens und Syriens einen Krieg gegen Israel eröffnet. Im Sinai und auf den Golanhöhen starteten sie eine Serie von

Weitere Kostenlose Bücher