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Es war einmal eine Familie

Es war einmal eine Familie

Titel: Es war einmal eine Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lizzie Doron
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ein paar Nachbarn. Eine Frau mit a grojsser koved *** , eine Frau, die nicht um einen Preisnachlaß gebeten hat, die keine Gefälligkeiten wollte, von niemandem, auch wenn sie ein Anrecht darauf gehabt hätte, und sogar für dich, die du heute sehr reich sein könntest, hat sie keine – tfu – Wiedergutmachung von den Deutschen genommen.«
    Ich atmete erleichtert auf.
    »Tante Itta«, fragte ich, in der Hoffnung, weitere Informationen zu bekommen, »was weißt du über ihre Familie?«
    »Wie sollte ich etwas wissen?« antwortete sie. »Schließlich komme ich aus der Tschechoslowakei.«
    »Ich weiß, daß du keine Polin bist, daß du nicht aus ihrer Stadt kommst und daß du im Krieg nicht mit ihr zusam-
    men warst«, sagte ich. »Aber bestimmt weißt du irgend etwas.«
    »Willst du noch Kaffee?« bot Itta an.
    »Wer ist Gottesmann?« fragte ich weiter, ohne auf ihr Angebot einzugehen. »Was weißt du von Gottesmann?«
    »Gottesmann?« Itta wiederholte den Namen, überlegte eine Weile und sagte dann entschieden: » Mejdele , so einen Mann gibt es nicht, da mußt du dich irren.«
    »Vielleicht«, versuchte ich es noch einmal, »vielleicht erinnerst du dich noch an irgend jemand von dort, egal, an wen, einen Freund, einen Verwandten, einen Nachbarn.«
    »Natürlich erinnere ich mich, ich kannte sie alle«, erwiderte Itta fröhlich.
    »Und wer war das, alle?« fragte ich neugierig.
    »Da gab es einen gewissen Leo Petruschka«, sagte sie, und diesmal holte sie weiter aus. »Er war ein großer Schriftsteller in Krakau, sehr berühmt, der Ärmste, noch vor dem Krieg ist er an multipler Sklerose erkrankt.«

    Auch ich erinnerte mich an Leo Petruschka.
    Zweimal im Jahr, wenn Leo Petruschkas Besuch bei uns bevorstand, zog sich meine Mutter festlich an, was sie sonst nicht tat, sie ließ sich beim Friseur die Haare machen und lief in einem Kostüm und mit hohen Absätzen in der Wohnung herum.
    Onkel Leo kam, in einem dunklen Anzug, mit einer bunten Krawatte und einem Hut auf dem Kopf, und jedesmal brachte er Helena etwas mit, eine Kette, einen Ring oder einen Armreif.
    »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag«, sagte er gefühlvoll und küßte ihr die Hand. Dann trippelte er mit kleinen, vorsichtigen Schritten ins Wohnzimmer.
    Helena eilte in die Küche, dort zog sie sich heimlich die Lippennach und legte eine zusätzliche Schicht Rouge auf, während das Wasser im Kessel kochte. Inzwischen setzte sich Onkel Leo in den alten Sessel, atmete tief ein und seufzte.
    »Nur deine Mutter«, flüsterte er mir heimlich zu, damit sie es, Gott behüte, nicht hörte, »hat zweimal Geburtstag, einmal am 8. Mai,
     als die Deutschen kaputtgingen, und einmal am 21. August, als du auf die Welt kamst.«
    So verriet er mir in seinem holprigen Hebräisch, wann meine Mutter ihre zwei Geburtstage hatte.
    Und wenn er sprach, bemerkte ich jedesmal wieder aufs neue die Schönheit seiner Gesichtszüge, seine gütigen Augen und sein warmes Lächeln.
    Kurz darauf kam meine Mutter ins Wohnzimmer und servierte ihm heißen Tee in einem dünnwandigen Glas, das nur bei seinen Besuchen benutzt wurde.
    Sie setzte sich ihm gegenüber auf das Sofa. Er nahm einen Schluck, räusperte sich und begann, von seiner schrecklichen Krankheit zu berichten, die er als junger Mann bekommen hatte, und von Lola, seiner guten Frau, die ihn seit ihrer Heirat hingebungsvoll pflegte.
    Helena saß starr und schweigend da, ihr Blick versank in seinen traurigen schwarzen Augen.
    Das war immer der Zeitpunkt, an dem ich sie allein ließ und leise aus dem Zimmer verschwand.
    Und bevor er ging, sagte er immer: »Du weißt nicht, was deine Mutter einmal war. Wir sind seit dem Kindergarten gute Freunde, wir kannten uns schon als ganz kleine Kinder.« Und dann fügte er hinzu: »Wir fanden einander viele Jahre nach dem Krieg wieder.« Noch einmal atmete er tief ein und seufzte. »Früher waren wir wie Mann und Frau.«
    Meine Mutter mischte sich ein und flüsterte mir verlegen zu: »Er ist verwirrt, wegen der Krankheit.«
    Wenn er das Haus verließ, stand sie hinter dem geschlossenenFensterladen und schaute ihm durch die Ritzen nach, wie er langsam davonging.

    »Itta«, fragte ich, »haben sie sich mal geliebt?«
    »Und wenn sie sich geliebt hätten, was wäre schon dabei?« Ich ließ nicht locker. »Waren sie verlobt? Waren sie verheiratet? Hatten sie Kinder?«
    Itta senkte den Blick und räumte schnell das Porzellangeschirr zusammen. Sie stellte alles in das kleine Waschbecken und machte

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