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Es war einmal eine Familie

Es war einmal eine Familie

Titel: Es war einmal eine Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lizzie Doron
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sich sofort daran, es abzuspülen. Mit dem Rücken zu mir sagte sie: »Was man nicht weiß, majn kind , tut einem nicht weh.« Dann schwieg sie.
    »Was man nicht weiß, tut erst recht weh«, brach es aus mir heraus.
    Itta fuhr fort zu spülen. Ihre Bewegungen waren nun schneller, ihre Hände zitterten.
    »Ich bin aus der Tschechoslowakei, ich bin doch aus der Tschechoslowakei«, sagte sie wieder und wieder. »Wie sollte ich etwas wissen?«
    »Auf Itta kann man sich verlassen«, hatte meine Mutter immer mit großer Zufriedenheit gesagt.
    »Itta, du bist wirklich eine gute Freundin«, sagte ich.
    Da erst stellte die alte Frau die Tasse zurück ins Becken und schaute mich an, und mit Tränen in den Augen sagte sie: »Ich vermisse sie so sehr.« Mit nassen, schaumbedeckten Händen wischte sie sich die Tränen ab. »Komm mich oft besuchen«, bat sie und versprach: »Ich werde dir alles erzählen.«

    Ende des vierten Tages der Schiwa.
    * Jidd.: Vater.
    ** Poln.: Hundeblut.
    *** Jidd.: Große Ehre.

Der fünfte Tag
    Morgens
    Das Wetter hatte sich geändert, ein herbstlicher Wind war aufgekommen, das Licht grau und der Himmel mit dünnen Wolken bedeckt.
    Am Ende der Straße, in der ich früher gewohnt hatte, in einem kleinen Garten hinter einem alten Holztor, stand ein alter Mann mit weißen Haaren und krummem Rücken. In den mageren Händen hielt er einen langen, schweren Wasserschlauch und spritzte nach allen Seiten Wasser, wobei er mit einem Finger der rechten Hand vergeblich versuchte, den Strahl zu dirigieren. Das Wasser spritzte über die Beete im Garten, über Gemüse und Blumen, auf den nackten Mispelbaum und auf seine Kleidung.
    Joschi Postawski gießt noch immer seine Blumen, dachte ich erstaunt und blieb stehen, ich wollte den vertrauten Anblick in mich aufsaugen.
    Früher stand Joschi Tag für Tag in seinem kleinen Garten und goß seine Blumen. Auch wenn Regen auf seinen Kopf tropfte, auch wenn seine Füße im Matsch versanken, goß Joschi unverdrossen, fleißig und still seine Blumen.
    Nur einmal im Jahr, am Vorabend des Shoah-Gedenktags, drehte Joschi den Wasserhahn in seinem Garten nicht auf.
    Jedes Jahr wieder riß er an diesem Abend mit zitternden Händen die Blumen heraus, die er so liebevoll gepflegt hatte. Mit gezielten, raschen Bewegungen riß er sie erbarmungslos aus und warf sie alle neben den Mispelbaum.
    Dann wischte er sich den Dreck von der Kleidung, schüttelte den Sand von seinen Schuhen und ging schnell zurück ins Haus.
    Am nächsten Morgen, dem Shoah-Gedenktag, kamen Dorka, Efraim, Mirjam, Sarka, Ruben, Itta und andere Nachbarn zu Joschis Garten.
    Einer nach dem anderen kamen sie, blieben einen Moment stehen, schauten sich um, um sicherzugehen, daß wir, die Kinder, sie nicht in ihrer Trauer beobachteten. Erst dann gingen sie in den nackten Garten und legten verlegen einen Zweig auf den Blumenhaufen, eine Blume oder ein Bild. Bevor sie wieder gingen, wischten sie sich die Tränen ab, damit die Kinder nichts von der Trauer merkten, die an ihren Herzen nagte.
    In mich versunken, stand ich da und schaute ihm zu.
    Plötzlich spürte Joschi, daß er beobachtet wurde. Er drehte sich um, und für einen Moment sah ich die Furchen, die das Alter und das Leid in sein Gesicht gegraben hatten. Ein grauer, erloschener Blick traf meinen.
    In meiner Erinnerung stieg ein anderer grauer Blick auf, dem Joschis so ähnlich, aber anders und viel vertrauter – der Blick Ronis.

    Der schöne Roni, der Sohn von Joschi und Mina, hatte ein warmes Lächeln, und seine goldblonden Haare fielen ihm über die großen grauen Augen.
    In der ersten Klasse fragte die Lehrerin Roni: »Was willst du machen, wenn du mal groß bist?«
    »Dirigieren«, antwortete er.
    »Ein Orchester?«
    »Nein«, antwortete er, »ich werde siegreich Kriege dirigieren.«
    Von allen seinen Siegen erinnerte ich mich in diesem Moment ausgerechnet an die Lag-ba-Omer-Feier 1966.
    In jenem Jahr verkündete Herr Schatz, der Direktor der Schule, er wolle einen Wettbewerb veranstalten, für das größte Lagerfeuer, und er versprach den Siegern eine Goldmedaille.
    Schon viele Tage vor dem Fest bereiteten sich alle auf den Wettkampf vor.
    Roni war fest entschlossen, den Preis zu gewinnen.
    Er wußte, daß es im Wohnzimmer von Fanny Pfeffer, der Mutter von Pe’er, dem Stotterer, ein Buffet aus Österreich gab, und jedesmal, wenn sie am Buffet vorbeikam, spuckte Fanny Pfeffer aus und sagte: »Verbrennen soll es, das Buffet der Deutschen.«
    Roni wußte auch,

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