Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte
Filzstiefel, warme Stepphosen, sogar ein wunderschöner Skianzug war dabei, und ganz unten lag ein Fellsack mit Kapuze.
Der Mann dachte gleich daran, dass der kleine Junge überhaupt nichts Warmes zum Anziehen hatte, nur Hemdchen und allerlei Krimskrams, sonst nichts! Sich laut entschuldigend, suchte er das Notwendigste aus â den Fellsack, den Skianzug, die Filzstiefel und die Pelzmütze. Dann schnappte er sich noch den Schlitten, der in der Ecke stand, denn in der anderen Ecke hatte er noch einen zweiten entdeckt. Noch einmal um Entschuldigung bittend, nahm er aus dem Berg Filzstiefel hinter der Truhe ein groÃes Paar, das der Frau passen musste â sie war ja barfuÃ! Mit dieser Last rannte er, so schnell er konnte, durch den Frost zur ersten Hütte zurück.
Es war niemand mehr da. Der heiÃe Teekessel stand auf dem Tisch, ein Brot lag da. Die Truhe war leer.
»Bestimmt hat sie dem Jungen den ganzen Krimskrams übergezogen«, dachte der verhinderte Vater. »So was Dummes, wo ich doch alles habe, was sie brauchen!«
Er rannte, den Schlitten hinter sich herziehend, den anderen Pfad entlang und hatte die Frau sehr bald eingeholt, denn sie konnte sich kaum mehr auf den Beinen halten. Sie wankte sogar. Ihre bloÃen FüÃe waren rot vom Schnee. Auf dem Arm trug sie das in Tücher gehüllte Kind.
»Einen Moment«, rief unser Vater. »Warten Sie! Wie kann man denn so losgehen! Der Junge muss doch was ankriegen! Hier hab ich alles, was er braucht.«
Er nahm ihr das Kind ab, sie übergab ihm mit geschlossenen Augen gehorsam ihre Last, und sie machten sich gemeinsam auf den Weg zurück zur Hütte.
Erst jetzt erinnerte sich der Vater an das seltsame Mütterchen, dem er die schwere Tasche nach Hause getragen hatte, und er fragte die Frau:
»Sagen Sie, haben Sie die Adresse auch von der Alten?«
»Nein, sie hat mir nur den Namen der Bahnstation gesagt â âºKilometerstein Vierzigâ¹Â«, antwortete die Frau schon fast im Einschlafen.
Doch in diesem Augenblick fing das Kind zu weinen an, sie zogen es zu zweit hastig um, und plötzlich war es so klein, dass ihm natürlich keine Filzstiefel mehr passten, es musste gewindelt und in eine Decke gewickelt werden, da kam der Pelzsack mit der Kapuze gerade recht. Alles übrige schnürten sie zu einem Bündel zusammen, die Frau zog ihre neuen Filzstiefel an, und sie gingen zu dritt zurück zur Hütte. Der frischgebackene Vater trug das Kind, und die Frau schleppte die Sachen, unterwegs vergaÃen sie, wo sie sich getroffen hatten, sie vergaÃen auch den Namen der Bahnstation. Sie wussten nur noch, dass sie eine sehr schlimme Nacht hinter sich hatten, einen langen Weg und schwere Zeiten der Einsamkeit, doch jetzt war ihnen ein Kind geboren worden und sie hatten das gefunden, was sie suchten.
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Das Kohlkopfmütterchen
Eine Frau hatte ein Mädchen, ein sehr kleines, das hieà Tropfen, Tröpfchen. Das Mädchen war sehr klein und wollte nicht wachsen. Die Mutter ging mit ihm von einem Arzt zum anderen, doch jedes Mal, wenn sie das Mädchen vorstellte, lehnten die Ãrzte eine Behandlung ab: nein und Schluss! Sie stellten nicht einmal Fragen.
Da beschloss die Mutter, Tröpfchen das nächste Mal nicht gleich vorzuführen, sie nahm im Behandlungszimmer des Arztes Platz und fragte:
»Was kann man tun, wenn das Kind nicht wächst?«
Und der Arzt antwortete, wie es sich für einen Arzt gehört: »Was ist denn mit dem Kind? Wie ist die Krankengeschichte? Wie war die Geburt? Wie hat es gegessen?«
Und so weiter.
»Dieses Kind wurde nicht geboren«, entgegnete die unglückliche Mutter. »Ich habe es in einem Kohlkopf gefunden, in einem Frühlingskohlkopf. Ich habe das obere Blatt abgemacht, und da liegt auf einmal ein kleines Kohlmädchen drin, ein Tröpfchen, ein Tropfen. Ich habe es zu mir genommen und ziehe es groÃ, doch es wächst nicht, schon zwei Jahre.«
»Zeigen Sie mir das Kind«, sagte der Arzt.
Tröpfchens Mutter holte aus ihrer Brusttasche ein Schächtelchen, aus dem Schächtelchen die Hälfte einer Bohne (einer ausgeschälten), und in dieser Bohnenhälfte saà das winzige verschlafene Mädchen und rieb sich mit den Fäustchen die Augen.
Die Mutter holte auch eine Lupe aus der Tasche, und durch diese Lupe betrachtete der Arzt Tröpfchen.
»Ein allerliebstes Mädchen«, brummte er.
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