Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben
„Das kann ich nicht. Und ich weiß, dass er unschuldig ist. Ich weiß es.“
„Ich finde, dafür protestierst du etwas zu heftig. Rose sagteaus, sie hätte zufällig gehört, wie Hart Daisy auf dem Begräbnis von Kate Sullivan bedroht hätte.“
„Er hat das nicht so gemeint.“
„Also hat er etwas davon gesagt, Daisy loszuwerden?“
„Nein! Er hat mir nur versichert, dass Daisy uns und unserer Beziehung nicht schaden würde, das ist alles“, rief Francesca und war sich schmerzhaft bewusst, was sie da sagte. Harts exakte Worte vor Bragg zu verheimlichen, war ebenso gut wie eine Lüge. Doch glücklicherweise hatte Rose Harts Satz offenbar nicht genau zitiert. „Du bist so sehr damit beschäftigt, Hart zu beschuldigen. Ist dir eigentlich schon mal in den Sinn gekommen, dass Rose ein ebenso gutes Motiv hatte?“
„Sie steht ebenfalls auf der Liste der Verdächtigen. Zum derzeitigen Zeitpunkt hat sie kein Alibi. Sie weigert sich, die Identität jenes Gentlemans preiszugeben, mit dem sie gestern Abend zusammen war. Ich bin sicher, dass ihr Urteilsvermögen durch die Trauer getrübt ist, und gehe davon aus, dass uns bald auch ein hieb- und stichfestes Alibi für Rose vorliegt.“
Nun war Francesca richtig wütend. „Du möchtest, dass Rose ein wasserdichtes Alibi hat, damit du weiter gegen Hart ermitteln kannst!“
Bragg schien ebenso aufgebracht zu sein wie sie. Schnaubend ging er zum Kamin und studierte einige der Fotografien auf dem Sims.
„Rose hasst Hart aus tiefstem Herzen“, rief Francesca und stürmte ihm hinterher. „Sie war krankhaft eifersüchtig auf seine Beziehung zu Daisy. Wegen Calder waren sie und Daisy mehrere Monate zerstritten. Daisy hat sie sitzen lassen, Bragg, und wir müssen dem nachgehen.“
„Ich werde jeder einzelnen Spur folgen“, sagte er langsam und mit mehr Ruhe. „Aber Hart hat zumindest in einemRecht. Er sagte mir gestern, dass du bei diesem Fall nicht ermitteln solltest.“
„Solltest du mich nicht wegen Behinderung der Justiz anklagen, ermittle ich in dem Fall, das garantiere ich dir.“
„Vielleicht ist es gar nicht schlecht, wenn du den Fall übernimmst. Vielleicht begreifst du dann endlich, in was du hineingerätst, wenn du Hart heiratest.“
„Und vielleicht wirst du endlich begreifen, wie ungerecht du ihn behandelst“, schoss Francesca zurück. Sie griff nach seinem Arm. „Ich verstehe, warum Hart dich hasst, Rick. Er ist eifersüchtig, weil du eine richtige Familie hast, weil dein Vater dich wollte und seiner ihn nicht, weil er bis zum heutigen Tag glaubt, dass eure Mutter dich mehr geliebt hat als ihn.“
„Dann muss er eben so weiterleben“, fuhr Bragg auf.
„Er ist auch eifersüchtig, weil wir einmal zusammen waren. Doch vor allem ist er eifersüchtig, weil du so einen fabelhaften Ruf hast – einen, den du dir verdient hast.“
„Worauf willst du hinaus?“
„Ich verstehe ihn, doch dich verstehe ich nicht. Warum bist du eifersüchtig auf ihn?“
Forschend sah Bragg sie an, doch Francesca verzog keine Miene. Schließlich antwortete er: „Ich bin nicht eifersüchtig. Aber weil ich dich noch immer sehr mag, will ich nicht, dass er dein Leben ruiniert, Francesca, denn das wird er tun.“
„Das weißt du nicht. Und vielleicht ist es auch nicht an dir, über ihn zu urteilen“, rief Francesca.
„Ich werde dir mal etwas über deinen Verlobten erzählen“, sagte er aufgebracht. „Ich habe meine ganze Kindheit damit verbracht, mich um ihn zu kümmern, ihn zu beschützen, ihn zu retten, bis Rathe uns beide gerettet hat. Unsere Mutter war zu beschäftigt und später zu krank, um irgendetwas davon zu tun. Ich erinnere mich, dass ich ihn gefüttert habe, als er noch Windeln trug – ich kann damals nicht ältergewesen sein als drei! Ich erinnere mich, dass ich mit ein paar Münzen in der Tasche zum Laden an der Ecke ging und Hart an meiner Hand hielt. Da war ich sechs oder vielleicht sieben und er vier oder fünf. Ich erinnere mich, dass ich ihm ein Glas Milch zum Frühstück gab, als Lily zu krank dafür war. Verdammt! Er hat niemals auch nur versucht, einen Gefallen zurückzugeben, er hat sich niemals dankbar gezeigt, er hat noch nicht einmal versucht, mein Bruder zu sein. Er hat sein ganzes Leben immer nur an sich gedacht und immer nur getan, was er wollte. Ich habe Jahre gebraucht, um zu begreifen, dass es den Bruder, den ich liebte und brauchte, nicht gab und niemals geben wird. Etwas stimmt nicht mit deinem Verlobten. Er hat nur ein Ziel
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