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Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben

Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben

Titel: Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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genug hielt, um über sie zu schreiben. „Also packte der Schlitzer Sie von hinten, nachdem Sie sich ausgezogen hatten.“
    „Ja“, bestätigte Kate. „Ich hatte ihn vorher überhaupt nicht bemerkt, aber ich war auch sehr müde, weil ich den ganzen Tag auf den Beinen gewesen war. Mrs Hathorne hatte mich gebeten, früher ins Geschäft zu kommen, um ihr bei der Inventur zu helfen. Es war ein sehr langer Tag, so lang, dass ich beinahe im Stehen eingeschlafen wäre. In diesem Moment zog ich noch meinen Morgenmantel über, im nächsten hatte er einen Arm um mich gelegt, und in der anderen Hand hielt er das Messer.“
    „Und er war groß, wie Sie sagten.“
    „Ja. Und elegant.“
    „Elegant? Wie kommen Sie darauf?“, fragte Francesca. David Hanrahan war eindeutig kein eleganter Mann, doch Kate konnte sich auch irren. Den Opfern von Gewaltverbrechenunterliefen oft Fehler, wenn es darum ging, den Täter zu beschreiben.
    „Seine Kleidung“, antwortete Kate. „Sein Jackett war aus sehr feiner Wolle, wie sie nur ein Gentleman tragen würde.“
    „Sind Sie sich da ganz sicher?“
    „Ich konnte den Ärmel sehen, Miss Cahill. Er gehörte zu einem sehr gut geschneiderten dunkelgrauen Anzug. Es war ein sehr feiner Ärmel.“
    „Und Sie sind sich in diesen Punkten völlig sicher?“
    „Ja, das können Sie mir glauben. Ich sah auch die Hand, mit der er mich umfasst hielt und die auf meinem Bauch lag – nicht die Hand, in der er das Messer hielt.“
    Francesca verschlug es angesichts solch hervorragender Details fast den Atem. „Und?“
    „Seine Hände waren zart und glatt, nicht die schwieligen, geröteten Finger eines Arbeiters. Und dann war da noch ein Ring. Ich kann mich nicht genau an ihn erinnern, aber es war ein goldener Ring – mit einem Stein. Welche Farbe er hatte, weiß ich leider nicht mehr.“ Ihre Augen blitzten auf. „Er war ein Gentleman, daran habe ich nicht den mindesten Zweifel.“
    Das Ganze war einfach unglaublich, dachte er sich, während er von seiner Position auf der anderen Seite der Sixth Avenue aus das Schaufenster des Hutgeschäfts beobachtete. Es war unglaublich, dass diese berüchtigte Francesca Cahill mit der Suche nach dem so genannten Schlitzer begonnen hatte, dass sie es wagte, die ersten beiden Weibsbilder aufzusuchen und ihnen Fragen zu stellen, obwohl die Polizei sich bereits darum gekümmert hatte. Und es war unglaublich, dass sie es wagte, ihn entlarven zu wollen.
    Dass sie klug war, wusste er. Schließlich hatte er alles über sie gelesen, was geschrieben wurde. Doch er war sich sicher, dass sie nicht mal halb so klug war wie er.
    Er beobachtete die beiden, wie sie vor dem Geschäft standen und sich unterhielten. Er hasste sie so sehr, dass er zu zittern begann.
    Oh Gott, wie sehr er sie alle hasste, alle diese treulosen Weibsbilder. Ihre Versprechen konnte er noch mitzählen, doch die Lügen waren so zahlreich, dass er längst aufgegeben hatte, sie nachzuhalten. Jetzt war ihm klar, dass er sie hätte töten sollen, anstatt sie nur zu warnen.
    Seine Finger zuckten nervös, und er steckte die Hand in die Tasche, in der sich das Messer befand.
    Er hatte seine Pläne ändern müssen.
    Dieses Weibsbild würde sterben.

9. KAPITEL
    Donnerstag, 24. April 1902
Mittag
    Francesca wartete in Braggs Büro, bis er mit seiner Besprechung fertig sein würde. Gelangweilt schlenderte sie durch das Zimmer und blieb vor seinem Schreibtisch stehen. Neben den zahlreichen Akten und Mappen lag dort auch ein Notizblock, auf dessen oberstem Blatt sie Braggs Handschrift erkannte. Seine Notizen hatte er hastig und nachlässig zu Papier gebracht, was gar nicht zu ihm passen wollte. Sie sah, dass er einen Bericht für den Bürgermeister zusammenstellte.
    Natürlich ging es sie nichts an, dennoch hoffte sie, seine internen Ermittlungen würden zu den gewünschten Ergebnissen führen, zumindest aber seiner Karriere förderlich sein. Sie konnte nicht anders, als zum Kamin zu gehen und ihren Blick über den Sims schweifen zu lassen. Ein Feuer brannte nicht, da der Mai praktisch vor der Tür stand und die Morgenzeitungen der Stadt einen Tag mit Temperaturen von bis zu zwanzig Grad versprachen. Auf dem Sims entdeckte sie ein Foto von Leigh Anne.
    Sie wusste, es war vor längerer Zeit aufgenommen worden, da Leigh Anne noch sehr jung und unschuldig aussah. Sie lächelte den Fotografen freudestrahlend aus einem Sessel an, der in einem verschwenderisch eingerichteten Salon stand. Francesca fragte sich, wie ihre

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