Es wird Dich rufen (German Edition)
nichts anzufangen wusste. Oft genug hatte ihr Vater ja von ihm gesprochen, wenn er seine Pläne erläuterte, in denen der legendäre Gegenstand stets bedeutsam gewesen war. Sie verstand nur nicht, welche Rolle Mike Dornbach dabei spielen sollte.
»Der Gral ist von essenzieller Bedeutung für uns!«, sagte der General. »Wir brauchen ihn und wir befürchten, dass wir nicht an ihn herankommen werden, sollte dieser Journalist seine Rolle als Wächter übernehmen. Dann besitzt er die Macht.«
»Welche Macht?« Wovon sprach ihr Vater nur?
»Wer die Zukunft kennt, kennt auch die drohende Gefahr«, antwortete Boone.
»Das dritte Auge Luzifers«, erklärte der General. »Dornbach ist auserwählt, es zu beschützen.«
»Jetzt verstehe ich so einiges!«, nickte sie. »Deshalb hat er hier so viele Leute um sich, obwohl er doch eigentlich keinen Menschen kennen kann!«
»Wie meinen Sie das?«, fragte Boone beunruhigt.
»Na ja, seit er hier ist, laufen viele seltsame Gestalten um ihn herum, mit denen er über irgendeinen Schatz spricht.«
»Das ist nicht gut!« Boones Stirn legte sich in Falten. »Dann ist davon auszugehen, dass er bereits Bescheid weiß.«
»Das glaube ich nicht!«, widersprach sie.
»Das ist auch zweitrangig. Wir müssen dringend handeln«, sagte der General. In diesem Punkt war er sich ausnahmsweise wieder einmal mit dem Vertreter der »Söhne Luzifers« einig. »Pierre! Sie müssen sich sofort darum kümmern!«
»Wie Sie wünschen!«
»Gut«, nickte der General zufrieden. »Vergessen Sie, was ich Ihnen bezüglich einer gewissen Zurückhaltung gesagt habe. Besorgen Sie mir die Papiere! Egal wie!«
»Sie werden sie spätestens heute Abend haben«, versprach Pierre. »Hervorragend!«, lobte er den Butler, während er mit seinem Blick Boone scharf anvisierte. »Auf Leute wie Sie, Pierre, ist eben Verlass!«
28
»Haben Sie die Männer vorhin auf dem Parkplatz gesehen?«, fragte der Großmeister.
»Sie waren nicht zu übersehen«, nickte Jean.
»Sie sind also tatsächlich schon hier!«, bemerkte der Großmeister.
»Es war damit zu rechnen, dass es passieren würde.«
Die beiden saßen in einem Bereich der Villa Bethania, der der Öffentlichkeit nicht zugänglich war. Sie waren zum Frühstück verabredet, um über das weitere Vorgehen hinsichtlich des jungen Journalisten zu beraten. Jean hatte das Haus nur wenige Augenblicke zuvor betreten.
»Einen der Männer kenne ich«, sagte der Großmeister, »Boone. Ein gefährlicher Zeitgenosse. Er ist einer der besten Agenten, den die Söhne haben. Dass sie ihn hierher geschickt haben, ist kein gutes Zeichen.«
»Vielleicht sollten wir es ihm doch sagen«, schlug der alte Mann vor, nachdem er einen Augenblick überlegt hatte, wie sie Mike Dornbach bestmöglich vor ihren Widersachern schützen konnten.
»Sie wissen so gut wie ich, dass uns die Hände gebunden sind, solange er nicht um unsere Hilfe bittet.«
»Das ist leider so«, seufzte Jean. Er erinnerte sich, wie er selbst damals an das Amt als Wächter des heiligen Schreins herangeführt wurde. Lange hatte es gedauert, bis er sich dessen bewusst geworden war – sehr lange. Die »Bewahrer des Lichts« hatten große Geduld bewiesen.
»Ich habe Caroline angerufen und Monsieur Dornbach ausrichten lassen, dass wir uns treffen müssen«, sagte Jean. »Michelle wird ihm nachher die Gegend zeigen. Ich werde sie begleiten.«
»Was werden Sie erkunden?«
»Wir sollten den Bézu besteigen.«
»Den Templerberg!«, sagte der Großmeister erfreut. »Das ist eine gute Idee! Tun Sie das und achten Sie auf seine Reaktion!«
29
Mike trat abrupt auf die Bremse.
Nur noch wenige Meter trennten ihn vom Parkplatz unterhalb des Wasserturms von Rennes-le-Château.
Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte er, vor der Kirche seinen Chefredakteur erkannt zu haben: Walter Stein.
Als er den Wagen einige Meter zurücksetzte, um sich zu vergewissern, war der Mann aber bereits um die Ecke gebogen und damit aus Mikes Sichtfeld verschwunden. Doch es gab noch eine andere Möglichkeit, sich seines Eindrucks zu vergewissern.
Die Straße, die der Mann genommen hatte, führte hinter den Gebäuden hinauf zum Tour Magdala und damit auch zum Parkplatz des kleinen Dorfes. Das wusste Mike inzwischen. Folglich musste er ihm dort begegnen und spätestens dann würde sich klären, ob er einer Halluzination aufgesessen war oder ob Stein – weshalb auch immer – tatsächlich unerwartet im Dorf aufgetaucht war.
Kaum am Parkplatz
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