Es wird Dich rufen (German Edition)
Pierre. »Wir haben gestern noch versucht, an die Dokumente heranzukommen, aber es bot sich leider keine geeignete Gelegenheit. Im Hotel war zu viel los. Es war nicht möglich, unbemerkt den Safe zu öffnen. Wir werden die Papiere heute Mittag beschaffen, sobald er das Hotel verlassen hat.«
»Gut!«, sagte der General erleichtert. Für den Moment hatte er genug erfahren.
Es war an der Zeit, sich seiner Tochter zu widmen, die er lange nicht gesehen hatte. Sie wartete im Auto auf ihn, weil er sie darum gebeten hatte, zuerst mit den beiden Männern »unter sechs Augen« zu sprechen.
Mit einer freundlich einladenden Geste forderte er sie nun auf, aus dem Wagen auszusteigen und zu ihm zu kommen.
»Mein kleiner Engel«, drückte er sie herzlich an seine Brust. »Geht es dir gut?«
»Na klar, Dad!«, strahlte sie ihn an, während Boone die familiäre Zusammenkunft mit einem skeptischen Blick beobachtete, der ihr nicht entging.
»Wer ist das?«, fragte sie ihren Vater und musterte Boone interessiert. »Das ist ein Geschäftspartner.«
»Ach so!« Sie wandte sich wieder dem General zu. »Es gibt so vieles zu erzählen!«
»Das glaube ich, aber wir müssen uns jetzt auf das Wesentliche beschränken!«
»Ich weiß, wie der Mann heißt, der die Papiere …«
»Dornbach«, unterbrach Boone sie – sehr zu ihrem Missfallen.
»Sie sind ja ein ganz Schlauer!«, sagte sie und ging auf ihn zu, bis sich ihre Körper fast berührten. Boone ließ sich durch diese drohende Geste allerdings nicht irritieren, er blieb ruhig stehen.
»Sie haben es erkannt, Miss …«, er machte eine kurze Atempause, um dann nicht ohne eine gehörige Portion Sarkasmus fortzufahren, »Miss …, ja, wie soll ich Sie denn nennen? Sie haben doch hoffentlich einen Namen – im Gegensatz zu Ihrem verehrten Herrn Vater?«
»Was soll der Blödsinn?«, antwortete sie aufgebracht. »Natürlich habe ich einen Namen! Und wenn Sie es genau wissen wollen, er …«
»Tut nichts zur Sache«, unterbrach der General sie schroff.
»Warum das denn?« Sie sah ihn erstaunt an.
»Es muss niemand wissen, wer wir sind«, ermahnte sie der General streng. »Schon zu unserem eigenen Schutz! Es ist besser, wenn unsere Identität geheim bleibt, mein kleiner Engel.«
Achselzuckend nahm sie die Aussage ihres Vaters zur Kenntnis. Sie wusste, dass er in manchen Dingen ein wenig seltsam tickte.
»Eine äußerst merkwürdige Argumentation!«, bemerkte Boone süffisant, was den General erneut wütend machte, doch nach außen beherrschte er sich. Das musste er, solange er unter der Beobachtung des Ordens stand, dessen Hilfe er zur Durchsetzung seiner Ziele noch brauchte. Er würde Boone die Rechnung später begleichen lassen.
Sein erster Eindruck hatte ihn jedenfalls nicht getäuscht. Einen unbedeutenden Moment lang war er zwar tatsächlich davon ausgegangen, dass man mit Boone gut zusammenarbeiten könnte, doch dieser Eindruck war schneller verflogen, als er zu greifen gewesen war. Spätestens seitdem er sich ungefragt in seine Privatangelegenheiten eingemischt hatte und seine Entscheidungskompetenz zu untergraben versuchte.
»Ich denke, das müssen Sie mir überlassen, Mister Boone!«
»Wie Sie meinen, General.«
»Sie sehen es genau richtig, Mister Boone, wie ich meine!«
»Entschuldigen Sie, wenn ich frage, aber was ist denn der eigentliche Grund unseres Zusammentreffens?«, versuchte Pierre die beiden streitlustigen Männer von ihrem kleinen Wortgefecht abzubringen. »Ich gehe nicht davon aus, dass Sie sich lediglich über den Stand der Dinge informieren wollten, General.«
»Sie haben ganz recht!«, klopfte der General seinem Butler anerkennend auf die Schulter. »Wir sollten uns um die wirklich wichtigen Dinge kümmern.«
»An der Zeit wäre es«, bemerkte Boone.
»Pierre, wir haben ein Problem!«
»Welcher Art, General?«
»Der junge Journalist, dieser Dornbach, er könnte uns weitaus gefährlicher werden, als uns lieb ist«, erklärte der General.
»Ich hatte Sie gewarnt!«, fühlte sich der Butler bestätigt.
»Mike Dornbach?«, lachte die Tochter des Genarals laut auf. »Wo soll der denn bitte gefährlich sein? Da muss ein Irrtum vorliegen.«
»Ich fürchte nicht, mein Engel.«
»Dornbach soll der neue Wächter des Grals werden«, warf Boone ein, »und das dürfen wir nicht zulassen.«
»Wächter?«, fragte sie. »Wovon spricht der Typ?« Irritiert sah sie abwechselnd ihren Vater und seinen Begleiter an. Nicht, dass sie mit der Bedeutung des Grals
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