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Es wird Dich rufen (German Edition)

Es wird Dich rufen (German Edition)

Titel: Es wird Dich rufen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Cross
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größer, viel gewaltiger vor als das erste Mal. Und doch war alles gleich. Selbst der Totenschädel lag noch immer auf dem Tisch. Er lachte Mike aus. Seine schier unerträgliche Häme war nicht zu überhören.
    »Ich habe dir doch gesagt, dass du sterben wirst!«, quietschte er vergnügt. »Du wolltest ja nicht hören, du dummer Mensch.«
    Mike drehte sich zu seinem Vater um. »Wer ist das?«
    »Er ist ein Teil von dir.«
    »Er macht mir Angst.«
    »Ich weiß«, nickte Mikes Vater wissend. »Das ist auch in Ordnung. Die Angst ist eine Art Selbstschutz. Sie darf dich nur nie dominieren. Du bestimmst, ob du sie zulässt oder nicht – und nicht umgekehrt.«
    Leise schien der grüne Stein in der Mitte des Raumes nach Mike zu rufen. »Benedictio Sacratissimi«, hörte er es von allen Seiten leise widerhallen.
    Er ging langsam auf das Zentrum des Raumes zu und berührte vorsichtig den übergroßen, flachen Stein, auf dem er zuvor gelegen hatte. Dieser fühlte sich eigenartig warm an. Es schien eine ganz besondere Kraft von ihm auszugehen, die dem Journalisten sofort jede Art von Angst und Selbstzweifel nahm. Er fühlte sich sicher.
    »Akzeptiere, was passiert ist, und gehe!«, rief ihm der Totenkopf dessen ungeachtet zu. »Du bist tot!«
    »Nein«, widersprach Mike energisch. »Nein!«
    Dann strich er über den Stein, der plötzlich weich und durchlässig wurde. Seine Hände tauchten bis zu den Ellenbogen ein und er spürte, wie das grüne Etwas Besitz von ihm ergriff. Instinktiv schloss er die Augen, bis er sich mit dem Oval vereint fühlte. Es war ein Moment, in dem er glaubte, das Universum mit seinen Händen greifen zu können. Er war ein Teil der Unendlichkeit des Seins geworden.
    »Schau hinter die Dinge«, ermutigte ihn sein Vater, der ebenso inmitten dieses Seins zu schweben schien.
    »Du bist tot! Du bist tot! Du bist tot!«, versuchte der Schädel erneut, Mike zu beeinflussen, doch er nahm ihn kaum noch wahr.
    Der Redakteur ließ sich fallen und wurde von den positiven Schwingungen getragen, die der Kuppelsaal aussandte.
    Plötzlich wurde ihm bewusst, worüber Jean die ganze Zeit mit ihm gesprochen hatte, was er mit dem Dreiklang meinte, mit der Bedeutung des Dualismus, dem Geheimnis der Zeit. Mike kannte nun seine Aufgabe und er wusste, was zu tun war.
    Er öffnete die Augen und sah seinen Vater an, der neben ihm stand. »Du musst jetzt gehen, Mike.«
    »Werden wieder uns wiedersehen?«
    »Das werden wir«, versprach er. »Und vergiss eines nicht: Ich bin bei dir, wo immer du bist.«
    »Ich werde es nicht vergessen! Ich werde dich nie vergessen!«
    Der gesamte Raum begann nun immer heller zu pulsieren – ausgehend von dem gleichmäßig schlagenden grünen Stein, einem menschlichen Herz ähnlich. Durch die Fasern der Säulen floss das unzerstörbare Elixier des Lebens.
    Mike sah seinen Vater, wie er noch einmal die Hand zum Gruß hob, ehe seine Konturen von dem immer greller werdenden Licht allmählich verschluckt wurden.
    Geblendet von dem intensiven Glanz, schloss Mike die Augen.
    Aus der Ferne hörte er dumpfe Stimmen, die aufgeregt miteinander sprachen. Er zuckte zusammen. Auf der linken Seite verspürte er plötzlich einen rasenden Schmerz.
    Nur langsam fand er in die Realität zurück.
    Auch wenn alles um ihn herum noch ziemlich verschwommen war, so bekam er doch mit, dass sich ihm mehrere Köpfe entgegenstreckten. Einer der Umstehenden war bemüht, ihn notärztlich zu versorgen.
    Mike lag mit dem Rücken auf der Wiese vor dem Château in Arques. Irgendwo zwischen ihm und dem Turm nahm er das rotierende Blaulicht eines Rettungswagens wahr.
    »Er kommt wieder zu sich!«, hörte er eine Stimme rufen.
    »Na Gott sei Dank!«, meldete sich eine andere zu Wort, die ihm sehr vertraut klang.
    Vorsichtig versuchte Mike, sich zu erheben. Es fiel ihm nicht leicht. Er hatte rasende Kopfschmerzen. Sein Oberkörper ließ sich nur schwer bewegen.
    »Bleib liegen, Mike! Die Ärzte kümmern sich um dich.«
    Ungläubig schaute er den Mann an, der neben ihm im Gras kniete und ihn stützte.
    »Walter?«, fragte er.
    »Ja, ich bin es«, antwortete Stein.
    »Wie kommst du hierher?« Auch wenn er sich Steins Anwesenheit nicht erklären konnte, erfüllte es ihn doch mit tiefer Freude, in diesem Augenblick das vertraute Gesicht eines Freundes vor sich zu haben.
    »Das erkläre ich dir später. Wie geht es dir?«
    »Beschissen!«, antwortete Mike, rang sich aber dennoch ein leichtes Lächeln ab.
    »Du hattest großes

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