Es wird Dich rufen (German Edition)
hereinfallen, Wächter!«
»Vielleicht sollten Sie wissen, dass ich die Lanze schon in meinen Händen gehalten habe«, erzählte der General. »Den Eindruck, dass sie mir geschadet hat, habe ich nicht gewonnen.«
»Das ist mir bewusst«, nickte Jean. »Sie strahlen es aus. Die Lanze hat tatsächlich einen Teil ihrer Energie auf Sie übertragen. Aber ich sehe auch, dass Sie nicht in der Lage sind, damit umzugehen.«
»Geschwätz!«, wiederholte Boone.
Jean drehte sich ihm zu. Ein schelmisches Grinsen formte sich in sein altes Gesicht.
»Wie einfältig es doch ist, Mister Boone, derlei Dinge als Geschwätz abzutun und zugleich an die Existenz des Heiligen Grals zu glauben, finden Sie nicht?«
»Verschonen Sie uns mit diesem Blödsinn!«, reagierte Boone barsch. »Wenn Sie wirklich denken, dass Ihnen das helfen wird, dann sind Sie vollkommen schiefgewickelt! Das beeindruckt hier niemanden. Verstehen Sie, Wächter? Niemanden!«
»Sie haben Menschen auf dem Gewissen, General«, fuhr Jean dessen ungeachtet fort. »Ich sehe das in Ihren Augen. Und ich glaube nicht, dass Sie es überleben würden, wenn Sie den Heiligen Gral wirklich in Ihren Händen hielten und das Ritual vollzögen. Sie würden daran sterben und den Kelch somit den ›Söhnen Luzifers‹ überlassen. Sie sind deren Marionette in einem widerlichen Puppentheater und Sie merken es noch nicht einmal. Ganz offen gesagt: Sie tun mir leid!«
»Sie wollen mich doch nur einschüchtern«, widersprach der General in barschem, jedoch leicht verunsichertem Ton. »Wieso sollte ich daran sterben? Davon steht nichts in den Unterlagen!«
»Weil Sie ausschließlich aus Rachsucht handeln. Aus Hass, der sich gegen Sie wenden wird, sobald sie das Ritual vollzogen haben! Sie haben sich von der Menschheit abgewandt und wollen sie bestrafen. Sie sind blind vor Zorn geworden. So blind, dass Sie nicht einmal in der Lage sind, zu begreifen, welcher zerstörerischen Macht Sie sich ausgesetzt haben. Ich verrate Ihnen etwas: Das Ritual, das sie durchzuziehen beabsichtigen, wird die Energien bündeln und so verstärken, dass Sie nicht in der Lage sein werden, ihrer Herr zu werden. Nein, Sie werden es nicht überleben, wenn Sie die wahre Kraft des Grals zu spüren bekommen sollten.«
»Hören Sie endlich auf!«, schrie der General und verpasste Jean eine Ohrfeige. Kommentarlos ließ der alte Mann es über sich ergehen.
»Sie sind ein verdammter Lügner, alter Mann!«, ärgerte sich der General. »Sie wissen, dass ich kurz vor dem Ziel stehe und wollen mich mit allen Tricks daran hindern.«
»Die ›Bewahrer des Lichts‹ benötigen keine Tricks.«
»Ich glaube Ihnen nicht!«, sagte der General.
»Es ist Ihre eigene Entscheidung. Falls Sie es noch können, fühlen Sie in sich hinein. Sie wissen längst, dass Sie mir glauben sollten«, bemerkte Jean. »Es wäre besser für Sie – und für Ihre Tochter!«
»Meine Tochter?« Jeans Bemerkung machte den General noch wütender. »Lassen Sie meine Tochter aus dem Spiel! Sie hat nichts damit zu tun! Und überhaupt: Woher wissen Sie von ihr?«
»Ich hatte bereits das Vergnügen, ihr zu begegnen.«
»Sie lügen!«, schrie der General.
»Wenn Sie die Geschichte kennen würden, wüssten Sie, dass das Lügen nicht zu den Gewohnheiten eines Wächters gehört.«
»Woher kennen Sie meine Tochter?«
»Es war in einem Hotel unweit von Rennes-le-Château, als ich sie das erste Mal traf. Ich habe sie sofort erkannt – an dem kleinen Tattoo auf ihrer Schulter. Sie hat doch eines, nicht wahr?«
»Lassen Sie meine Tochter aus dem Spiel!«, wiederholte der General seine bereits geäußerte Forderung nachdrücklich. Gleichwohl war nicht mehr zu übersehen, dass Jeans Aussagen ihn mehr und mehr verunsicherten.
»Das kann ich nicht«, entgegnete Jean ruhig. »Ihre Tochter ist Ihr und mein Schicksal – ob wir es wollen oder nicht!«
51
Es war ein unbeschreibliches Gefühl des Glücks, das Feline in diesen Momenten durchdrang. Erst vor wenigen Minuten war sie verzweifelt in Mikes Hotel angekommen, mit dem inneren Bedürfnis, noch einmal den Ort aufzusuchen, an dem er zuletzt gewohnt hatte. Dort wollte sie sich eigentlich nur von ihm verabschieden – dass er noch lebte, damit hätte sie nie gerechnet.
Auf der ganzen Fahrt dorthin hatte sie sich große Vorwürfe gemacht, weil sie zugelassen hatte, dass Boone Mike ermordete – bei allem Verständnis für das Streben ihres Vaters nach Ruhm und Erfolg. Bis zu diesem schrecklichen Augenblick
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