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Es wird Dich rufen (German Edition)

Es wird Dich rufen (German Edition)

Titel: Es wird Dich rufen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Cross
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französischen.
    »You have luck!«, sagte sie ihm. Sie haben Glück. Nur wenige Stunden zuvor war ein Gast kurzfristig abgereist, nachdem er von seiner Firma nach Hause beordert worden war.
    »Das Zimmer hat anscheinend auf mich gewartet«, scherzte Mike. Auf Anhieb hatte er die freundlich-sympathische Art der Frau, die in der Blüte ihres Lebens stand, mit ihren roten Haaren und dem viel zu weiten T-Shirt über den engen Leggins gemocht.
    »Allez!«, rief sie ihm zu und deutete ihm an, dass er ihr die Treppe hinauffolgen sollte.
    Sein Zimmer lag im zweiten Stock und bot alle Annehmlichkeiten, die er brauchte: ein weiches Bett, eine kleine Snackbar, Radio und Fernseher, sogar eine Badewanne mit integrierter Dusche war vorhanden.
    Beim Anblick der Wanne freute sich Mike darauf, gleich ein entspannendes, ausgedehntes Bad nehmen zu können.
    Nach einer halben Stunde hatte er seine Klamotten im Schrank verstaut und die Utensilien fürs Bad an den rechten Platz gestellt. Während im Hintergrund bereits das Wasser in die Wanne plätscherte, saß Mike auf dem Bett und hielt den Umschlag aus Rennes in der Hand. Er überlegte, was er damit machen sollte.
    Eines stand ja nun fest: Der Adressat war auf alle Fälle unerreichbar. Ebenso wie der Absender. Wem aber sollte er den Inhalt dann übergeben? Seinen Nachfahren? Hatte ein katholischer Priester überhaupt welche? Der Kirche? Der Gemeinde?
    Wer war der rechtmäßige Besitzer?
    Bestimmt hätte es ihm der Unbekannte sagen können, der in Rennes in seinen Armen gestorben war. Fragen konnte er ihn leider nicht mehr.
    Mike stand also vor einer schweren Entscheidung.
    Durfte er den Umschlag öffnen? Immerhin war sich der Journalist sicher, dass er den Schlüssel zum Mordanschlag in Rennes darin finden würde. Sollte er es also wagen? Sollte er einen Blick riskieren?
    Alles oder nichts, dachte er schließlich und beschloss, ihn zu öffnen – ob er das Recht dazu hatte oder nicht. Seine Wissbegierde war einfach zu groß geworden.
    Vielleicht befanden sich darin ja Papiere, die im Zusammenhang mit dem von Jean erwähnten Geheimnis des Abbés Saunière ganz brauchbar sein konnten.
    »Was soll´s«, sagte er zu sich. »Augen zu und durch.«
    Mike griff nach seinem Taschenmesser, das er bei den anderen kleinen Gebrauchsgegenständen auf dem Tisch unterhalb des Fensters deponiert hatte, und öffnete das Kuvert. Sein Herz schlug dabei vor Aufregung, so als stünde ihm eine Prüfung unmittelbar bevor.
    Die Spannung stieg, nachdem er einen ersten Blick auf den Inhalt geworfen hatte: Einige leicht vergilbte, demnach ältere Dokumente befanden sich in dem Umschlag.
    Mike holte sie heraus.
    Doch so erwartungsfroh er auch gewesen war, so schnell stellte sich nun blanke Nüchternheit, ja, fast Enttäuschung ein. Spektakuläres schien er nicht in den Händen zu halten. Ganz im Gegenteil: Die von ihm erhofften Antworten auf die Fragen, die sich im Zusammenhang mit dem Mord an dem Unbekannten in Rennes aufgetan hatten, fand er hier zumindest nicht.
    Zwei der Dokumente enthielten eine Art Stammbaum. Abgesehen davon, dass er die alte Schrift kaum entziffern konnte, entdeckte Mike einige Jahreszahlen, die bis ins 13. Jahrhundert zurückreichten.
    Auf einem weiteren Pergament - es enthielt das sorgsam aufgemalte Siegel einer mittelalterlichen Adelsfamilie - standen Worte in eigentümlich verschnörkelter Schrift.
    Weiterhin hatte der Umschlag ein Testament und zwei weitere Manuskripte mit lateinischen Texten verborgen. Zwar war es Mike während seiner Schulzeit trotz größter Schwierigkeiten tatsächlich gelungen, das Große Latinum zu schaffen, doch er beherrschte es kaum noch. Seine verbliebenen Latein-Kenntnisse reichten gerade aus, um festzustellen, dass es wohl biblische Texte waren.
    Beim Überfliegen der Großbuchstaben war ihm zumindest mehrfach das Wort »IESU« begegnet. Die Texte handelten also von Christus. Für einen Priester, dem sie zu gehören schienen, nicht ungewöhnlich.
    Etwas kam ihm aber merkwürdig vor: Bei dem kürzeren Text fielen einige der Buchstaben aus der Reihe. Entweder waren sie deutlich oberhalb oder deutlich unterhalb der jeweiligen Textzeile platziert.
    Im unteren Bereich fand er, genauso deutlich abgesetzt, die Worte »SOLIS SACERDOTIBUS«, was in etwa bedeutete: nur für Priester oder: nur für Eingeweihte.
    Gleich daneben stachen Mike zwei weitere Buchstaben ins Auge. Sie standen frei im Raum und waren mit einem über ihnen liegenden Halbkreis verbunden: »PS«.

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