ESCORTER (German Edition)
ihren Kaffee. David hatte keinen Zucker hineingetan, aber sie trank ihn dennoch. Sie brauchte das Koffein, um nicht einzuschlafen.
Als David unvermittelt das Tempo drosselte, schreckte sie hoch und sah sich hektisch um. Scheinbar war sie eingeschlafen. »Wo sind wir?«
»Wir haben gerade die slowakische Grenze überquert«, erklärte er. Er sah blass aus und müde, doch wirkte er wesentlich entspannter als zuvor.
»Kannst du mir jetzt verraten, wohin wir fahren?«, wagte Doreé einen weiteren Versuch.
»Nach Súľov, zu meinem Vater.«
Erstaunt hob Doreé die Augenbrauen. »Deinem Vater?«
»Ja, er arbeitet als Küster und weiß alles über die Gideonisten, gehörte ihnen selbst viele Jahre lang an. Das macht ihn nicht nur zu einem vertrauenswürdigen, sondern auch relativ sicheren Unterschlupf.«
Von seinen Worten einigermaßen beruhigt ließ Doreé ihren Blick über das grüne Hügelland gleiten. Eine riesige Burg thronte auf der Bergkette zu ihrer Linken mit Türmen und einer vollständig erhaltenen Burgmauer. Darunter zog sich Wein über die Hänge, kilometerlang, so schien es ihr. Nur widerwillig riss sie sich vom Anblick der malerischen Landschaft los. »Warum hast du mich nicht zu Ben Nuru zurückgebracht?«
Er warf ihr einen düsteren Blick zu. »Du weißt warum.«
Sie dachte an Kurt und das, was er zu David gesagt hatte. War das wirklich erst zwölf Stunden her? »Ich verstehe. Kollateralschaden und so.«
David enthielt sich einer Erwiderung. Während sie wieder die Weinberge betrachtete, fragte sie sich, ob er sich für seine gottesfürchtigen Mitstreiter schämte oder ob er nur in ihrem speziellen Fall anderer Meinung war.
»Können sie sich nicht denken, dass du zu deinem Vater gehst?«
»Eher nicht«, erwiderte er ausweichend.
»Warum nicht?«
Er stöhnte auf. »Du fragst ganz schön viel.«
Natürlich tat sie das, und sie wollte Antworten. »Und du hast mir ganz schön viel verheimlicht. Du schuldest mir die Wahrheit.«
Seine Augenbrauen schossen in die Höhe. Plötzlich wirkte er amüsiert. »Ich habe dich vor dem Schattenträger gerettet und wegen dir mit den Gideonisten gebrochen, ich würde sagen ich schulde dir nicht das Geringste.«
Auch wieder wahr. »Du bist sauer auf mich.«
Statt einer Antwort zuckte er mit den Schultern. »Ein wenig.«
16
Jakob schlug die Augen auf. Sein Kopf schmerzte dumpf. Übelkeit spülte über ihn hinweg. Er würgte.
»Musst du dich übergeben?«, fragte eine Stimme. Irina. Sie schob ihm einen Eimer hin. »Hier. Den kannst du benutzen.«
Ächzend hob er den Kopf und erbrach sich.
»Das liegt an dem Betäubungsmittel«, erklärte sie.
Nachdem sich sein aufgebrachter Magen geleert hatte, suchte er Irinas Gestalt und fand sie verborgen im Halbschatten neben dem Fenster. Sie saß auf einem Stuhl und betrachtete ihn. »Es tut mir leid, dass ich dich betäuben musste, aber du wärst mir bestimmt nicht freiwillig gefolgt.«
Jakob blinzelte den Schleier vor seinen Augen weg und legte den Kopf auf das Kissen zurück. Tausend Fragen wirbelten durch seinen Kopf. Nicht eine davon konnte er stellen, es sei denn, er schaffte es, sein Schweigen zu brechen. Irina lachte leise. »Du hast Fragen, ich weiß, und sicher hast du auch Angst. Doch du brauchst keine Angst zu haben, wir werden dir nichts tun.«
Soweit Jakob von den zahllosen Krimiserien, die er in den letzten Jahren gesehen hatte, wusste, sagten Verbrecher das immer, bevor sie eine Pistole zogen und ihr Gegenüber abknallten. Der Gedanke brachte seinen Puls zum Rasen. Er versuchte, einen Punkt an der Decke zu fixieren, um sich zu beruhigen. Jemand öffnete die Tür und betrat das Zimmer. Ein Mann.
»Ist er aufgewacht?«, fragte er. Seine Stimme klang tief und melodisch.
»Ja, gerade eben. Aber wie ich dir bereits gesagt habe, Ben, er wird nicht mit dir sprechen.«
Der Mann namens Ben brummte etwas und trat auf Jakob zu. »Dann werde ich eben mit ihm sprechen.«
Ohne seinen Kopf zu bewegen, betrachtete Jakob ihn. Er hatte schwarze Haut und war groß, größer noch als er. Eine unmittelbare Gefahr schien nicht von ihm auszugehen, trotzdem strahlte er etwas Bedrohliches aus, wie ein Bär, dem man besser aus dem Weg geht, selbst wenn er einen nicht beachtet.
»Hast du Durst?«, fragte er an Jakob gewandt.
Natürlich hatte er das. Sein Mund fühlte sich an wie ein ausgetrockneter Schwamm.
»Hol unserem Gast eine Flasche Wasser«, befahl der Mann.
Irina erhob sich und verließ
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