Eskandar: Roman (German Edition)
wirft seine Frau gerade einen kleinen eisernen Topf nach ihrem Bruder Agha-Javad und schreit, ich mache es nicht mehr, auch wenn es mich das Leben kostet.
Khanum, was tun Sie da?, versucht Eskandar-Agha sie zu beruhigen. Was sollen die Leute von Ihnen und mir denken?
Khadije-Khanum wirft sich ihm an den Hals, drückt ihr tränennasses Gesicht an sein Hemd und schluchzt, es ist ja niemand von den Nachbarn da, nur deshalb hat dieser Schuft sich getraut, seine Hand gegen mich zu erheben.
Ihr Bruder hat Sie geschlagen?, fragt Eskandar-Agha ungläubig und sieht aus dem Augenwinkel, wie Agha-Javad hinter ihm durch die Tür hinaus in die Gasse verschwindet. Seine wilden Flüche und raschen Schritte auf der Gasse sind das Letzte, was Eskandar-Agha von dem Mann, von dem er geglaubt hat, er sei sein Schwager, hört.
Was wollen Sie nicht mehr tun?, fragt Eskandar-Agha. Und weil Khadije-Khanum nicht versteht, was er meint, sagt er, als ich in den Hof gekommen bin, habe ich gehört, wie Sie geschrien haben, das wollen Sie nicht mehr tun. Und jetzt frage ich, was wollen Sie nicht mehr tun?
Er ist ein Lügner, Khadije-Khanum schluchzt, aber Eskandar-Agha lässt nicht locker. Was wollen Sie nicht mehr tun?
Ihm hörig sein, für ihn arbeiten, Sie und die Leute ausspionieren.
Khadije-Khanum muss es wieder und wieder erklären, wieder und wieder stellt Eskandar-Agha dieselben Fragen und bekommt dieselben Antworten. Javad-Agha ist nicht der Bruder, sondern ein entfernter Verwandter von Khadije-Khanum. Nicht nur das Brautgeld hat er kassiert und sich an ihrem Körper bedient, er hat sie auch dazu benutzt, Eskandar-Agha und alle anderen Nachbarn im Hof und in den Nebenhöfen auszuspionieren.
Aber was gibt es bei mir und diesen Leuten schon auszuspionieren, und an wen hat er berichtet?, fragt Eskandar-Agha.
Was weiß ich denn?, antwortet Khadije-Khanum. Er hat mich gezwungen.
Warum haben Sie mir nichts gesagt?
Anfangs habe ich das Geld gebraucht, um meine Schulden zu begleichen, und dann habe ich angefangen, Sie zu mögen, und hatte Angst, Sie zu verlieren. Ich habe ihm gesagt, dass Sie weder ein Verbrechen begangen haben noch Kommunist sind, dass Sie weder zu einer dieser radikalen religiösen Gruppen zählen noch Bahai, Jude oder sonst was sind, jammert Khadije-Khanum, aber er hat mich gezwungen, mir gedroht, Ihnen alles zu sagen und mich auf die Straße zurückzuschicken.
Auf die Straße zurück? Wie meinen Sie das?
Wenn Sie draußen Fotos gemacht haben, habe ich jedes Mal eine andere Lüge erfunden, und von Ihren Notizen habe ich ihm auch nichts erzählt, sagt sie.
Und er hat Ihre Lügen nicht durchschaut?
Er ist ein Dummkopf, antwortet Khadije-Khanum und spuckt aus, worauf Sahra es ihrer Mutter gleichtut und ebenfalls ausspuckt.
Und das Kind?, fragt Eskandar-Agha.
Was ist mit dem Kind?, will Khadije-Khanum wissen.
Ist es mein Kind, oder kümmere ich mich um das Kind eines Fremden, eines Spions und Djakesh, eines Zuhälters dazu?
Aber nein, sehen Sie sich das Kind doch an, Sahra ist Ihnen wie aus dem Gesicht geschnitten, ruft Khadije-Khanum und kratzt sich das Gesicht in Selbstkasteiung.
Dass sie damit recht hat und Sahra ihm ähnlicher nicht sein könnte, weiß Eskandar-Agha, dafür muss er nicht in den Spiegel sehen. Sie haben mir nicht gesagt, was Sie damit meinen, dass er gedroht hat, Sie auf die Straße zurückzuschicken, beharrt Eskandar-Agha und lässt seine Frau nicht aus den Augen und sieht mit einem Mal Dinge, die ihm bisher nicht aufgefallen waren, und er weiß die Antwort, auch ohne dass sie sie ausspricht. Ich werde Sie verlassen müssen, sagt er und wundert sich, wie wenig es ihn berührt und wie gefasst er ist.
Eskandar-Agha hält seine Sahra, die zu ihrer Mutter will, fest. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass ich mein Leben weiterhin mit einer Frau verbringe, die mich hintergangen und belogen, mich mit einem anderen Mann betrogen und mich ausspioniert hat. Nein, Khanum, ich möchte, dass Sie noch heute Ihre Sachen packen und morgen früh vor Sonnenaufgang dieses Haus verlassen. Ich werde mich von Ihnen scheiden lassen, sagt er leise, steht auf und spürt, wie seine Knie zittern.
Bis zum Morgengrauen weint, klagt, jammert Khadije-Khanum, bittet, bettelt, beschwört Eskandar-Agha, ihr zu vergeben. Sie sagt, sie schämt sich, sie bereut. Als sie merkt, alles Flehen und Betteln nutzt nichts, keift, schimpft und droht sie. Sie können mich zwingen, dieses Zimmer zu verlassen. Sie können sich scheiden
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