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Essen mit Freunden - Roman

Essen mit Freunden - Roman

Titel: Essen mit Freunden - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Insel Verlag
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bekommen.«
    Â»Nicht in diesem Ton! Was erlauben Sie sich? Das ist ja eine Unverschämtheit!«
    Â»Ja, stimmt«, sagte Luise oder besser diese glutrote Geisterwelle, die Besitz von ihr ergriffen hatte und nicht mehr zu stoppen war: »Es ist eine Unverschämtheit – wie Sie mit mir umgehen! Ich hätte schon viel früher Konsequenzen ziehen müssen. Das, was ich mir darum nun tatsächlich erlaube, ist: zu kündigen. Auf der Stelle. Fristlos.« Sie straffte die Schultern und wandte sich im Gehen noch kurz an Doktor Kahle: »Es freut mich, dass Ihnen der ursprüngliche Text des Flyers gefallen hatte. Das ist ein großes Lob für mich. Für die Fehler in der Endfassung kann ich mich, wie gesagt, nicht bei Ihnen entschuldigen. Aber dass Sie das jetzt alles mit anhören mussten, tut mir sehr leid.« Sie gab ihm die Hand und vermeinte ein kurzes Aufblitzen von Verständnis in seinem Blick zu erkennen. Aber vielleicht irrte sie sich auch. Ohne eine weitere Reaktion abzuwarten, verließ sie erhobenen Hauptes das Berg'sche Büro. Erst auf dem Flur dämmerte ihr, was sie soeben getan hatte.
    Â 
    Â»Bring a bottle, bring a friend – oder wie heißt das?«, sagte Anne, als sie in der Tür stand. Sie drückte Luise eine Flasche Sekt in die Hand und zog Natascha hinter sich her in die Küche. »Herzlichen Glückwunsch zu diesem Schritt, Luise, und euch: Hallo!«
    Sybille winkte nur kurz, und Thorben fragte: »Was wollt ihr: Sybilles Sekt, euren Sekt, meinen Brandy oder Luises Nervenstärkungstee?« Er deutete auf ein Durcheinander von Flaschen, Gläsern, Tellern, Tassen, Keksen und Chipstüten auf Luises Küchentisch.
    Â»Genau das – in genau dieser Reihenfolge.« Anne lachte,
hängte ihre Jacke über einen der Stühle und umarmte Luise. »Alles in Ordnung mit dir?«
    Â»Weiß nicht«, antwortete Luise, denn sie wusste es wirklich nicht. Ihr war, als stünde sie neben sich. Als würde sie dieser Frau, die auf den Namen Luise reagierte und die ihr irgendwie entfernt ähnlich sah, über die Schulter schauen, seit sie die Tür zum Büro von Frau Berg geschlossen hatte. Was davor in diesem Büro passiert sein musste, war ihr nur in Bruchstücken im Gedächtnis. Erst nach und nach kamen immer mehr dieser Bruchstücke zusammen.
    Â»Sieht nach Umzug aus«, sagte Natascha und deutete zur Arbeitsplatte. Dort stand eine Kiste mit Schnickschnack: eine Kaffeedose, diverse Teepäckchen, ein extradickes Stuhlkissen, eine beleuchtbare Leselupe, mehrere Kunstpostkarten im Bilderrahmen und obenauf eine Tasse mit der Aufschrift ›Kollegin des Jahres‹.
    Â»Aus- nicht Umzug. Zumindest habe ich Svenja die restlichen Kekse dagelassen«, sagte Luise und fragte sich, warum sie das nicht auch mit dem Kaffee und dem Tee getan hatte. Allein bei der Vorstellung, wie sie hier, an ihrem ureigenen Rückzugsort, die Kaffeedose aufschrauben würde, die bei Text-Berg neben dem Instant-Cappuccino ihrer Chefin gestanden hatte, wurde ihr übel. Vorhin, beim Einpacken ihrer persönlichen Sachen, war sie wie in Trance gewesen. Alles mitnehmen, keine Spuren hinterlassen. Sie hatte ihre Schubladen ausgeräumt, während Frau Berg auf dem Flur zeterte, hatte die Akten mit den Projekten, an denen sie gerade arbeitete, auf den Schreibtisch gestapelt und dann den Büroschlüssel zusammen mit ihrer Kündigung obenauf gelegt. Das musste als Übergabe reichen. Sie war sich nicht sicher, ob ›fristlos‹ hieß, dass sie wirklich von heute auf mor
gen wegbleiben konnte, aber sie war fest entschlossen, keinen Schritt mehr in dieses Büro zu setzen. Sie hatte den Kopf noch kurz zu Svenja ins Zimmer gesteckt und etwas wie »Ich bin weg« gemurmelt. Dann war sie gegangen, die Kiste mit ihrer persönlichen Habe unterm Arm. Im Treppenhaus hatte ihr Handy vibriert. Es war Thorben, mit dem sie nachmittags verabredet war. »Ich fahre jetzt nach Hause«, hatte sie nur gesagt.
    Â»Bist du krank?«, hatte er gefragt.
    Â»Ich habe gekündigt«, hatte sie geantwortet. Dann hatte sie aufgelegt und ihr Handy abgestellt. Das Nächste, woran sie sich erinnerte, war Thorben, der mit einer Flasche Brandy im Arm vor ihrer Tür stand.
    Â»Dein Abgang muss sehr beeindruckend gewesen sein«, sagte er. »Als du aufgelegt hattest, habe ich bei dir im Büro angerufen und hatte deine junge

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