Esswood House
zugeschlagen worden. Alle widersprüchlichen Gefühle in Standish verschmolzen zu einem einzigen Akt der Unterwürfigkeit: Er befand sich in dem Land und würde hingehen, wohin man ihn führte.
Standish betrat die Springbrunnenzimmer, huschte ungesehen durch das Wohnzimmer und warf sich auf das Bett.
KAPITEL NEUN
... in Huckstall geboren? Der Knabe mit der zerlumpten Hose und den kornblumenblauen Augen war es, der flüchtige Knabe mit den blauen Augen war es.
Standishs Bett stand neben dem langen Teich im kühlen, halbschattigen Mondlicht, und eine entleibte Stimme hatte gerade Worte über Huckstall und einen blauäugigen Jungen gesprochen, die, wiewohl sinnlos, seine Brust mit Unruhe erfüllten. Der dunkle Teich lag in der silbernen, schattigen Landschaft vor ihm. Ihm fiel auf, daß er ein schlafendes Baby in den Armen hielt und dieses Baby so selig schlief, weil er ihm gerade die Brust gegeben hatte, die Brüste einer Frau, drall, mit glatter Haut und vorstehenden braunen Brustwarzen. Ein Tropfen süßer Milch hing noch an seiner linken Brustwarze; Standish strich ihn mit der freien Hand weg. Der Friede, das Baby im Mondschein in dem Bett zu halten, kam einer Ekstase gleich. Dann erinnerte er sich der Stimme, die gesprochen hatte, und schaute am Ufer des Teichs zu der Gruppe der windschiefen Bäume hin. Ihre silbernen, knorrigen Äste verbargen ein Wesen, männlich oder weiblich, das verborgen bleiben wollte. Standish verspürte eine schlichte, allumfassende Angst, daß dieses Geschöpf seinem Baby ein Leid zufügen wollte. Es - er oder sie - würde auch ihn töten, aber die Gefahr für ihn selbst war ein schwereloses Fitzelchen, ein Nichts im Vergleich zu seiner Entschlossenheit, das Baby zu beschützen. Seine Brüste kribbelten und schmerzten wie als Reaktion auf die Bedrohung und sonderten tränenförmige Tropfen weißer Milch ab, die rhythmisch und gleichmäßig wie Tropfen aus einem Hahn aus seinen Brustwarzen quollen.
Irgendwo, entweder in den Tiefen der silbernen Bäume oder dahinter, fing eine Frau an zu lachen -
- und in der Dunkelheit der Springbrunnenzimmer erwachte Standish plötzlich und unvermittelt und ohne Brüste oder Baby. Sein Herz klopfte, und sein erschrockener Körper fühlte sich, als wäre er aus einer Umarmung gerissen worden. Es war noch jemand im Zimmer. Als die letzten vagen Empfindungen des Traums von ihm abfielen, wurde ihm klar, daß die Gefahr des Traums dieser durchaus realen Gefahr gewichen war. Wer immer sich in dem Zimmer aufhalten mochte, hatte jede Bewegung eingestellt, stand reglos in der Dunkelheit und sah vollkommen teilnahmslos auf ihn herab.
Der Schankwirt von The Duellists hatte die Wahrheit gesagt und Robert Wall hatte gelogen: Ein Amerikaner war hierher gelockt und mit schwerem Essen und starkem Wein in tiefen Schlaf versetzt worden; dann hatte sich der Mörder in sein Schlafzimmer geschlichen und ihn getötet.
Standish verspürte die gräßliche Gewißheit, daß der Amerikaner nach der Ermordung enthauptet worden war.
Er versuchte, in die Finsternis zu sehen. Sein Baby war ihm genommen worden und ein Wesen, das ihm nur Böses wollte, stand zehn Schritte entfernt im Schutz der Dunkelheit.
»Ich weiß, daß Sie da sind«, sagte Standish.
Jetzt ertönte kein Kichern. Standish hob den Kopf, aber in dem Zimmer rührte sich nichts. Er war so allein wie er es gewesen war, als er dem Lachen der Frau die Küchentreppe hinunterfolgte. Doch einen Augenblick später schien ihm, als wäre jemand bei ihm im Zimmer gewesen, jemand, der ihn ständig umkreiste, jemand, der ein Teil von Esswood war, Miss Seneschal oder seine Angebetete (Standish dachte wieder daran, daß seine Angebetete Miss Seneschal sein könnte), jemand, der nur den richtigen Zeitpunkt brauchte, um vor ihm zu erscheinen. Sie konnte sich ihm jetzt noch nicht zeigen, weil er jetzt noch nicht genug wußte.
Sie würde sich ihm zeigen, wenn er sich das Recht verdient hatte, sie zu sehen. Standish erinnerte sich, daß er geträumt hatte, er hätte große, so prall mit Milch gefüllte Brüste, daß sie tropften, und strich sich geistesabwesend mit den Händen über seine echte Brust, die ein wenig schwabbelig und mit einer Kruste rauhen schwarzen Haares bedeckt war. Etwas über Huckstall drückte stark genug gegen die Membran seines Bewußtseins, daß er sich kerzengerade im Bett aufrichtete - ihm war, als hätte ihn eine Nadel gestochen. Aber was konnte Huckstall mit seiner Arbeit zu tun haben, die natürlich
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