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Esswood House

Esswood House

Titel: Esswood House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Straub
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literarische Welt zu erobern, gemeinsam in einem Reihenhaus in Chalk Farm wohnten und Bücher für TLS rezensierten, und J., ein an Literatur interessierter Bankier und Büchersammler aus New York. Dies war nicht gerade ein besonders brillanter Haufen, fand die junge Frau, auch wenn man G. ein gewisses Potential nicht absprechen mochte, aber selbst E. hatte das Interesse an Y, D. und T. verloren, deren gezwungene Bonmots, blasierte Manierismen und allzu große Begeisterung für den Weinkeller von E. sie in die Kategorie derer verwies, die keine zweite Einladung bekommen würden. All diese Leute winkten der Dreiergruppe zu, die durch ihr Gesichtsfeld ging, und E. rief der jungen Frau, als wäre sie eine gesunde erwachsene Tochter oder Dienstmagd, die Bitte zu, daß sie mit dem Koch über die Qualität des Hammelfleischs auf dem hiesigen Markt sprechen möge, denn die Dauer des Aufenthalts der jungen Frau und ihre tiefe Verbundenheit mit der Familie hatten längst dazu geführt, daß sie in einige der alltäglichen Angelegenheiten des Hauses eingebunden wurde. Sie stiegen lärmend die gußeiserne Treppe zum langen Teich und den knorrigen Bäumen hinunter, die jenseits des Kreises roter Bruchsteine wuchsen. Zu diesen Bäumen führte der junge Robert sie mit den Worten: Oh, Sie wußten, wo sie im Haus nachsehen mußten, aber sind Sie bei Ihren Wanderungen jemals auch hierher gewandert? Ich höre das Lachen wieder, sagte der Zigeunergelehrte, wer lacht da? Er wollte verweilen, aber die junge Frau nahm ihn an der Hand und zog ihn hinter dem tanzenden Jungen her unter die Bäume. Stoß-mich und Zieh-mich und Lock-mich-her, sagte sie. Der Sohn des Wildhüters, sagte er und hielt nach Füchsen Ausschau. Hat denn der alte B. jetzt einen Sohn? rief ihr Führer unter den dunklen Bäumen, ich dachte, er lebt ohne Frau oder Nachkommen, aber unsere junge Lady muß recht haben, obschon ich bezweifle, daß ich diese Namen je hier gehört habe.
    Von den Terrassen sah es aus, als würde nur eine kleine Baumgruppe den Teich von den Feldern dahinter abgrenzen, tatsächlich aber erstreckte sich, wie die junge Frau sehr wohl wußte, ein erkleckliches Dickicht von Bäumen jenseits des Sees, die Illusion wurde von einer Art Tal oder Senke im Land hervorgerufen, wohin der Junge sie jetzt führte. Sonnenschein fiel als Flecken und Kleckse auf den weichen Boden. Die Bäume neigten sich und zeigten und krümmten spindeldürre Arme und schlanke Leiber, damit er passieren konnte. Meine Brüder und Schwestern sind hier, wissen Sie, sagte er und blieb stehen, wo das Gelände wieder eben wurde und die Bäume sich zurückzogen wie Ladys, die etwas Unangenehmem aus dem Weg gehen. Eine offene Lichtung bot sich der Sonne dar, war aber vom Haus und den Feldern aus nicht sichtbar und konnte nur von Amseln und Gabelweihen am Himmel eingesehen werden. Drei niedrige Hügel, auf denen langes, seidiges Gras wuchs, das keinerlei Ähnlichkeit mit dem kurzen, helleren Gras der Terrassen und dem noch rauheren Zeug hatte, das die Schafe fraßen, beanspruchten das Zentrum der Lichtung für sich. Der erste Gedanke der jungen Frau, der ihr eine Gänsehaut auf die Arme zauberte, war der, daß das lange, extrem komfortabel aussehende Gras bestens gedüngt zu sein schien, das heißt gut genährt , und sie drücke die Hand ihres Freundes noch fester. Sie haben keine Grabsteine, sagte er, und der Junge entgegnete darauf: Sie brauchen keine, wir kennen ihre Namen. Sprach sie aber nicht aus, und sie fragten nicht danach. Listige Schatten überzogen sein jugendliches Gesicht. Ein magischer Ort, dachte die junge Frau, die Magik keineswegs so komfortabel fand wie das seidige, langhaarige Gras, und der Junge sprach die identischen Worte aus: Ein magischer Ort, ein Ort der Abgeschiedenheit, wo sie Frieden finden können. Sie wußte, daß er log, er verfolgte ganz andere Zwecke. Die Schatten und Grübchen breiteten sich über sein jungenhaftes Gesicht aus. Ein Vogel, irgendein Vogel, krächzte inmitten der Bäume. Sie sehen unser Herz, ich nehme an, Sie können Gedichte daraus machen, sagte er, und sein Gesicht wurde so komplex, daß die junge Frau laut aufschrie - aus Schmerz oder Angst, sie wußte es nicht. Der Junge war fort, als sie aus den schützenden Armen des Zigeunergelehrten aufschaute, und ein betörend männlicher Duft schien sie vom Boden emporzuheben. Sie weinte im Wolkenbruch des Sonnenscheins, der Zigeuner küßte sie, sie stöhnte, der Zigeuner hob sie hoch und

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